"Was runtergeht, geht manchmal auch wieder rauf", sagt Samuel Bright von Forrester, der die Studie erstellt hat. Laut einer Studie von Robert Half Technology planten 16 Prozent von 1.400 befragten CIOs, im ersten Quartal 2007 IT-Fachkräfte einzustellen. Nur zwei Prozent hatten vor, Personal abzubauen. Das ist der höchste Zuwachs an Neueinstellungen seit dem vierten Quartal 2001. "Es ist ein Verkäufermarkt", sagt Samuel Bright. IT-Fachkräfte haben mehr Optionen und sind somit wählerischer bei ihrer neuen Arbeitsstelle. Sie müssen besonders umworben werden. Die IT-Chefs stellen inzwischen fest, dass die Kandidaten nicht nur das Gehalt, sondern auch die Kultur des Unternehmens, die Marke, die Aufstiegschancen, das technologische Profil und die Geschäftsbeteiligung in ihre Entscheidungsprozesse einbeziehen.
Die CIOs sehen sich auf der Suche nach den richtigen IT-Talenten derzeit mit unzähligen Herausforderungen konfrontiert: Sie sorgen sich wegen der beschränkten "Talent-Pipeline", weil immer weniger junge Leute eine IT-Karriere anstreben - und wenn sie es tun, dann arbeiten sie lieber für Google als für eine Unternehmens-IT-Organisation. Außerdem werden bald viele IT-Fachkräfte der "Baby-Boomer-Generation" in den Ruhestand gehen. Die "Talent-Pipeline" ist auch eingeschränkt, weil sich die Anforderungen verändern. Viele IT-Organisationen wollen sich von techniklastigen Kostenverursachern zu Beratern für Geschäftsprozesse wandeln. Das erfordert einen neuen Typ von IT-Kraft, der technische Vielseitigkeit, zwischenmenschliche Fähigkeiten und unternehmerisches Wissen mitbringt.
Anforderung und Bewerber passen oft nicht zusammen
Es gibt noch weitere Probleme, die die CIOs derzeit bei der Rekrutierung haben: Oft passen Lebenslauf und Fähigkeiten der Bewerber nicht zum Anforderungsprofil. Die CIOs fürchten außerdem, dass das Lohngefüge durcheinander gerät, wenn für neue IT-Kräfte viel Geld bezahlt wird. Darüber hinaus sind sie frustriert von den Personalagenturen, deren Effizienz sie bezweifeln. Die Headhunter haben vor allem zu wenig Ahnung von der IT-Kultur und nehmen die Kandidaten zu wenig unter die Lupe. Auch die geografische Lage macht vielen CIOs einen Strich durch die Rechnung, weil viele gute Kandidaten nicht umziehen möchten.
Meistens konzentrieren sich die CIOs darauf, Professionals von anderen IT-Organisationen abzuwerben. Dabei ist der Talent-Pool größer: Er umfasst auch Studenten und aktuelle IT- sowie Business Professionals. Allerdings verlegen sich nur wenige IT-Organisationen auf diese Zielgruppen. Strukturelle und empfundene Barrieren verhindern den Kontakt zu diesen beiden Gruppen.
Studenten sind ein durchweg zu wenig genutzter Pool. Viele CIOs sind entweder nicht gewillt, in Studenten oder Absolventen zu investieren oder sind aufgrund schlechter Erfahrungen desillusioniert. Die größten Barrieren: 1. IT-Chefs wollen kein Budget für das Training von Neulingen ausgeben. 2. Praktikanten haben keinen klaren Karriereweg. 3. Studenten haben unrealistische Vorstellungen. 4. Unterschiede im Arbeitsstil verschiedener Generationen sorgen für Konflikte.
Pool der eigenen IT Professionals ist nicht ausgeschöpft
Auch der Pool der eigenen IT Professionals ist größer und erfolgversprechender als den meisten Chefs bewusst ist. Zu diesem Pool gehören auch Wissenschaftler, IT-Industrie-Experten oder andere IT Professionals im Unternehmen.
Business Professionals sind eine weitere große, aber bislang nicht wahrgenommene Quelle. CIOs interessieren sich hier vor allem für Business Professionals aus IT-nahen Gebieten, für Rotations-Transfers vom Business in die IT und für Kollegen der IT, zum Beispiel Leiter von Technologie-Projekten.
Um die Zielgruppe der Studenten,zu rekrutieren, erfordert es eine umfangreiche Vorgehensweise. Die Studie empfiehlt dabei einige praktische Schritte:
1. Früh anfangen - auf der Hochschule könnte es bereits zu spät sein: Wenn die Schüler ihr Abitur in der Tasche haben, könnten sie sich bereits gegen die IT entschieden haben, weil ihnen die Eltern und Berufsberater davon abgeraten haben. Diese machen sich immer wieder Sorgen, ob eine IT-Karriere Bestand hat, sind misstrauisch wegen des Medien-Hypes über Outsourcing und stellen sich die IT als eine Branche voll Freaks und Streber vor. Um das negative Bild der IT zu verändern, sollten sich IT-Unternehmen und -Abteilungen in Realschulen und Gymnasien vorstellen, mit Berufsberatern sprechen und den vielversprechenden Gymnasiasten Praktika anbieten.
2. Experten etablieren, die Beziehungen zu den Universitäten pflegen: Diese "College Relationship Manager" sollten Beziehungen zu Professoren aufbauen. Innerhalb der IT geben sie die Impulse zur Rekrutierung und arbeiten mit der Abteilung "Human Resources" zusammen. Gemeinsam planen sie zum Beispiel Messe-Auftritte und Recruiting-Tage. Auch nach der Einstellung werden die Absolventen von den "College Relationship Managern" betreut.
