Nur 13 Prozent aller Projekte in Firmen erreichen ihre strategischen und operativen Ziele. Das hat eine gemeinsame Studie der Management-Beratung Horváth & Partners und des Strascheg Institute for Innovation and Entrepreneurship (SIIE) an der European Business School ergeben. Für die Autoren des Berichts ein alarmierender Befund: Denn der Anteil der Projektarbeit an der gesamten Wertschöpfung wird sich bis 2020 nahezu versiebenfachen.
496 Mitarbeiter aus Firmen unterschiedlicher Größen und Branchen sowie öffentlichen Organisationen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wurden für die Untersuchung "Projektwissensmanagement" befragt. Dabei zeigte sich, dass sich die Ergebnisse von Projektarbeit mittels Wissensmanagement verbessern lassen. Mehr als die Hälfte der Firmen, die im Projektwissensmanagement gut abschnitten, waren auch in ihren Projekten erfolgreich. Umgekehrt zeigte sich bei 57 Prozent der Unternehmen mit schlechtem Projektwissensmanagement auch ein geringer Projekterfolg.
Die Studienautoren definieren Projektwissensmanagement (PWM) als das Erzeugen, Suchen, Speichern und Verteilen von Wissen im Zusammenhang mit Projekten. Drei Viertel der Unternehmen erwarten, dass das den Mitarbeitern Lernen aus Erfahrung ermöglicht. Für jeweils knapp 70 Prozent liegt ein wichtiges Ziel von Wissensmanagement bei Projekten darin, dass nicht dieselben Fehler mehrmals gemacht werden, und dass erarbeitetes Wissen wieder verwendet wird. Fast jeder dritte Befragte erwartet, dass ein gelungenes Wissensmanagement sogar neue Ideen hervorbringt.
Neben Veränderungen in der Unternehmenskultur, bei Prozessen und Organisation spielt beim PWM die IT eine wichtige Rolle. Sie soll es den Mitarbeitern erleichtern, einmal abgelegtes Wissen ohne Mühe wieder zu finden. IT-Systeme sollen außerdem Wissen verteilen, und zwar genau an die Empfänger, die die jeweiligen Informationen brauchen. Die Studienautoren mahnen um der Effizienz willen benutzerfreundliche Systeme an. Am besten sei es, wenn die Ablagestruktur für Dokumente selbsterklärend sei.
Von den möglichen IT-Instrumenten fürs Projektwissensmanagement nutzen die befragten Firmen am häufigsten Projektarchive. Fast zwei Drittel setzen in hohem Maß darauf. An zweiter Stelle rangieren Projektablagen, die bei 55 Prozent der Betriebe einen wichtigen Stellenwert haben. In der Mehrzahl der Fälle sind diese Ablagen standardisiert. Seltener zum Einsatz kommen Angebotsdatenbanken. Sie werden nur von jedem Dritten in hohem Maße genutzt, wogegen Experten- oder Fehler-Datenbanken mit je 21 Prozent Nennungen noch seltener als wichtige Werkzeuge für die Verwaltung von Projektwissen betrachtet werden.
Schlechte Zeugnisse für die IT-Systeme
Häufig stellen die Befragten den in ihren Unternehmen eingesetzten Systemen kein allzu gutes Zeugnis aus. Die Werkzeuge fürs Projektwissensmanagement werden in der Hälfte der Firmen als nur wenig wirksam darin beurteilt, Wissen zu generieren und zu verteilen.
Grundsätzliche Hindernisse bestehen zusätzlich häufig schon im Vorfeld, wie die Befragung ergeben hat. Die Studienteilnehmer nannten vor allem eine mangelnde Integration von IT-Werkzeugen in den gesamten Vorgang des Wissensmanagements, die nicht erreichte "kritische Masse" bei freiwillig zu nutzenden Werkzeugen wie beispielsweise Wikis und den Aufwand für das Einstellen von Daten in die Systeme als mögliche Gründe, warum das PWM nur suboptimal stattfindet.
Chemiebranche setzt besonders stark auf IT
Die Wissenschaftler untersuchten nach Branchen, wie stark ausgeprägt die vier zuvor bereits genannten Bereiche des PWM - Kultur, Organisation, Prozesse und Systeme - sind. Als besonders engagiert in allen Bereichen erwiesen sich neben Beratungs- und Bauindustrie die Pharma- und Chemiebranche. Speziell was die IT-Systeme zum Wissensmanagement angeht, sticht einzig die Chemiebranche als überdurchschnittlich heraus. Negativ fielen dagegen Finanz-, Energie- und Elektronik-Branche auf, außerdem das produzierende Gewerbe. Dort führen spezielle Programme zur Verwaltung von Projektwissen offenbar noch ein Schattendasein.
Deutliche Unterschiede gibt es auch darin, wie der Wissensaustausch in den einzelnen Wirtschaftszweigen gehandhabt wird. Die Studie veranschaulicht das auf drei Skalen. Zum einen wurden die Teilnehmer gefragt, ob Wissensaustausch eher aufgrund von Eigeninitiative der Mitarbeiter oder auf Anweisung von oben geschieht. Während in Transport, Verkehr, Logistik und Forschung und Entwicklung der Eigenantrieb der Angestellten entscheidend ist, ist Weitergabe von Wissen in der Beratungsbranche offenbar sehr stark von Druck durch die Unternehmensleitung abhängig.
Und das, obwohl Berater offenbar besonders häufig Wissen als gemeinsamen Wettbewerbsvorteil des ganzen Betriebs ansehen. Diese Denke teilen in gleichem Ausmaß nur die in Forschung und Entwicklung Tätigen. Dagegen erwiesen sich die Befragten aus Maschinen- und Anlagenbau, Elektro- und Energiebranche und herstellendem Gewerbe als nicht sehr mitteilungsfreudig. Sie sehen Wissen offenbar häufig als privates Gut an.
Zuletzt teilt die Studie die Firmen noch danach ein, auf welchem Weg Wissen weitergegeben wird. Am stärksten zur kodierten Weitergabe über Dokumente tendieren Unternehmen der Bauindustrie. In der Finanzbranche hingegen hat die persönliche Weitergabe in besonderem Maße Vorrang.