Welten prallen aufeinander: Da sind der Enthusiasmus der Innovatoren auf der einen und die Beharrungskräfte des etablierten Managements auf der anderen Seite. Sie sind oftmals groß geworden mit den Erfolgen von gestern. Heute gilt es für Unternehmen jedoch, Kreativität und spielerische Ideenfindung mit dem trockenen Realismus der Business-Planung in Einklang zu bringen. Zudem müssen Manager die unterschiedlichsten Disziplinen zusammenbringen: Forschung und Entwicklung, IT, Marketing, Prozess- und Unternehmensstrategie – und nicht zuletzt Finanzen und Controlling.
Und dann stehen sie auch noch vor der Herausforderung des Change Managements: Denn Mitarbeiter sind keineswegs von sich aus bereit, sich auf Neues einzustellen. Veränderungsbereitschaft ist jedoch die wichtigste Eigenschaft für eine erfolgreiche Innovationskultur von Unternehmen. Dazu gehören natürlich auch der Mut zu Risiko und Experiment sowie das Eingeständnis, dass letztlich viel mehr Innovationen misslingen als gelingen. Das ist eine Begleiterscheinung der Bugwelle an Ideen, die nötig ist, um Innovationen anzustoßen. Und am Ende des Weges ein paar Ideen erfolgreich vollenden zu können – gereift zur Innovation.
Es besteht kein Zweifel: Innovationen auf den Weg zu bringen und zu managen ist für alle Verantwortlichen in Unternehmen ein spannendes, aber auch ein herausforderndes Thema. Die erfolgreiche Innovation beginnt beim Aufspüren aussichtsreicher Ideen. Bei der Fahndung nach ihnen muss man stets darauf achten, dass es sich dabei auch tatsächlich um Neuerungen handelt und bei Produkten etwa nicht allein um Varianten des bisherigen Alten. Diese Varianten würden ansonsten zwangsläufig nur zu kleineren Losgrößen und dadurch auch zu steigenden Herstellungs- beziehungsweise Fixkosten mit geringeren Margen führen.
Die immer komplexer werdende Innovationsmaschine macht es notwendig, Geschwindigkeit und Effizienz durch ein straffes Innovations- Management zu steuern und dem Prozess damit einen wettbewerbsentscheidenden Charakter zu geben. Innovative Unternehmen verstehen es, künftige Trends aus unterschiedlichen Quellen zu kondensieren und mit einer schlagkräftigen Einheit unter Einbeziehung von zentralen und dezentralen Einheiten zum Erfolg zu führen.
Wichtig dabei ist, die Erkenntnis im Kopf zu behalten, dass die heutigen IT-Architekturen in den meisten Fällen nicht darauf ausgelegt sind, die notwendige Flexibilität der Unternehmen zu unterstützen. Analysten von Gartner prognostizieren deswegen einen erheblichen Nachholbedarf. Sie raten deshalb: „CIOs sollten besser heute als morgen die Zukunftssicherheit ihrer IT-Architektur untersuchen.“
Innovationsschub für mobile Technologien
Nach Angaben der IDC-Trendstudie „European Enterprises: ITPriorities“ plant jedes fünfte Unternehmen in Deutschland, seine Mitarbeiter mit mobilen Anwendungen auszustatten. Das lässt weitere innovative Entwicklungen erwarten. Dass damit auch eine Veränderung von Systemstrukturen einschließlich der Sicherheitsthematik einhergehen muss,muss nicht besonders betont werden. Beispielhaft führen die IDC-Experten an, die Effizienz und Effektivität von Außendienst oder Servicetechnikern durch integrierte mobile Anwendungen zu erhöhen oder Zahlungen auf mobilem Weg zu leisten. Die Verschmelzung der klassischen Telefonwelt und der Datenwelt durch Internet-Telefonie wird die heutigen Lösungsansätze bedeutend verändern. Da bislang nur zirka zehn Prozent der Unternehmen diese Möglichkeiten nutzen, besteht hier ein erheblicher Nachholbedarf, zumal sich die Möglichkeiten der mobilen Kommunikation und der Anbindung an die Unternehmens-IT in Zukunft deutlich erweitern: Dank der mobilen Technologien mit hohen Bandbreiten wie UMTS und seinem schnelleren Pendant HSDPA, dem „High Speed Uplink Packet Access“. Zukünftig werden die Beherrschbarkeit und Wirtschaftlichkei des Betriebs von integrierten Lösungen verschiedener Informations- und Kommunikationstechnologien über den Geschäftserfolg entscheiden – und zwar auf Basis einer flexiblen IT-Architektur
Primäres Ziel von Unternehmen ist heute nicht mehr die Informations- und Kommunikationstechnologie an sich, sondern die Integration durch intelligente Vernetzung entlang von Wertschöpfungsketten und Prozessen zwischen Kunden, der Produktentwicklung, der Produktion, der Anwendung und den Services. Dabei geht es nicht um die Realisierung von einzelnen Innovationen, sondern um die Effizienz sich wiederholender Abläufe von der Ideenentwicklung bis hin zur Markteinführung. Ein kritischer Faktor ist dabei die Entscheidung, eigene bestehende Produktreihen zugunsten neuer Technologien aufzugeben. Folge dieses „Innovator’s Dilemma“ ist es, dass Unternehmen, die heute noch in einer Technologie führend sind, den Übergang in die Nachfolgetechnologie oft nicht mehr an der Spitze stehend schaffen. Die konsequente Ausrichtung unternehmerischen Handelns auf die kontinuierliche Entwicklung und Platzierung marktgerechter Innovationen ist damit das Mittel erster Wahl, um im Wettbewerb mit den derzeit noch produktionslastigen Unternehmen aufstrebender Volkswirtschaften wie China nicht nur bestehen zu können, sondern in eine führende Position vorzustoßen. Einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus 2005 zufolge liegt Deutschland bei der Innovationsfähigkeit im Vergleich mit 13 Industrienationen derzeit lediglich auf dem sechsten Platz – hinter den USA, Finnland, Schweden,Dänemark und Japan.