3. Das Praktikantenprogramm wiederbeleben: Praktikantenprogramme sind schwierig zu verwalten und aufrechtzuerhalten. Gleichwohl liegen ihre Vorteile auf der Hand. Deshalb sollte bei einem erfolgreichen Praktikantenprogramm darauf geachtet werden, dass die Studenten in verschiedene Bereiche der IT hineinschnuppern können. Projekte, die eindeutige Erfolgskriterien definieren, trennen gleich die Spreu vom Weizen. Außerdem ist es sinnvoll, das Praktikum mit Studien an der Universität zu verbinden. Die CIOs müssen ins Training investieren und frühere Praktikanten einbeziehen.
4. Partnerschaften mit Anbietern eingehen: Anbieter und andere Beteiligte der IT-Industrie haben überlappende Interessen mit der IT im Unternehmen - sowohl beim Anwerben der Studenten für eine IT-Karriere als auch beim Einstellen für bestimmte Positionen in der Firma. CIOs sollten daher versuchen, eine Symbiose mit der Anbieterseite einzugehen - bezüglich der Recruiting-Infrastruktur, der Trainingsprogramme, der Technologie und des Praktikanten-Sponsorings.
CIOs müssen ein Talent-Netzwerk aufbauen
Auch die zweite Zielgruppe, die gegenwärtigen IT Professionals, muss gefördert werden. Um sie besser anwerben zu können, empfiehlt die Studie vier Schritte:
1. In Verträgen mit IT-Dienstleistern sollten die CIOs immer ein Recht zur Abwerbung von Mitarbeitern festschreiben. Auf der anderen Seite haben jedoch viele CIOs Angst davor, dass die Dienstleister auch in ihrer IT-Organisation wildern. Aber weder CIOs noch Drittparteien können ihre Talente einsperren, und Personalbewegungen können beiden Seiten zugute kommen.
2. Interne Recruiting-Prozesse umgestalten: Die CIOs müssen das Recruiting erneuern, um auf den engen Arbeitsmarkt zu reagieren. Sie müssen der Abteilung "Human Resources" beibringen, die richtigen IT-Talente zu finden, und sie in laufende Verfahren einbinden. Außerdem müssen die Formen der Bewerberauswahl ausgeweitet werden. Sie dürfen sich nicht nur auf das traditionelle Interview beschränken. Die Verantwortlichkeiten für das Recruiting müssen klar definiert werden. Auch die sozialen Netzwerke dürfen nicht unterschätzt werden und sollten bei Bedarf wieder in Schwung gebracht werden.
3. Die Beziehungen zu Recruiting-Firmen besser strukturieren: Die CIOs müssen Spezialisten für IT-Recruiting auswählen und die Erwartungen genau klären. Sie müssen schon vorab deutlich kommunizieren, welche Ziele für sie Priorität haben - ob es zum Beispiel darum geht, die Stelle möglichst schnell zu besetzen oder aber den qualitativ hochwertigsten Kandidaten zu finden. Die Personalvermittler müssen genau instruiert werden, welcher Typ gefragt ist. Am besten ist es, wenn alle beauftragten Recruiting-Firmen die gleichen allgemeingültigen Standards für das Bewerbungsverfahren einhalten.
4. Ein Talent-Netzwerk aufbauen: Die meisten Fachkräfte sind Teil der passiven Mehrheit und betreiben nicht aktiv die berufliche Veränderung. Deshalb müssen die CIOs ihre Kontakte kultivieren, da viele der besten Angestellten aus einem solchen Netzwerk kommen. Der CIO sollte zu einem Talent Scout werden und ein Alumni-Netzwerk entwickeln. Ein schlauer CIO ebnet seinen Mitarbeiter auch den Weg aus der IT in eine andere Sparte. So kann er einen lebhaften Wechsel anfachen, von dem er dann auch selbst profitiert.
Business Professionals rekrutieren
Auch der dritten Zielgruppe, den Business Professionals, muss das eigene Unternehmen schmackhaft gemacht werden. Wer Business Professionals rekrutieren will, der muss an der Wahrnehmung der IT arbeiten und deutlich machen, dass sie ein Karriere-Kick sein kann - und kein Umweg. Deshalb müssen die CIOs kontinuierlich die Möglichkeiten der IT vermarkten, sich im Pool der Business-Kandidaten umschauen und sich zum Beispiel mit ihren Business-Kollegen austauschen. Überhaupt sollten sie Kommunikation und Mobilität ankurbeln.
Darüber hinaus betont die Studie, dass CIOs ihre Denkweise bezüglich des Recruitings ändern und ihre Talentquellen ausweiten müssen. Sie gibt vier Ratschläge: Die IT-Manager müssen aufhören, nach einem einzigen Königsweg zu suchen und beim Thema Personalbeschaffung selbst die Führung übernehmen. Das Thema sollte stets aus einer globalen Perspektive betrachtet werden. Hier gilt der berühmte Spruch: "Think globally, act locally". Zu guter Letzt muss der CIO die Marke promoten, um die Zielgruppen ins Unternehmen zu locken.
Recruiting IT Talent: Adjusting To A Hot Market
Die Forrester-Studie "Recruiting IT Talent: Adjusting To A Hot Market" befragte 34 Unternehmen zur Rekrutierung des IT-Personals.