Kundenverhalten und Wettbewerbsintensität haben sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Das Festhalten an der Vergangenheit ist schon lange keine Erfolgsstrategie mehr auf dem Weg in die Zukunft. Wie sagte es Albert Einstein so schön: "Immer das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten grenzt an Wahnsinn."
Warum also tun manche Unternehmen so wenig für Innovationen? In seinem Erfolgsbuch Leading Change beschreibt John Kotter die besonderen Herausforderungen des Veränderungsmanagements und wieso so viele Unternehmen im Wandel zu scheitern drohen - siehe hierzu auch: Rezension im Bank Blog. Er nennt insbesondere die folgenden acht Ursachen für schlechtes Change Management, über die es sich immer mal wieder nachzudenken lohnt:
1. Zu viel Selbstzufriedenheit
Wünschen Sie Ihrem ärgsten Wettbewerber vor allem Erfolg, das macht (selbst)zufrieden und schläfert ein. Das Gefühl und die Einsicht für die Notwendigkeit und die Dringlichkeit von Veränderungen geht darüber häufig verloren. Passen Sie also auf, dass es Ihnen nicht so ergeht.
2. Keine Teamarbeit in der Führung
Fast jedes Geschäftsleitungsgremium ist eine Ansammlung von "Alphatieren". Speziell aus dem Bankbereich kenne ich unterschiedlichste Beispiele dafür:
-
Ressort-Egoismen werden bis in die unterste Etage hinein ausgefochten.
-
In einem Beratungsprojekt führte die Dominanz des Vorstandsvorsitzenden dazu, dass in den Projektsitzungen nicht mal der zuständige Fachvorstand saß, sondern im Nachgang vom Assistenten des Vorstandsvorsitzenden "informiert" wurde.
-
Bei fusionierten Instituten heißt es häufig noch Jahre später: "Die und wir".
Nicht Harmonie ist das Ziel, wohl aber konstruktive und partnerschaftliche Zusammenarbeit.
3. Fehlende Vision
Bitten Sie Vorstand und Mitarbeiter einmal, die Vision ihrer Firma zu beschreiben. Sie werden über die Fülle unterschiedlicher Antworten erstaunt sein und über die Inhalte erst recht. Aber eine Übereinstimmung gibt es in den meisten Fällen: An erster Stelle steht selten der Kunde sondern in der Regel der eigene Erfolgsanspruch. Vertriebszahlen und Return on Investment (ROI) sind jedoch kein Ersatz für eine zukunftsorientierte strategische Vision, sondern bieten lediglich operative Orientierung.
4. Unzureichende und nicht authentische Kommunikation
Nicht nur Kunden haben sich in den letzten Jahren verändert, sondern auch die Mitarbeiter. Warum auch sollten ausgerechnet die eigenen Mitarbeiter vom gesellschaftlichen Wandel ausgenommen sein?
Manche Führungskraft scheint jedoch genau dies zu denken. Da werden große Budgets in das Marketing und die externe Kommunikation gesteckt, die interne Kommunikation wird jedoch vernachlässigt. Wenn es darum geht, ein Projekt nach innen zu verkaufen, bekommt man oft zu hören:
"Das macht dann später die Ausbildungsabteilung, die hat Erfahrung mit Schulungen". Umsetzungsprojekte "verkaufen" sich wesentlich schwerer als Strategie- oder gar Kosteneinsparprojekte.
Ein weiteres Phänomen sind in sich widersprüchliche Botschaften: Da wird auf einer Betriebsversammlung von der Notwendigkeit des Kostensparens gesprochen und im darauffolgenden Monat erhält der Geschäftsführer seinen neuen 7er-BMW und die Mitarbeiter wundern sich... oder sie wundern sich nicht, was noch schlimmer wäre.
