Ein Jahr des Übergangs geht zur Neige, 2014 kann aber ein sehr gutes Jahr für den CIO werden. Endgültig vorbei sein sollte die Phase, in der es in Folge des Finanz- und Wirtschaftskrise allenthalben ausschließlich um Kosteneffizienz ging. Für den CIO bedeutet das, dass es abermals mehr Spielraum zur Gestaltung gibt. Der IT-Chef gewinnt als Innovationsbeiträger für sein Unternehmen weiter an Gewicht. Die Chance verbesserter Investitionsmöglichkeiten wird entsprechend einhergehen mit erhöhten Anforderungen. Alles in allem wird das kommende Jahr nicht unbedingt durch bisher unbekannte Technologien bestimmt sein. Charakteristisch wird stattdessen, dass der Veränderungsdruck auf der IT und dem CIO so groß sein wird nie.
Unter den wichtigsten IT-Trends für 2014 sind vor diesem Hintergrund zunächst vier strategische Imperative erkennbar, denen die IT ausgesetzt sein wird: das Management der digitalen Revolution, das Entwickeln und Einweben einer neuen Systemlandschaft, die Rationalisierung der alten Systemlandschaft und die Herausbildung neuer Skills, Kulturen und Organisationsstrukturen für die IT. Daneben werden sechs Technologien die kommenden Monate prägen: Mobilität, Business Intelligence (BI) und Big Data, Software-as-a-Service (SaaS), Infrastrukturen aus der Cloud, hybride Integration und Storage. Die IT-Sicherheit findet sich in dieser Liste nicht wieder, weil sie jedes Jahr ein wichtiges Thema ist, ein Dauerbrenner sozusagen.
1. Imperativ: Die digitale Revolution managen
"Digital Revolution" bedeutet, dass seit etwa zwei Jahren das "Zeitalter des Kunden" angebrochen ist - für Forrester Research eine vierte Ära nach den Zeitaltern der Fertigung, der Logistik und der Internationalisierung. Das absolut Neue daran ist, dass der Fokus von IT künftig auf den Endbenutzern liegen muss. Wohlgemerkt sollte der Begriff "Kunde" nicht zu eng in Richtung B2C ausgelegt werden. Im Mittelpunkt der Veränderung befinden sich genauso die Mitarbeiter und die Partner. Die digitale Revolution ist also auch B2B-relevant. In 2014 und 2015 wird der Druck auf den CIO enorm steigen, diese Veränderungen zu meistern. Dass eine Menge Arbeit bevorsteht, dokumentieren zwei Umfragezahlen: 65 Prozent der Mitarbeiter berichten, dass sie zu Hause über eine bessere IT-Technologie verfügen als am Arbeitsplatz; 85 Prozent der Entscheider erkennen in der Verbesserung der Kundenbeziehungen einen wesentlichen Prozess.
CIOs sollten sich vergegenwärtigen, dass Mitarbeiter, Geschäftspartner und Kunden im Zeitalter von Mobile IT ihre gewünschten und benötigten IT-Lösungen überall und zu jeder Zeit verfügbar haben wollen. Diese Endbenutzer, um die sich die IT jahrelang kaum gekümmert hat, müssen ins Zentrum der IT-Strategie rücken. Es sollte für jeden IT-Chef alarmierend sein, wenn Marketing- und Personalabteilungen ihre Tools selber - zum Beispiel in der Cloud - einkaufen und ihn einfach außen vor lassen. Spätestens im kommenden Jahr ist es an der Zeit zu verstehen, wie eine vernetzte Infrastruktur für die wichtigen Endbenutzer aussehen muss. CIOs sollten sich 2014 so positionieren, dass sie als Innovationsbeiträger im Unternehmen wahrgenommen werden.
2. Imperativ: Eine neue Systemlandschaft entwickeln und einweben
Wir bei Forrester unterscheiden die alten "Systems of Record" und die neuen "Systems of Engagement". Anders als in der traditionellen IT steht die Interaktion der Technologie mit den Menschen im Mittelpunkt. Sie muss die Menschen berühren. Gemeint sind damit zum Beispiel Lösungen, die mir gleich beim Einchecken in der Hotellobby eine Restaurantempfehlung mitliefern. Die Systeme entstehen unter anderem durch das Einweben von Predictive Analytics, Big Data und Services aus der Cloud. Getrieben und gesteuert wird diese Entwicklung klar vom Business, nicht von der IT. Aber der CIO sollte bei diesen Themen unbedingt mitreden. Schon alleine deshalb, um die Budgethoheit zu behalten. Momentan fließt nach unseren Erhebungen lediglich ein Fünftel bis ein Viertel der IT-Investitionen in die neuen Systeme. Es ist damit zu rechnen, dass der Anteil bis 2016 auf mehr als die Hälfte steigt.
3. Imperativ: Die alte Systemlandschaft rationalisieren
Die Deutsche Bank ist gerade dabei, 230 Kernbanksysteme auf eine einzige SAP-Plattform zu migrieren. Das zeigt, dass die Rationalisierung bestehender Systemlandschaften - alles auf eine Plattform - nach wie vor relevant ist. Zugegeben: Das Thema ist alles andere als neu. Für 2014 ist aber mit derart hohem Veränderungsdruck auf die IT rechnen, dass diese Aufgabe angepackt werden muss - falls sie nicht schon erledigt ist. Nur wer seine existierenden "Systems of Record" rationalisiert hat, kann dann auch in neue "Systems of Engagement" investieren.
