Das Imperium von EMC, einst mit Symmetrix bei großen Speicherschränken führend, kann sich sehen lassen. Unter dem CEO Joe Tucci, dessen Regentschaft sich langsam dem Ende zuneigt, hat man das Speicher-Portfolio kontinuierlich nach unten ausgeweitet – mit dem Resultat, dass es kaum noch überschaubar war und nun einem Vereinfachungsprozess unterzogen wird (VNX-Serie).
Daneben hat man Documentum (ECM/Enterprise Content Management), RSA (Security) und vor allem VMware eingekauft. Zuletzt schnappte man noch dem Konkurrenten NetApp den Marktführer bei Deduplizierung "Data Domain" vor der Nase weg (Preis: 2,1 Milliarden Dollar).
Mit Isilon hat sich EMC für 2,25 Milliarden Dollar eine Technologie für unstrukturierte Daten, die besonders stark wachsen, zugelegt. Dies zielt ebenfalls gegen NetApp. Das Start-up Isilon rühmte sich, gegenüber dem NAS-Platzhirsch einen echten Scale-out-Ansatz zu fahren, der mit dem Datenwachstum Schritt halten kann. Die generelle EMC-Strategie zielt darauf ab, immer mehr Bereiche des Storage- und Virtualisierungsmarkts zu dominieren und dafür sehr hohe, kaum marktkonforme Summen auf den Tisch zu legen.
Nun sollen es neben den klassischen Blockdateien, die bei strukturierten Daten in Datenbanken und kaufmännischen Informationen wie ERP oder CRM vorherrschen, auch die schnell wachsenden unstrukturierten Dateien sein. Daneben hat man weitere Start-ups eingekauft, um auch bei der Interpretation und Auswertung der Unmengen von digitalisierten Informationen den Ton anzugeben.
"Big Data" ist deshalb neben Cloud und Virtualisierung der aktuelle Lieblingsterminus von EMC. Auf der diesjährigen Kundenveranstaltung EMC World, die mit etwa 10.000 Besuchern im Mai in Las Vegas stattfand, ging es deshalb vor allem um diese Kategorie digitalisierter Informationen. Das neue Schlagwort steht für einen neuen Anlauf bei Data Warehousing und Business Intelligence. Die bisher am Markt verfügbaren Programme waren sehr umfangreich, kompliziert zu bedienen und noch dazu äußerst teuer in der Anschaffung.
2 Trends bei End-to-End-Lösungen
Gegenwärtig ist bei fast allen Storage-Anbietern der Trend zu beobachten, näher an jene Applikationen heranzurücken, die große Mengen von Daten produzieren und verwalten. Das schließt die Verfügung über End-to-End-Lösungen in zwei Richtungen ein:
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1. Einmal infrastruktur-orientiert, indem integrierte Lösungen aus Server, Storage und Netzwerk angeboten werden – zum Beispiel als "Vblock" von EMC, Cisco und VMware, als "Converged Infrastructure" von HP oder als "FlexPod" von NetApp.
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2. Zum anderen als Stack aus Server-, Storage- und Netzwerkkomponenten, der für bestimmte Datenbanken und Applikationen vorkonfiguriert und optimiert ist – zum Beispiel als "Exadata" von Oracle für Oracle-Software oder als "E5000 Messaging Appliance" von HP für Microsoft Exchange.
Mit dem Kauf von Greenplum rückt EMC in den Bereich Data Warehousing auf. Für den Forrester-Analysten Andrew Reichman kommt es nun darauf an, die Features und Funktionalität von Greenplum mit der eigenen Hardware zu verbinden. Das bedeutet auch die Integration des Data Loading, des Workload-Managements und der Durchforstung und Aufbereitung der Informationen.
Gelingt das, könnte sich EMC als One-Stop-Shop für das Speichern und die Analyse von Daten positionieren. Es sollte aber nicht vergessen werden, dass man mit dem Kauf von Documentum schon einmal versucht hatte, diesen Weg einzuschlagen. Außer einer Pflege der Bestandskunden ist aber nicht viel dabei herausgekommen.
EMC gibt Atmos als eigenes Service-Angebot auf
Die diesjährige Kundenveranstaltung in Las Vegas fand unter dem Slogan "Cloud meets Big Data" statt. EMC will sein ganzes Gewicht als Storage-Hersteller und als Besitzer von VMware in die Waagschale werfen, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Es war jedoch auffällig in Las Vegas, dass die EMC-Oberen wie CEO Joe Tucci und der neue starke Mann Pat Gelsinger die bisherige Euphorie und die Überbetonung des Begriffs "Cloud" etwas zurücknahmen. Es wurde auch nicht mehr davon gesprochen, dass man mit "Atmos" noch vor einem Jahr selbst als Provider für Cloud Storage am Markt auftreten wollte. Inzwischen heißt es nur noch bescheiden, man wolle lediglich die nötige virtualisierte Infrastruktur für solche Provider liefern.
Gelsinger, den manche Beobachter schon als nächsten CEO nach Tucci sehen, kündigte das noch etwas nebulöse "Project Lightning" an, mit dem noch in diesem Jahr "mehr VMware in Storage" integriert werden solle. Den in diesem Zusammenhang immer wieder geäußerten Verdacht, EMC wolle in das Server-Geschäft einsteigen, wiesen Tucci und Gelsinger weit von sich. Was Server angehe, werde man auch in Zukunft mit Partnern zusammenarbeiten.
EMC-Finanzchef David Goulden gab in Las Vegas einen interessanten Einblick in die Strategie der nächsten Jahre. Der Hersteller wird demnach zuerst in jene Bereiche investieren, die in Zukunft höhere Gewinne versprechen.
Ganz vorne stehen VMware und die Data Computing Group (= Greenplum). Eher still und leise hat EMC inzwischen auch eine Consulting-Division ins Leben gerufen und dafür sehr viel neues Personal eingestellt. Auch hier sind die Gewinnerwartungen mit 10 bis 19 Prozent sehr hoch gesteckt.
Es wird stärkere Konkurrenz bei Speicher-Herstellern geben
Forrester-Analyst Reichman erwartet weitere Akquisitionen durch die großen Speicherhersteller und eine verstärkte Konkurrenz zwischen ihnen. Für Anwender folge daraus eine neue Bewertung des Storage-Markts: "Best-of-Breed"-Lösungen von kleineren Anbietern zu wählen ist laut Reichman kaum noch eine Alternative, da immer weniger von ihnen übrig bleiben. Anwender sollten nicht nur Features & Functions im Auge behalten, sondern auch den ökonomischen Hintergrund des Herstellers. Angesichts der Konkurrenzsituation dürfte sich hartes Verhandeln lohnen. Unter Umständen sogar das Risiko eines Vendor-Lock-in.