Arbeitsleben

"40 Prozent des Tages für Facebook, Labern und Klo"

08.05.2015 von Christiane Pütter
Es gibt auch Studenten, die einen Nine-to-Five-Job im Büro wollen. Andererseits verbringt man dort 40 Prozent des Tages mit Facebook, Labern und aufs Klo gehen. Dies sind zwei Ergebnisse einer Diskussion über gute Arbeit, die Microsoft mit Studierenden der TU München führte.
  • In einer Diskussion mit Microsoft betonen Studierende ihre Ansprüche an selbstbestimmtes Arbeiten.
  • Sie widersprechen aber auch Klischees über die Generation Y
  • Daniel Krauss, Gründer und CIO von Flixbus, setzt diesen Vorstellungen seine realen - und manchmal desillusionierenden - Erfahrungen entgegen

Junge Frauen in kurzen Sommerkleidern stehen in kleinen Grüppchen auf dem Bürgersteig und unterhalten sich, junge Männer trödeln entspannt auf dem Rad vorbei. Da und dort verziert ein Spritzer Vanille-Eis den Asphalt. Aus offenen Café-Türen schallt Musik. Es wird wärmer in München, endlich, und über Schwabing wölbt sich an diesem frühen Abend Ende April ein klarer violett-blauer Himmel. Doch Jennifer Herrmann, Studentin an der TU, hat dafür keinen Blick. Sie wird heute bei einer Podiumsdiskussion in der Immatrikulationshalle der Uni sprechen. Über Arbeit, genau genommen über das, was junge Menschen unter guter Arbeit verstehen. Eingeladen hat Microsoft.

Der IT-Riese will mit dem Titel der Diskussion - "Hallo Arbeitswelt, ich wäre dann soweit!" - einen Widerspruch verdeutlichen. Tenor: die mobilen jungen Leute mit ihrem Wunsch nach Freiheit und Eigenverantwortung treffen auf Unternehmen, deren gestrige Strukturen noch gar nicht auf sie vorbereitet sind.

Doch in solchen Klischees findet sich Jennifer Herrmann nicht wieder. Bevor sie ihren Platz auf dem Podium einnimmt, hat sie noch Zeit für ein Gespräch mit cio.de. Und stellt zunächst einmal klar: "Es gibt auch Studenten, die einen Nine-to-Five-Job wollen!" Nicht jeder wolle vernetzt und mobil arbeiten, sagt sie. Mancher suche eben Sicherheit und sei wenig an Verantwortung interessiert.

Dabei ist Jennifer Herrmann selbst eine, die gern anpackt. Derzeit leitet sie an der Uni ein Projekt-Team zum kollaborativen Lernen. Gemeinsam mit anderen Studierenden arbeitet sie an einer Plattform, die Daten zugänglich macht und das Lernen erleichtert. Ihre Erfahrungen als Werkstudentin in Unternehmen sind zwiespältig. Sie hat Firmen gesehen, da war es wichtiger, "ein adrettes Kostümchen anzuhaben, als inhaltlich gute Arbeit zu leisten", erzählt sie. So etwas, fügt die Studentin an, sei ein Impuls, selbst zu gründen, "um dann eine Firmenkultur zu schaffen, die Innovationen fördert".

Microsoft diskutiert am 27.04.2015 mit Studenten über gute Arbeit
"Was ist gute Arbeit?"
Microsoft lud in die Technische Universität München zu einer Diskussion über gute Arbeit. Auf dem Podium: Daniel Krauss (Flixbus), Dominik Kenzler (Dark Horse Innovation), Studentin Jennifer Herrmann, Blogger Markus Herrmann, Thorsten Hübschen (Microsoft) und Moderator Christian Helten ("jetzt.de")
Daniel Krauss, CIO und Gründer
Mit auf dem Podium saß Daniel Krauss (hier vorne im Bild), Gründer und CIO von Flixbus. Der 31-Jährige ist gern am Bahnhof und redet mit den Busfahrern. Insofern sei er ein "untypischer CIO". Für ihn keine Frage des Alters, sondern der Persönlichkeit, sagte er gegenüber cio.de nach der Diskussion.
Jennifer Herrmann, Studentin
Die junge Studentin Jennifer Herrmann akzeptiert keine Klischees über die "Generation Y". Sie sagt: "Es gibt auch Studenten, die wollen einen Nine-to-Five-Job!" Für sie selbst gilt das offenbar nicht: Herrmann leitet an der Uni ein Projekt-Team zum Aufbau einer kollaborativen Lern-Plattform.
Thorsten Hübschen, Microsoft
Thorsten Hübschen verantwortet das Office Geschäft bei Microsoft Deutschland. Er musste nach der Diskussion noch viele Fragen beantworten.
Diskussion
Trotz des frühlingshaften Wetters nahmen sich einige Studenten (und ein paar nicht mehr ganz so junge Mitarbeiter der TU) die Zeit für die Diskussionsveranstaltung.