Wenn Unternehmen hierzulande das Wissen ihrer Mitarbeiter konzentrierter nutzen würden, wäre dies ein entscheidender Beitrag für den Unternehmenserfolg. Neue Systeme wie Intranet und Wissens-Management können Innovationen auf die Erfolgsspur führen, weil Mitarbeiter in Verbindung mit Datenbanken und Suchmaschinen weltweit den Überblick und den Zugang zu den im Unternehmen verfügbaren Marktinformationen, Branchennachrichten, Berichten und Länderstudien erhalten.
Lothar Dietrich, Doch es gibt natürlich kein Patentrezept dafür, wie die aufgespürten Innovationen umgesetzt werden können und sollen, damit sie auch wirklich zu einem Erfolg werden. Schon gar nicht branchenübergreifend. Denn das Geschäft von Google etwa ist sehr IT-lastig, während IT bei der Herstellung eines Staubsaugers nur eine untergeordnete Rolle spielt. So oder so ist die Fähigkeit des CEOs gefragt, im Einzelfall richtig zu entscheiden. Geht es beispielsweise darum, gravierende Neuerungen im Kerngeschäft eines Unternehmens umzusetzen, benötigt man eine beherzte Führung von oben. Geht es um den Aufbau eines neuen Geschäftsmodells mit wenigen Verbindungen zum Kerngeschäft, sollte man dieses in einer dafür zu gründenden Tochtergesellschaft ansiedeln. Von großer Bedeutung für ein erfolgreiches Innovations- Management ist das aktive Vorantreiben der Aktivitäten inner- und außerhalb der Unternehmensorganisation. Dafür müssen Verantwortliche definiert werden. Viele Querbeziehungen sind nötig, damit relevantes Wissen in innovative Entwicklungen einbezogen werden kann. Hilfreich hierbei wie auch bei der Zusammenarbeit mit externen Partnern sind das Intranet und Wissensportale.
Innovationserfolg messbar machen
Ein weiterer wichtiger Schritt ist es, nicht nur die Kosten transparent zu gestalten, sondern auch den Nutzen von Lösungen oder Innovationen aufzuzeigen und zu bewerten. Durch eine IT-Reifegradeinschätzung sollten jedes Projekt und jeder innovative Lösungsvorschlag regelmäßig bewertet werden. Portfoliotechniken und Benchmarking sind wichtige Methoden zur Messung des Erfolgs von Innovationen. Zum Beispiel kann der Umsatzanteil neuer Produkte am Gesamtumsatz berechnet werden, die weniger als drei Jahre im Markt sind, die Ausgaben für die Forschung und Entwicklung im Verhältnis zum Gesamtbudget oder der Umsatzanteil oder Gewinn, der auf neue Podukte zurückgeht. Mit entsprechenden Kennzahlen kann ein Unternehmen leicht überprüfen, in welchem technischen und methodischen Reifegrad sich die Organisation befindet.
Innovationen zu schaffen ist kein Zufall, sondern gestaltete aktive Arbeit mittels klarer und konkreter Prozessschritte. Diese einzuleiten und zum Erfolg zu führen ist vor allem eine strategische Management-Aufgabe. Anregungen und Inspiration hierfür gibt es bei Innovatoren, die bereits spannende Neuerungen in die Tat umgesetzt haben – bei Heiko Wieandt, der für T-Systems mithilfe eines Portals Wissen konzernweit zirkulieren lässt (siehe Seite 16f.), oder bei Audi-CIO Klaus Straub, der die Qualität neuer Fahrzeuge virtuell absichert.
Lothar Dietrich, IBM-Manager, Herausgeber und Mitautor des Buches „Innovationen durch IT“