Der alte Rasierapparat oder das Handy tut es nicht mehr? Künftig kann man solchen Elektroschrott auch beim Händler kostenlos wieder loswerden - eine kürzlich vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzesreform verpflichtet große Fachgeschäfte zur Rücknahme von Altgeräten. Das Ziel: Die Entsorgung soll leichter werden, damit mehr wertvolle Rohstoffe aus den Altgeräten recycelt werden können. Aber wie praktikabel ist die Regelung? Industrie und Verbraucherschützer haben Zweifel, und manche Händler fürchten eine Rückgabe-Welle.
Rund 780.000 Tonnen Elektromüll wurden laut Umweltbundesamt deutschlandweit zuletzt pro Jahr eingesammelt, darunter Toaster, Fernseher, Computer, Mixer, Waschmaschinen und Kühlschränke. Hinzu kommen geschätzte 500.000 Tonnen ausrangierte Geräte, die pro Jahr erst gar nicht in Recycling-Anlagen ankommen und damit nicht fachgerecht entsorgt werden. Vor allem viele Kleingeräte landen im Hausmüll und wandern in die Verbrennung, andere werden illegal exportiert oder verstauben in Kellern von Privatleuten.
Dabei enthalten die Geräte wahre Schätze - vom Kupfer über Zinn bis hin zum Gold. Um mehr davon zu heben, will der Gesetzentwurf von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) mehr Rückgabemöglichkeiten schaffen: Elektrogeschäfte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 400 Quadratmetern sollen demnach ausrangierte Geräte beim Kauf eines gleichwertigen neuen Geräts kostenlos zurücknehmen. Bis maximal 25 Zentimeter Kantenlänge können die Geräte auch ohne Neukauf und Kassenbon zurückgegeben werden. Wenn Bundestag und Bundesrat zustimmen, soll das Gesetz bis Jahresende in Kraft treten.
Aber gehen die Kunden künftig wirklich mit ihren alten Staubsaugern und Bügeleisen auf Shoppingtour? Was ist mit den vielen Spontankäufen, beispielsweise im Weihnachtsgeschäft? Und wie misst man eigentlich die Kantenlänge einer Kaffeemaschine? Das Gesetz stoße an Praktikabilitätsgrenzen, heißt es bei Experten. Auch die künftige Vielfalt der Sammelstellen wird teils kritisch gesehen. Statt für mehr Rücklauf von Altgeräten zu sorgen, dürften Rücknahme und Transport kleinteiliger und komplizierter werden, bemängelt etwa der Hausgerätehersteller BSH. Ähnlich sehen es die Branchenverbände ZVEI und Bitkom - und verweisen auf eine schlechtere CO2-Bilanz.
Europas größter Elektrofachhändler Media Saturn steht der Neuregelung erst einmal positiv gegenüber: Man begrüße jede Initiative, die das bestehende Sammel- und Entsorgungssystem verbessere, sagt eine Sprecherin. Die bürokratischen und finanziellen Mehrbelastungen für die Händler sollten dabei allerdings "in einem verträglichen und wirtschaftlich darstellbaren Rahmen" bleiben. Der Bundesverband E-Commerce wiederum fürchtet, dass Online-Händler von Paketen mit Elektromüll regelrecht überschwemmt werden könnten.
Aber auch Verbraucherschützer sind nicht begeistert von der Gesetzesreform. Dass die Rücknahmepflicht auf den größeren Handel beschränkt sei, verkompliziere die Sache, sagt Hyewon Seo, Referentin für Kreislaufwirtschaft beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Den Zielen Umweltschutz und Ressourcenschonung werde das Gesetz damit nicht ausreichend gerecht.
Zuversichtlicher zeigt sich die Entsorgungswirtschaft: Wenn es mehr Sammelstellen gibt, dürften die Verbraucher diese auch verstärkt nützen und ihren Elektroschrott seltener im Hausmüll verschwinden lassen, erwartet der Branchenverband BDE.
Grundsätzlich sei die Bereitschaft zur Mülltrennung sehr groß in Deutschland. Dass man bisher mit einem kaputten Toaster oder Fön aber zum Wertstoffhof fahren musste, sei vielen Leute zu aufwendig gewesen, sagt BDE-Präsident Peter Kurth. "Heute werden geschätzt 70 Prozent der Elektro-Kleingeräte über den Restmüll und die Müllverbrennung entsorgt. Wir rechnen damit, dass das neue Elektro- und Elektronikgerätegesetz hier zu einer wesentlichen Verbesserung führt." (dpa/rs)