Monika Ribar

Balanced Scorecard im IT-Management

22.03.2005 von Monika Ribar
Ende der 90er-Jahre hat die Panalpina-Gruppe damit begonnen, von einem rein operativen Ein-Jahres-Planungshorizont der Budgetierung zu einem mehrjährigen, strategisch ausgerichteten Planungsprozess überzugehen. Die Balanced Scorecard ist mittlerweile zu einem festen Bestandteil der Führung geworden und hat auch der IT geholfen, sich klar im Konzern zu positionieren.

Die Panalpina-Gruppe gehört zu den weltweit führenden Speditions- und Logistikunternehmen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf integrierter interkontinentaler Luft- und Seefracht sowie Supply-Chain- Management-Lösungen. Eine unserer großen Stärken ist es, keine eigene Transportinfrastruktur zu haben und damit sehr flexibel auf Kundenwünsche reagieren zu können. Dazu unterhalten wir ein weltweites Netzwerk mit First-Class-Luft- und See-Carriern. Innerhalb dieser Aktionsfelder hat sich die Panalpina in verschiedenen Key-Industriegruppen wie beispielsweise Oil und Gas, Hightech oder Automotive als Spezialist für multinationale Kunden etabliert. Daneben führt das Unternehmen eine globale Division für komplexes internationales Projektgeschäft im Anlagebau, für die Engineering-Industrie und den Energiesektor.

Es ist die Aufgabe des CIO-Bereichs, diese weltweite Geschäftsausrichtung im täglichen Ablauf, aber auch in der strategischen Ausrichtung zu unterstützen. Er umfasst in der Panalpina-Gruppe nicht nur die IT, sondern bündelt

Die Panalpina-IT ist zentralisiert und standardisiert. Das Nervenzentrum mit etwa 90 Mitarbeitern ist am Hauptsitz der Gruppe in Basel tätig. Hier werden die zentralen Entwicklungen der globalen Standardapplikationen gesteuert und die zunehmende Anzahl der externen Provider gemanagt. Dabei arbeiten wir sehr eng mit den IT-Competence-Centern in den vier Regionen NORAM (North America), LATAM (Latin America), APAC (Asian Pacific) und EMEA (Europe, Middle East, Africa) zusammen.

Ihre Aufgabe es ist, die Lösungen lokal zu installieren und zu supporten, aber auch die steigenden Anforderungen der verschiedenen Fachbereiche zu analysieren und in die zentrale Entwicklung mit einzubringen. In den Competence-Centern sind insgesamt rund 110 Mitarbeiter beschäftigt; weltweit arbeiten im IT-Bereich rund 450 Mitarbeiter.

Herzstück und Backbone der gesamten Firma ist das globale Netzwerk. Denn eine Spedition ohne globalen Datenaustausch ist heute nicht mehr denkbar. Bei der Konzeption und der Auslegung des Netzwerks tragen wir sowohl dem ständig steigenden Datenvolumen als auch der zunehmenden Zentralisierung der Infrastruktur und dem Einsatz für Bild und Ton Rechnung.

Die Hardware- und Software-Landschaft der Panalpina ist global standardisiert. Wir setzen für die Hauptfunktionen

global einheitliche Systeme ein, wobei aus den bekannten ERP-Produkten nur SAP zur Anwendung gelangt. Obwohl die Landschaft produktmäßig heterogen ist, wächst sie inhaltlich immer mehr zusammen, um auch die Zusammenarbeit zwischen den Funktionen optimal zu unterstützen.

Weitere wichtige Bereiche sind die Logistik- und Supply-Chain-Management-Systeme, die an die Bedürfnisse der Kunden angepasst sind. Das ist der Bereich, in dem nach wie vor Inhouse entwickelt wird, um flexibel auf Kundenanforderungen einzugehen. Mit diesen Systemen und deren datentechnischer Integration mit den Systemen unserer Kunden können wir den gesamten Transportprozess optimieren, die notwendige Visibility schaffen und die Supply-Chain End to End unterstützen.