Diese Überlegung hat Daniel Krauss, der mit ihr auf dem Podium sitzt, hinter sich - der 31-Jährige ist Gründer und CIO von Flixbus. Außer ihm diskutieren Blogger Markus Herrmann, Dominik Kenzler von Dark Horse Innovation und Thorsten Hübschen, der bei Microsoft Deutschland das Office-Geschäft verantwortet.

Hübschens These, dass letztendlich nur zwei Punkte zählen - Kunden und Innovationen nämlich - greift der junge Flixbus-CIO gleich auf. "Ich habe nicht das Privileg, mir meine Kunden aussuchen zu können", berichtet er, "da sind auch sperrige Typen dabei." Wobei Krauss auch nicht erwartet, privilegiert behandelt zu werden. Die Kommunikation mit seinen "Kollegen" schätzt er an seiner Arbeit am meisten, sagt er. Das Wort Mitarbeiter vermeidet der Gründer offenbar.

Die Fahrer der Fernbusse sind übrigens weder Kollegen noch Mitarbeiter, sie sind bei den Kooperationspartnern von Flixbus angestellt. Sein junges Unternehmen will Krauss als eine Art Dachorganisation verstanden wissen, die die Busunternehmen nutzen. Doch der formale Status der Fahrer ist Krauss nicht wichtig, sagt er. Gibt es Probleme mit den Bussen, ist er der Ansprechpartner. "Ich bin gern am Bahnhof und rede mit den Busfahrern", erzählt er, "auch, wenn der Ton da manchmal etwas derber ist."

Diese Äußerung steht idealtypisch für die Erwartungen der jungen Leute: Rausgehen, sich die Arbeit selbst einteilen, Freiheiten haben. Ein junger Mann aus dem Publikum meldet sich und sagt, es sei doch sinnlos, Mitarbeiter acht Stunden lang in Büroräume zu stecken. Wer so arbeiten müsse, bringe "40 Prozent des Tages bei Facebook, Labern mit Kollegen und aufs Klo gehen" zu.

Arbeitszeit ist ein Stichwort, das Moderator Christian Helten aus der Redaktion des "Jetzt"-Magazins (Süddeutsche Zeitung) gerne aufgreift. Wieviel Zeit sie denn mit guter Arbeit verbringen wollten, fragt er in die Runde. Flixbus-CIO Krauss muss lachen. "Es war im Briefing extra ausgemacht, dass du mich NICHT danach fragst!" Er wolle ja nicht "alle desillusionieren" …

