Anders als der bisherige Personalausweis soll die neue Version gleich zwei Funktionen erfüllen: Zum einen dient er als amtliches Ausweisdokument, zum anderen ermöglicht er die Identifikation im Internet. Das soll die Kommunikation mit Behörden und Dienstleistern aus der privaten Wirtschaft erleichtern. Er könnte beispielsweise beim Online-Shopping oder Internet-Banking zum Einsatz kommen. Zur Vorbereitung der Einführung werden umfangreiche Anwendungstests durchgeführt. Hier werden verschiedene Einsatzmöglichkeiten des Ausweises getestet. Im Vordergrund stehen dabei die Sicherheit und des Funktion des elektronischen Identitätsnachweises.
Was macht das Kompetenzzentrum genau?
Alexander Schmid: Das Bundesinnenministerium bereitet zurzeit die Einführung des neuen elektronischen Personalausweises vor. Ein Teilprojekt ist der Anwendungstest, mit dem frühzeitig die Palette der zusätzlichen Anwendungsmöglichkeiten getestet werden soll. Dabei geht es um die nicht-hoheitliche Nutzung der elektronischen Identität und der elektronischen Signatur. Die Unternehmen und Behörden sollen Erfahrungen zu den neuen Möglichkeiten gewinnen können. Dazu wurde das Kompetenzzentrum beauftragt, das unter der Führung von Bearing Point zusammen mit Steria Mummert und zwei Fraunhofer Instituten betrieben wird.
Ist der Einführungstermin November für den neuen Personalausweis 2010 gesichert?
Ja, davon gehen wir aus. Alle unsere Arbeiten laufen auf diesen Termin hinaus: Die Testausweise sind bei den Teilnehmern, die Integration der Funktionen in die IT-Systeme der Testteilnehmer läuft. Alle Tests werden in Mitte dieses Jahres in einem Testbericht dokumentiert.
Wie groß ist das Interesse der Unternehmen am Test?
Das Interesse ist sehr groß, viel größer als erwartet. Nachdem bereits im vergangenen Jahr ein erster zentraler Test mit 30 Unternehmen und Behörden begonnen wurde, ist vor kurzem die zweite Phase angelaufen. Diese ist für alle Interessierten offen. Momentan testen bereits über 130 Unternehmen und Ämter die Funktionsweise des neuen Ausweises. Es können sich aber immer noch Interessenten dafür registrieren. Diese sind entweder Diensteanbieter oder Unternehmen der IT-Wirtschaft, die sich frühzeitig über die Einsatzmöglichkeiten des elektronischen Personalausweises informieren wollen. Dir Firmen sehen hier eine Innovation, die sie in ihre eigenen Geschäftsmodelle einbauen wollen.
Banken und Versicherungen testen den neuen Ausweis
Welche Unternehmen haben das größte Interesse?
Natürlich erst einmal vor allem die IT-Wirtschaft. Die Anbieter von IT-Dienstleistungen prüfen, inwieweit sie ihre Angebotspalette erweitern können oder ihre Geschäftsmodelle anpassen müssen. Für alle die Dienste-Anbieter ist der Test interessant, die in den Anwendungsszenarien eine Rolle spielen. Das betrifft etwa alle Verifikationen, die über das Internet besser abgewickelt werden können, wie eine Altersverifikation oder die eigentliche Identitätsfeststellung.
Sind das vor allem Banken und Versicherungen?
Es ist ein guter Querschnitt über alle Branchen mit einzelnen Spitzen. Banken und vor allem Versicherungen nehmen am Anwendungstest teil. Hier blicken wir auf eine zusätzliche Verlagerung von Geschäftsmodellen ins Internet, was durch die sichere elektronische Identitätsfeststellung noch einmal erleichtert wird. Wenn ich bisher ein Konto bei einer Online-Bank eröffnen möchte, kommt es immer zu einem Medienbruch. Ich muss mich zum Beispiel über das Postident-Verfahren identifizieren. Hier kommt es zu hohen Drop-Out-Zahlen zwischen der ersten Information über das Leistungsangebot bis zum Vertragsabschlusss. Durch die zukünftige medienbruchfreie Gestaltung bieten sich hier Potenziale für die Dienstanbieter.
Wie kann man sich die Arbeit des Kompetenzzentrums genau vorstellen?