Die IT der Panalpina versteht sich als interner Dienstleister, ist aber auch Business-Enabler. Strategie, Projekt- und Produkt-Portfolio werden auf die Unternehmensstrategie ausgerichtet und daran gemessen. Der Strategieprozess bildet im Unternehmen einen wichtigen Fokus.

Strategische Planung und Balanced Scorecard

"The plan is nothing. Planning is everything", sagte einmal General Eisenhower. Nach diesem Motto setzen wir in der Panalpina-Gruppe das Instrumentarium der strategischen Planung ein. Strategische Planung ist ein Managementinstrument, das nicht in Papierbergen, aber sehr wohl in einem gesteuerten Prozess für die verschiedenen Managementteams enden soll. Das reine Instrument der Balanced Sorecard (BSC) dient grundsätzlich der Strategie-Implementierung und ist damit ein Bestandteil der gesamten strategischen Planung.

Die Balanced Scorecard ist ein Konzept zur Umsetzung der Unternehmensstrategie und will die Mängel klassischer Kennzahlensysteme beseitigen. Basierend auf der Unternehmensvision und der daraus abgeleiteten Strategie, werden kritische Erfolgsfaktoren definiert, welche so aufgebaut werden, dass sie die Umsetzung der Strategie und deren Überprüfung fördern. Die BSC ist somit eine Managementmethode, die mithilfe von wenigen, jedoch entscheidenden Kennzahlen die wichtigsten Aspekte eines Unternehmens festlegt und dadurch die effektive und flexible Führung eines Unternehmens ermöglicht. Das Konzept der Balanced Scorecard unterstützt gleichermaßen die strategische Planung als auch die Implementierung durch eine Bündelung der Aktionen aller Einheiten eines Unternehmens, basierend auf einem gemeinsamen Verständnis seiner Ziele.

Klassische, finanzielle Kennzahlensysteme können den komplexen Management- und Planungsanforderungen des Informationszeitalters nicht mehr gerecht werden. Die Harvard-Professoren Robert Kaplan und David Norton haben deshalb Anfang 1992 ein Instrument mit vier individuellen, aber zusammenhängenden Perspektiven entwickelt, auf deren Grundlage die Aktivitäten eines Unternehmens bewertet werden können:

Bereits Ende der 90er-Jahre hat die Panalpina-Gruppe damit begonnen, von einem rein operativen Ein- Jahres-Planungshorizont der Budgetierung zu einem mehrjährigen, strategisch ausgerichteten Planungsprozess überzugehen. Ein erster Schritt dahin war die Einführung von strategischen Business-Plänen für die gesamte Gruppe und alle Landesgesellschaften.

Die anfänglich große Skepsis ist bald einer Art Gruppeneuphorie gewichen. Die Kommentare der Mitarbeiter reichten von anfänglichen Aussagen wie "Unser Business ist viel zu schnelllebig, wir können nicht langfristig planen" über "Das ist nur was für die produzierende Industrie, aber nicht für die Dienstleistung" bis hin zu "Das hätten wir schon vor Jahren tun sollen".

Die Vorbereitung und die Workshops zur Er- oder Überarbeitung der Business-Pläne werden bis heute bei Panalpina bewusst kurz gehalten. Es liegt uns viel mehr daran, die kreative und visionäre Energie in den Managementteams freizusetzen, als akribisch Daten zusammenzutragen und sich in operativen Details zu verlieren.

Die Mitglieder der einzelnen Managementteams erhalten klar definierte Aufgaben zur Vorbereitung der jeweils zweitägigen Workshops. Die Struktur und der Ablauf sind durch die in der obigen Tabelle dargestellten Bestandteile gegeben. Während zu Beginn noch umfangreiche Word-Dokumente erstellt wurden, ist der Deliverable heute eine während des Workshops gemeinsam erarbeitete Powerpoint-Präsentation. Auch hier gilt der Grundsatz: Der gemeinsame Prozess ist wichtiger als viel Papier.