Die beliebtesten Arbeitgeber der IT-Studenten 2014
Die Traumarbeitgeber der angehenden Informatiker...
...sind IT-Firmen, Forschungsinstitutionen, Autokonzerne oder Internet-Firmen. Die Berliner Marktforscher von Trendence haben mehr als 6.100 Informatikstudenten aus ganz Deutschland befragt, wo sie gern arbeiten möchten. Hier die 30 attraktivsten Arbeitgeber 2014.
Softwarehersteller Adobe...
.., hier das Büro in Hamburg, landete ebenfalls auf dem 29. Platz.
Platz 28: Max-Planck-Gesellschaft
Forschungsinstitutionen wie die Max-Planck-Gesellschaft stehen seit jeher hoch im Kurs unter Informatikstudenten.
Platz 26: EADS
Der Konzern mit seinen Töchtern Airbus, Eurocopter, EADS Astrium und EADS Defence & Security landete vor zwei Jahren noch auf Platz 22.
Ebenfalls auf Platz 26: Das Deutsche Zentrum für Künstliche Intelligenz (DKFI)
..in Saarbrücken behauptet sich seit Jahren in den Top 30 der beliebtesten IT-Arbeitgeber. Forschungseinrichtungen ziehen insbesondere die 25 Prozent Besten eines Jahrgangs an.
Platz 25: Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)...
....sucht "große Lösungen für große gesellschaftliche Probleme der Zukunft", sagt CIO Hans-Joachim Popp. Dazu zählen neue Energiespeicher, das Weltklima oder die Verkehrsforschung und die Raumfahrt.
Platz 24: Nvidia..
..einer der größten Entwickler von Grafikprozessoren und Chipsätzen für Computer und Spielkonsolen ist erneut unter den Top 30 gelandet.
Platz 23: Lufthansa Systems..
...gehört zu den großen IT-Dienstleistern in Deutschland. Das Unternehmen will aber seine Rechenzentren verkaufen.
Platz 22: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)
Im Vorjahr landete das BSI noch auf Platz 17.
Platz 21: Die Deutsche Telekom...
ist einer der Hauptsponsoren des FC Bayern, für die Informatiker gehört er schon lange nicht mehr zu den zehn attraktivsten Arbeitgebern.
Platz 19: Intel
Der Prozessorhersteller hat in Deutschland seinen Hauptsitz in Feldkirchen bei München.
Platz 18: Electronic Arts
Der Hersteller von Fifa und anderen Computerspielen verbesserte sich im Vergleich zu 2013 um einen Rang.
Platz 17: Bundesnachrichtendienst (BND)
Der BND gehört schon seit Jahren zu den 20 beliebtesten Arbeitgebern für Informatikstudenten.
Platz 16: Daimler
Informatikstudenten lieben nicht nur Computerspiele, sondern auch (deutsche) Autos. Davon profitiert auch der Daimler-Konzern.
Platz 15: Bosch Gruppe
Das Unternehmen, das den weltgrößten Automobilzulieferer Robert Bosch und 300 Tochterfirmen umfasst, hat sich um einen Rang verschlechtert.
Platz 13: Porsche
VW-Tochter Porsche gehört dagegen zu den Aufsteigern im IT-Absolventenbarometer. Sie machte drei Ränge im Vergleich zu 2013 gut.
Platz 13: Amazon
Der Skandal um die Ausbeutung der Leiharbeiter beim Online-Händler hat dem Ruf von Amazon als Arbeitgeber bei den Informatikstudenten kaum geschadet. Im vergangenen Jahr landete Amazon auf Platz 9.
Platz 11: Volkswagen
...ist der dritte deutsche Autohersteller unter den Top 20 der beliebtesten Arbeitgeber.
Platz 11: Crytek
Spielehersteller Crytek war 2011 der größte Aufsteiger im Ranking der beliebtesten IT-Arbeitgeber und konnte seine Top-Platzierung halten.
Platz 10: Fraunhofer-Gesellschaft
Der IT-Nachwuchs will forschen. Darum ist die Fraunhofer Gesellschaft mit ihren zahlreichen Instituten eine feste Größe unter den Top Ten. Im Bild: Die Materialentwicklung für elektrische Energiespeicher.
Platz 7: Siemens
Deutschlands größter Konzern war noch vor 9 Jahren der beliebteste Arbeitgeber der Informatikstudenten.
Platz 7: IBM..
IBM-Deutschland-Chefin Martina Koederitz, im Bild mit Kanzlerin Angela Merkel auf der CeBIT, kann sich dieses Jahr nicht so recht freuen: IBM rutschte im dritten Jahr in Folge ab. 2011 war IBM noch auf Platz 2.
Platz 7: Blizzard Entertainment...
...hat in Deutschland gar keine Niederlassung, dennoch verbesserte sich der Spielehersteller um drei Plätze im Vergleich zu 2013.
Platz 6: Apple
Coole Produkte, cooler Arbeitgeber? Diesen Schluss ziehen anscheinend viele Informatikstudenten bei Apple. Im Bild einer der Apple-Stores in New York.
Platz 5: Audi
Die Ingolstädter werden nicht nur bei den Informatikstudenten, sondern auch bei anderen Fachrichtungen als Arbeitgeber immer beliebter.
Platz 4: Microsoft..
.. verliert nur einen Platz gegenüber 2013. Im Bild: Die Digital Eatery von Microsoft in Berlin.
Platz 3: BMW..
..ist der am höchsten platzierte Autobauer im IT-Absolventenbarometer. Im Vorjahr noch auf Platz 4. Hier im Bild der BMW i8.
Platz 2: SAP
Der Walldorfer Softwarekonzern behauptete seinen zweiten Platz. Der Abstand zum Sieger wird allerdings größer. Während zehn Prozent der Befragten gerne bei SAP arbeiten möchten,...
..wollen 26,3 Prozent zu Google.
Damit rangiert der Internet-Konzern im siebten Jahr in Folge auf Platz 1.
Google-Gründer Sergej Brin...
...kann sich freuen. Die Auswahl an Bewerbern ist riesengroß, in München hat Google aktuell 10 IT-Stellen zu besetzen.