5. Zulassung organisatorischer Blockaden
Auch hier kenne ich schöne Beispiele - es gibt sie sicherlich auch woanders - aus dem Bankbereich: So wird in manchen Instituten das Silodenken auf dem Rücken der Kunden ausgetragen. In übergreifenden Sitzungen spricht man mehr über die wechselseitige interne Leistungsverrechnung als über gemeinsame Erfolge am Markt.
Ressortegoismen verhindern ganzheitliche, am Kunden orientierte Lösungen. Ein Musterbeispiel dafür sind die endlosen Grabenkriege zwischen Firmen- und Privatkundenbereich, beispielsweise über die Betreuungsverantwortung für die private Geldanlage eines Firmeninhabers.
6. Fehlende Erfolgserlebnisse
Als Berater weiß man um die besondere Bedeutung der sogenannten Quick Wins - kleine aber sichtbare Erfolge, von denen einige bereits möglichst früh in der Laufzeit eines Projektes realisiert werden. Sie bestärken die Beteiligten in der Richtigkeit des eingeschlagenen Weges und vermitteln so Sicherheit und Vertrauen. Werden jedoch keine Zwischenziele definiert, gibt es auf der Wegstrecke auch keine Erfolgserlebnisse, was oft zum Frust über das Gesamtprojekt führen kann.
7. Falsches Siegesgefühl
Veränderungen benötigen Zeit. Viele Vorstände gewähren diese Zeit jedoch nicht und die neue Strategie löst die alte vor der Umsetzung ab. Führungskräfte, die jeden Monat eine "neue Sau durchs Dorf treiben", ersetzen Strategie durch operative Hektik. Durchhaltevermögen ist jedoch wichtig, gerade wenn es um Veränderung geht.
Oft wird auch bei den ersten positiven Anzeichen einer Verbesserung gejubelt und die Zügel werden lockerer gelassen. Wer aber den typischen Verlauf von Veränderungsprojekten kennt, der weiß, dass zunächst eine Phase der Euphorie kommt und nachhaltiger Erfolg sich erst nach dem Durchschreiten des "Tals der Tränen" einstellt.
8. Keine Kulturänderung
Bei Veränderungsmanagement geht es nicht um einen einmaligen Kraftakt, sondern um die grundlegende Neuausrichtung, der Fähigkeiten eines Unternehmens auch zukünftig mit Veränderungen umzugehen. Es geht bei Veränderungen ja nicht nur um Innovation, sondern letztlich um jedes neue Projekt, das zukünftig umgesetzt werden soll.
Dazu ist eine entsprechende Verankerung von Change in der Unternehmenskultur notwendig - siehe hierzu ergänzend: Infografik bei Bank Blog. Panta rhei - alles fließt. Diesen Gedanken gilt es in die Kultur und Führung eines Unternehmens fest zu verankern.
Welcher Faktor ist der wichtigste?
Kotter hält die Unfähigkeit zur Erzeugung eines allgemeinen Gefühls für die Dringlichkeit einer Veränderung für den wichtigsten Faktor, gefolgt von fehlender Vision, schlechter Kommunikation und falschem Timing. Ich persönlich glaube, dass vor allem die Themen Change Management und Unternehmenskultur vernachlässigt werden.
In den meisten Projekten dominieren harte Fakten und vermeintlich weiche Faktoren werden dabei nur allzu leicht vergessen oder ignoriert. Dabei sind Begeisterung und Motivation wichtig, gerade bei der Umsetzung von Veränderungen.
Hansjörg Leichsenring befasst sich seit über 30 Jahren beruflich mit Banken und Finanzdienstleistern und verfügt über die Bankleiterqualifikation nach §33 KWG. Leichsenring arbeitet derzeit als (Interims-)Manager und Berater von Banken und Finanzdienstleistern. Ebenso ist er als Referent und Moderator im In- und Ausland sowie als Fachautor tätig. Er führt privat den Bank Blog. Weiteres zur Person unter hansjoerg-leichsenring.de.