Seit dem Jahr 2002 hat sich die Organisation der Panalpina-Gruppe stark gewandelt. Von einer sehr flachen geografischen Hierarchie (alle Landesgesellschaften berichten direkt an die Konzernzentrale) kommend, führen wir den Konzern heute in einer Matrix. Die strategischen Funktionen


haben eine globale Verantwortung und bilden eine Matrix mit den regionalen Organisationen für APAC, NORAM, EMEA und LATAM. Alle Funktionen sind in den regionalen Managementteams vertreten. Die Regionalmanager ihrerseits sind Mitglieder der globalen Konzernleitung und vertreten dort auch die operativen Funktionen, die Servicefunktionen Finance und Organisation und IT haben direkt in der Konzernleitung einen Sitz. Entsprechend wurde auch der Strategieprozess angepasst.

Strategische Planung ist ein Top-down-Prozess. Die Konzernleitung mit Regionen und Funktionen formuliert die Vision, die Strategie und die Ziele für den Gesamtkonzern. Daraus abgeleitet formulieren die Funktionen die globale Ausrichtung ihrer Bereiche in enger Zusammenarbeit mit den regionalen Funktionsvertretern. Die regionalen Business-Pläne ihrerseits enthalten die regionale Umsetzung von Konzern- und Funktionsstrategien für die Region.

Dieser Prozess muss zentral gesteuert und geplant werden, da die einzelnen Schritte inhaltlich voneinander abhängen.

Kommunikation ohne Papierberge

Während der gesamten Abläufe legen wir sehr viel Wert darauf, dass keine Papierberge entstehen und dass die Top-down-Kommunikation der Inhalte immer ad personam geschieht. Die Konzernstrategie wird dabei immer von einem Konzernleitungsmitglied präsentiert. Denn nur, wer in den Diskussionen dabei war, kann den Inhalt vermitteln und interpretieren. Strategien müssen gelebt und nicht auswendig gelernt werden.

Mit der Schaffung der CIO-Funktion auf Konzernebene im Jahr 2000 wurde in der Panalpina-Gruppe der strategischen Bedeutung der IT Rechnung getragen. Wie mittlerweile in mehr und mehr anderen Unternehmen wird Information in der Panalpina inzwischen als vierter Produktionsfaktor betrachtet. Der Transport von Daten ist dabei fast so wichtig geworden wie der Transport der Güter.

Im Jahr 2000 wurde die erste Panalpina-IT-Strategie erarbeitet, die nicht nur dazu diente, die Leitplanken für die folgenden Jahre festzulegen, sondern auch das neue globale IT-Managementteam auf eine Linie zu bringen. Diese Prozesse sind nicht einfach, und es ist nicht jedermanns Sache, den operativen Level zu verlassen und sich auf eine strategische Flughöhe zu begeben. Deshalb ist es wichtig, dass jeder Workshop moderiert wird. Der Moderator darf nicht Teil des Teams sein, er muss von außerhalb kommen, die Materie aber doch genügend gut kennen, um kritische Fragen stellen oder Gedankenanstöße geben zu können und dafür zu sorgen, dass der strategische Level erhalten bleibt. Die strategische Rolle der IT im Gesamtunternehmen drückt sich in folgender Vision aus: Je größer das Unternehmen, desto schwieriger wird die Strategie-Implementierung. Gemäß einer Untersuchung des Magazins Fortune werden weniger als zehn Prozent aller formulierten Strategien auch umgesetzt. Zu diesem Zweck wurde deshalb das Konzept der Balanced Scorecard entwickelt.

Die Ziele der Herren Kaplan und Norton waren es,

BSC bei Panalpina

Die Balanced Scorecard der Panalpina setzt sich aus folgenden Teilen zusammen:

Die Dimensionen

Finanzen

• Kunden

• Prozesse

• Unterstützer

helfen das Geschäftsumfeld in unterschiedliche Perspektiven aufzubrechen.

