Blackberry-Hersteller Research in Motion vollzieht einen Wechsel an der Spitze. Die beiden Co-CEOs Jim Balsillie und Mike Lazarides, letzterer übrigens der Gründer des Unternehmens, übergeben die Führung an Thorsten Heins. Dieser Schritt geschieht laut dem Unternehmen nicht auf Druck des seit Quartalen fallenden Aktienkurses, sondern ist vielmehr eine geordnete Übergabe, die sich aus neuen Produkten und neuen Anforderungen ergibt. RIM dürfte sich vom Führungswechsel auch einen heilsamen Schock erwarten, der eine Neuausrichtung ermöglicht.
Thorsten Heins wechselte in 2007 zu Research in Motion, davor war er bei der Siemens Communications Group. Diese wurde 2006 aus der Siemens AG ausgegliedert, der Fokus liegt nicht auf mobilen Geräten, sondern auf Unified Communications und IP-Telefonanalagen. Heins war bislang der COO für die weltweite Produktentwicklung von Blackberry Smartphones. Der neue CEO gibt sich bei seinem Antritt versöhnlich. So habe RIM zwar in letzter Zeit "Wachstumsschmerzen" erlitten, sei aber mit Blackberry OS 7, dem Playbook 2.0 sowie Blackberry 10 auf einem guten Kurs.
Tatsächlich hätte das Blackberry OS 7 bereits längst durch das neue Betriebssystem Blackberry 10 abgelöst werden sollen - hier werden nun Geräte am Ende von 2012 erwartet. Das Tablet, Blackberry Playbook, blieb weit hinter den Erwartungen zurück, auch weil sowohl ein nativer Blackberry-Client wie auch eine Management-Funktion auf Server-Seite fehlten. Im Grunde hat die Tablet-Entwicklung von RIM dadurch etwa ein Jahr verloren.
Statt wie bislang nur gegen das iPad von Apple antreten zu müssen, wird RIM nun zusätzlichen Druck durch neue Geräte auf Basis von Android und möglicherweise Windows 8 verspüren. Dabei ist noch immer nicht geklärt, ob das Playbook 2.0 alle fehlenden und bereits für Sommer 2011 versprochenen Funktionen nachliefern kann.
Für die beiden bisherigen Co-CEOs wurden Plätze im Aufsichtsrat von RIM gefunden. Jim Balsillie wird Board Director und auch Lazarides bleibt der Firma erhalten. Er wird der Vice Chair of the Board und wird einem neuen Innovations-Komitee vorstehen. Das stößt einigen Experten etwas sauer auf. Darren Murphy vom amerikanischen Gadget-Blog Engadget schreibt "der Typ, der es in den letzten Jahren nicht geschafft hat, irgendetwas im Bereich Innovation voranzutreiben, ist nun der Leiter eines Innovations-Komitees."
"Mit jedem Monat steuert RIM weiter in Richtung Irrelevanz"
Etwas freundlicher formuliert es Ryan Kim vom Experten-Blog GigaOm: "Möglicherweise ist Heins nur höflich, wenn er von "Wachstumsschmerzen" spricht. Aber er wird mehr tun müssen, als nur über Ausrichtung, Consumer-Fokussierung und bessere Ausführung zu reden. Mit jedem Monat steuert RIM weiter in Richtung Irrelevanz. (…) Die Ausführung muss radikal verbessert werden, RIM benötigt einige überwältigende Idee und muss sich deutlich besser um die App-Entwickler kümmern. Eine Me-too-Plattform und einige neue Geräte später im Jahr werden nicht helfen."
Eine interessante Neuerung wäre eine mögliche Lizensierung des Betriebssystems an andere Hersteller. Diese Möglichkeit hat Heins laut der Zeitung The Globe and Mail nicht ausgeschlossen. Ähnliches gab es Mitte 2000 mit dem Programm Blackberry Connect. Damit konnten Hersteller ihre Geräte an Blackberry-Infrastruktur anschließen, unterstützt wurde es damals von Nokia, Palm, Sony Ericsson, Siemens und HTC. Allerdings mussten die Nutzer mit zahlreichen Einschränkungen leben, etwa war keine PIN-to-PIN-Kommunikation möglich. Im Artikel verspricht er weiter, dass die Firma sofort einen Chief Marketing Officer einstellen und die ramponierte Marke ausbessern will.