Wie kann ich andere verändern, wenn ich nicht in der Lage bin, mich selbst zu ändern?" Mit diesen Worten begründete Peter Meyerhans, CIO von Drees & Sommer, das für die zehnte Jahrestagung des CIO-Circle gewählte Motto "Der IT-Chef als Change-Manager". Nicht die Technik, sondern der IT-Verantwortliche als Mensch stand an den Kongresstagen am 25. und 26. April in Stuttgart im Mittelpunkt.
Mit welchen radikalen und rasanten Veränderungen in der Arbeitswelt Mitarbeiter und Führungskräfte künftig konfrontiert sein werden, beschrieb Wilhelm Bauer vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation in seiner Keynote. Stichwort "Wissensökonomie": Es werde immer mehr Wissensarbeiter geben, die sich in der Cloud organisierten. Denn: "Wissen ist personen- und kommunikationsorientiert." Bauer verwies auf das jüngst von IBM angekündigte Organisationsmodell, das nur noch 20 bis 30 Prozent Festangestellte vorsieht und die restlichen 70 Prozent der Arbeitskräfte gleich einer "App" aus der Cloud holt ("Liquid"-Programm). Wer wohl in diese Cloud gehen würde, fragte Bauer die versammelten CIOs. "Die Besten!", lautete die einhellige Antwort.
Lifestyle statt Status
Aufgrund der längeren Lebensarbeitszeit und des zunehmend jüngeren Arbeitseintrittsalters des Nachwuchses müssten sich Unternehmen laut Bauer darauf einstellen, künftig vier Generationen von Mitarbeitern zu beschäftigen. Und jede präferiere ihre eigenen Werte: Zählten für die älteren Kollegen Gehalt und Dienstwagen, so seien für die Millennials Lifestyle und Individualität wichtig. Um die verschiedenen Generationen zusammenzubringen, empfahl Bauer den anwesenden CIOs, altersgemischte Teams und Desksharing-Modelle einzurichten: Hier könnten die Jungen von den Älteren lernen und umgekehrt.
Wissensarbeit braucht neue Arbeitswelten. "Die reale physische Welt und die digitale virtuelle Welt müssen im Gleichgewicht sein", postulierte Bauer. Multi-Space-Konzepte, also flexibel nutzbare Räume, sowie sich verändernde Teams und Prozesse seien die Folge. Neben Großraumnutzung werde es vermehrt Rückzugsräume für Stillarbeit oder Telekonferenzen geben. "Use on Demand" nennt er das. Was den Arbeitsplatz an sich anbelangt, werde der "Schreibtisch" im Idealfall statt mit mehreren Displays nur noch mit einem großformatigen ausgestattet sein. Studien hätten ergeben, dass Mitarbeiter mit einem großen Bildschirm um 37 Prozent effizienter arbeiten könnten als mit den heute oft gleichzeitig im Einsatz befindlichen drei kleineren Displays.
Rhythmus versus Burnout
Dass sich die CIOs bei all der Veränderung um sich herum nicht selbst aus dem Blick verlieren und ihr Leben gesund gestalten, dafür machte sich der Internist Jürgen Schürholz in seinem Vortrag stark. Der Mitbegründer der anthroposophisch ausgerichteten Filderklinik in der Nähe von Stuttgart wies immer wieder auf die Wichtigkeit des Rhythmus hin: Anspannung und Stress seien akzeptabel, sofern danach die Entspannung folge. "Gesundheit braucht selbstbestimmte Rhythmen", so Schürzholz.
Das gelte auch für die Ernährung: Kaum einer nehme sich heute noch Zeit für die Mahlzeiten, die, regelmäßig über den Tag verteilt, eine Säule für gesundes Leben seien. Wie schwer dies im Alltag von CIOs zu realisieren ist, hatte eingangs IT-Chef Meyerhans skizziert: Kaffee am Morgen, mittags ein schneller Burger, nachmittags Kaffee und Schokoriegel, abends das Business-Dinner mit Alkohol und noch mehr Kaffee, um nicht einzuschlafen.
Zu einem gesunden Körper gehören ein gesunder Geist und eine gesunde Seele. Gerade um Letztere müssten sich Manager laut Schürholz mehr kümmern. Das zeige schon die Tatsache, dass Burnout-bedingte Krankheitsfälle zunähmen. Der Internist empfahl den anwesenden IT-Leitern, sich mit Konzentrationsübungen und Meditation zu befassen. Das Thema Burnout vertiefte anschließend der Vortrag von Frank Lüschow, der das Hohelied auf den "Zweifel" sang und der Obama-Parole "Yes, we can" eine Abfuhr erteilte.
Dass Change-Management nicht nur die eigene Organisation und die eigene Person, sondern auch die Seite der Anbieter betrifft, betonten Klaus Gerke, CIO von Mast-Jägermeister, und Thorsten Steiling, IT-Chef der Ejot Holding. Sie berichteten von ihren Erfahrungen mit dem "CIO-Beirat" der SAP-Anwendergruppe DSAG und ermutigten die Anwesenden, sich in dem Gremium zu engagieren..
Neue Tagung 2013
Die diesjährige Jahrestagung ist die letzte Zusammenkunft der CIO-Circle-Mitglieder in dieser Form. Das vor etwa einer Dekade von zehn Personen gegründete CIO-Netzwerk, das inzwischen über 900 IT-Verantwortliche zählt, wird sich in Kürze auflösen, und die Mitglieder werden sich dem Verband Voice anschließen. Die in diesem Jahr in Stuttgart versammelten IT-Macher kamen zum Ende der Veranstaltung überein, auch im kommenden Jahr eine Tagung - dann als Mitglieder der CIO-Organisation Voice - zu initiieren. Veranstaltungsort soll 2013 der Großraum Nürnberg sein. Wer die Ausrichter sein werden, wolle man noch bekannt geben.