Die Business-Driver

• Dabei handelt es sich um Schlüsselfaktoren oder strategische Themen, die die zukünftige Entwicklung zentral beeinflussen.

• Sie zeigen an, worauf im Unternehmen Wert gelegt werden muss, um in einem bestimmten Bereich Wert zu kreieren.

• Sie haben einen direkten oder indirekten Einfluss auf das Unternehmensergebnis.

• Die Festlegung der Business-Driver ist weitgehend ein intuitiver Prozess, der bei der Panalpina von der Konzernleitung gemacht wird.

Ursache-/Wirkungszusammenhänge

• Identifizieren der wichtigsten Zusammenhänge zwischen den Business-Drivern.

• Auch hier handelt es sich um einen intuitiven Prozess, bei dem Priorisierung sehr wichtig ist.

Key Performance Indicators (KPIs)

• Damit werden die Business-Driver quantitativ gemessen.

Das bedeutet, die Balanced Scorecard wird direkt aus der Vision und Strategie eines Unternehmens abgeleitet. Auch dies kann von den verantwortlichen Managementteams nur top-down gemacht werden.

Zwei straff moderierte Zwei-Tages-Workshops reichen, um die grundsätzliche Balanced Scorecard zu erarbeiten. Dabei ist es essenziell, die richtigen Business- Driver auf den verschiedenen Dimensionen festzulegen. Anfänglich tendiert man dazu, zu viele Driver festzulegen, weil einem so vieles wichtig scheint. Hat man kein Inhouse-Knowledge, lohnt es sich, für diesen Prozess externe professionelle Unterstützung zu haben. Aber: Lassen Sie sich den Strategieprozess nicht von Beratern aus der Hand nehmen, sondern nur moderieren.

Spätestens bei der Festlegung der KPIs zeigt sich, dass die Balanced Scorecard keine technische Lösung ist. Manche KPIs sind nur schwierig elektronisch zu messen, deshalb haben wir die Beurteilung der Balanced Scorecard in drei Teile unterteilt:

1. Qualitative Beurteilung

Dabei wird im Managementteam die Befindlichkeit der Business-Driver diskutiert.

2. Statusreport über das strategische Action-Programm

Hinter vielen Business-Drivern stehen strategische Projekte oder Aktionspläne, deren Stati regelmäßig überprüft werden.

3. KPIs

Wo immer möglich helfen Kennzahlen, um zu erkennen, wo man in Bezug auf die Erreichung der Ziele im Business-Driver steht.

Basierend auf der Balanced Scorecard des Konzerns und der IT-Strategie, hat das IT-Management eine eigene Balanced Scorecard erstellt (s. Grafik rechts).

Die genannten Driver richten sich klar auf die Implementierung der Konzernstrategie aus. Beispielsweise sind aus dem gesamten Projekt-Portfolio nur vier konkrete Projekte erwähnt, welche in einem direkten Zusammenhang mit der Konzernstrategie stehen. Diese Betrachtung hilft auch beim Priorisieren von Projekten, vor allem in Zeiten knapper Ressourcen.

Das globale IT-Management trifft sich bei Panalpina zweimal im Jahr für drei bis vier Tage, der gesamte strategische Planungszyklus wird in dieser Zeit umgesetzt, wobei dabei jeweils ein bis zwei Tage genutzt werden. Das IT-Projekt-Portfolio entspricht dem Strategic Action Planning und wird generell quartalsweise überprüft, wobei die Fortschritte der einzelnen Projekte regelmäßig in den dafür zuständigen Projektausschüssen verfolgt werden.

Heute ist der Zyklus der strategischen Planung in der ganzen Gruppe zu einem Bestandteil der Führung geworden. Es hat insbesondere auch der IT geholfen, sich klar im Konzern zu positionieren und einen aktiven Beitrag zum Unternehmenserfolg zu leisten.