4. Imperativ: Neue Skills, Kulturen und Organisationsstrukturen entwickeln
Die IT braucht mehr Mut, interdisziplinär zu denken. Bisher ist sie zu sehr im Silodenken gefangen. Angesichts der digitalen Revolution wird es 2014 endgültig Zeit, die Scheuklappen abzulegen. Um den veränderten Aufgaben gerecht werden können, ist ein neuer Skill-Mix nötig. Zum Beispiel, indem man Mitarbeitern ohne Informatikhintergrund eine Chance gibt. Auch temporäre Austauschprogramme zwischen IT und Business haben sich schon bewährt. Darüber hinaus steht eine neue Generation potenzieller Mitarbeiter mit hoher IT-Affinität und innovativen Ideen bereit. Davon kann die manchmal betriebsblinde IT nur profitieren.
Die 6 wesentlichen Techniktrends
1. Technologie: Mobilität
Mobile Apps und Devices sind in den "Systems of Engagement" ein essenzieller Baustein. In den kommenden Monaten wird es für CIOs deshalb vor allem darum gehen, die mobilen Lösungen auszubauen - und zwar sowohl im B2C- als auch im B2B-Bereich. Es gilt, einen "App-IQ" zu entwickeln, der an Usern jeglicher Couleur ausgerichtet ist. Wohin die Reise gehen kann, demonstriert Adidas mit seinem Projekt Connected Running Shoe: Laufschuhe, die mit GPS-Sensoren ausgestattet sind, Daten zum Beispiel über Bewegungsabläufe und Untergrund sammeln und in soziale Netzwerke übertragen können. Potenzial für Innovation und Effizienz gibt es hier in den vielen Unternehmen reichlich.
2. Technologie: Big Data/BI
BI rangiert derzeit in jeder Prognose als Nummer-Eins-Priorität. Auch Data-Governance ist momentan ein großes Thema. Von Business-Seite bestehen hohe Erwartungen an die Datenanalyse - Predicitve Data ist als Basis für Innovation und geschäftlichen Erfolg erkannt. CIOs sollten diese Voraussetzungen nutzen, um die eigene Relevanz zu untermauern. Auch dass Big Data bisher noch in einem Anfangsstadium stecken geblieben ist, ändert daran wenig. Es geht darum, die Möglichkeiten im BI- und Big Data-Umfeld so gut wie möglich zu nutzen. Ein Vorbild ist etwa die Drogeriekette dm, die mit Hilfe von Blue Yonder die Abhängigkeit der lokalen Verkäufe zum Beispiel von Bundesliga-Spieltagen oder schlechtem Wetter analysiert und ihre Filialen passgenau bestückt.
3. Technologie: SaaS
Software-as-a-Service (SaaS) bleibt auch 2014 erwartungsgemäß ein bestimmendes Thema. Die erste Welle, die vor allem auf Collaboration jeglicher Art aufgebaut war, ist inzwischen aber vorbei. Künftig rücken stattdessen Felder wie Customer Relationship Management (CRM), Human Resources (HR) und Supply Chain Management (SCM) in den Mittelpunkt. EADS baut zum Beispiel mit Unterstützung von Supplyon.com in der Wolke ein zentrales Portal für seine Zulieferer auf. Solche SaaS-basierten Lösungen, welche bereits existierende und auf starkem Vertrauen aufbauende Beziehungsnetzwerke zwischen verschiedenen Unternehmen unterstützen, werden zukünftig noch viel stärker zur Wertsteigerung in dynamischen B2B-Netzwerken beitragen.
4. Technologie: Infrastruktur aus der Cloud
Infrastruktur aus der Cloud hat neben SaaS längst eine eigene Bedeutung entwickelt. Der Trend wird sich 2014 verstetigen. Dabei nutzen deutsche Unternehmen mit Vorliebe Lösungen aus der Private Cloud. Zusammen mit den vorhandenen und weiter genutzten On-Premise-Lösungen wachsen hybride Systemlandschaften heran. Die Infrastruktur verändert sich nachhaltig. 2014 müssen in vielen Unternehmen zentrale offene Fragen beantwortet werden: Wie viel und was von der alten On-Premise-IT soll bewahrt werden? Wie lassen sich die hybriden Landschaften orchestrieren? Welche Service Level Agreements (SLAs) sind vertretbar?
5. Technologie: Hybride Integration
Services aus der Cloud, altgediente Systeme, mobile Applikationen, das Hineinwachsen von IT in Produkte: Die IT-Landschaft ist so vielgestaltig wie nie zuvor. Dieser Umbruch muss erst einmal bewältigt werden. Die Integration hybrider Systeme und Lösungen wird deshalb das neue Jahr weithin prägen. Im Ergebnis ergeben sich zukünftig auch neue Geschäftmodelle für die IT, die als Service-Broker die dynamische Resourcenallokation aus hybriden Welten übernimmt und damit einen expliziten Wertbeitrag zum atmenden Unternehmen leistet.
6. Technologie: Storage
Die von Business-Seiten an die IT formulierten Ansprüche machen Storage aktuell zu einem besonders brisanten Gebiet. Eine an Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern orientierte IT, die mehr Leistung als bisher anbieten und aus bisher brachliegenden Wissensquellen schöpfen will, schwimmt naturgemäß in einer Fülle strukturierter und unstrukturierter Daten. Denn Speicher-Optionen in der Wolke zum Trotz: Die Unternehmen wird sich bald entscheiden müssen, wie viel an Storage-Kapazitäten sie nutzen wollen. Und - je nachdem, wo die Grenze gezogen wird - welche Daten möglicherweise doch verzichtbar sind.