Für die Unternehmen geht es wie bei jeder anderen Erweiterung oder Anpassung ihrer IT um ein ganz normales IT-Projekt, das den ganz normalen Anforderungen unterliegt, was Projektmanagement, Projektcontrolling, Projektplanung und Testsysteme, Testszenarien und Testzyklen, Abnahmen angeht. Das Kompetenzzentrum unterstützt die bei den Teilnehmern statt findenden Tests durch einen direkten Know-how-Transfer. Dazu haben wir einen Kreis von Testbegleitern, die die Unternehmen vor Ort beraten und den Ausbau der IT unterstützen.
Zusätzlich gibt es ein Test- und Demonstrationszentrum, das beim Fraunhofer FOKUS in Berlin installiert ist. Hier können die Anwendungsszenarien exemplarisch angeschaut und ausprobiert werden. Hier kann diskutiert und getestet werden. Das ist eine gute Ergänzung zu den Testbegleitern bei den Diensteanbietern vor Ort. Die Testbegleiter verfügen über das Wissen zum elektronischen Personalausweis und zugleich über das nötige Branchenwissen. Die Erfahrungen, die wir machen, kommen dann direkt auch wieder dem Bundesinnenministerium zugute.
Was sind die Herausforderungen, die auftauchen?
Es gibt insgesamt keine großen Probleme. Es gibt nur ganz normale Herausforderungen bei der Anpassung und Ausrichtung von Schnittstellen. Wir haben hier ja ein Zusammenspiel von vielen Beteiligten: Bundesinnenministerium, BSI, Bundesdruckerei, Bundesverwaltungsamt und Dienste-Anbieter. Die einzelnen Komponenten müssen installiert und aufeinander ausgerichtet werden. Vor allem muss der neue Personalausweis an das jeweilige Identity Management bei den Diensteanbietern angebunden werden.
Was sagen Sie zu Sicherheitsbedenken von Bürgern?
Das Bundesinnenministerium bereitet eine Informationsserie vor, um die Bürger über den neuen Ausweis und die neuen Funktionen zu informieren. Hier gibt es noch Informationspflichten. Wir werden immer eine kritische Diskussion haben, das begrüße ich auch. Aber wenn ich verschiedene Autoritäten wie die Datenschutzbeauftragten betrachte, bescheinigen alle dem Ausweis ein seriöses Sicherheitskonzept und eine sehr gute Datenschutzausrichtung mit sparsamer Datenhaltung. Der neue Ausweis umfasst nur die Daten, die auch der bisherige Ausweis umfasst. Und hier können auch keine weiteren Daten dazu kommen.
Weniger Daten als bisher sind im Umlauf
Absehbar werden durch den neuen Ausweis weniger Daten in Umlauf kommen als mit dem bisherigen. Denn die Dienste-Anbieter, die die elektronische Identität der Kunden nutzen wollen, müssen dies jeweils konkret auf ihren Anwendungszweck begründen. Es dürfen nur die Daten ausgelesen werden, die zuvor per Berechtigungszertifikat von der Vergabestelle als auslesbar zugebilligt worden sind. Und der Bürger muss das Auslesen der Daten mit seiner PIN autorisieren. Ein Auslesen „im Vorbeigehen" ist auch dadurch per se unmöglich.
Wie ist Ihr Eindruck, beschäftigen sich CIOs mit dem Thema elektronischer Personalausweis?
Ja, auf jeden Fall. Die beteiligten Dienste-Anbieter sind über ihre CIOs in die Tests eingebunden. Die Testbegleiter sehen, wie eng die CIOs sich um die Anwendungstests kümmern. Das hat einen sehr hohen Stellenwert auf der Agenda der CIOs.
Terminhinweise:
Das „Kompetenzzentrum Neuer Personalausweis" ist auf der Cebit im Public Sector Parc auf dem Stand des Bundesministeriums des Innern (B60) vertreten. Präsentiert werden der Anwendungstest des neuen Personalausweises und die Anwendung des Bürgerclients bzw. des eID-Services als Bestandteile zur Nutzung des Personalausweises.
Am Donnerstag, den 4. März 2010, hält Alexander Schmid im Forum Public Sector Parc von 9.15 bis 9.35 Uhr einen Vortrag zum Thema „Erste Zwischenergebnisse des Anwendungstests – Bericht des Kompetenzzentrums neuer Personalausweis"
Am Donnerstag, den 4. März 2010, findet von 17.00 bis 18.00 Uhr in Halle 9 auf dem Stand des Bundesinnenministeriums (B60, Speakers Corner) eine Podiumsdiskussion zum neuen Personalausweis statt. Schwerpunkte der Podiumsdiskussion: Erwartungen & Herausforderungen des neuen Personalausweises für Wirtschaft und Verwaltung. Teilnehmer sind u.a. Franz- Reinhard Habbel, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes.