Rund ein Fünftel der Bevölkerung in Deutschland besteht mittlerweile aus den so genannten Millennials - der Generation Y, und schon heute stellen die etwa 25- bis 39-Jährigen einen großen Anteil genau jener qualifizierten Arbeitskräfte, die der Markt bedingt durch den demografischen Wandel dringend benötigt. Die Nachfrage ist groß, der "War for Talents" läuft.
Allerdings geht die die Meinung darüber auseinander, wie die konkrete Zuteilung der Begriffe zu bewerten ist. Grob lässt sich sagen, dass zwischen 1980 und 2000 Geborene zu den Millennials gezählt werden. Abgeleitet aus dem Englischen, "Generation Y wie Why", gilt sie als die Generation der Unentschlossenen - eine, die sich nicht festlegen will. Wer noch weiter geht, nennt sie verweichlicht sowie wenig kritikfähig und sagt ihr vermeintlich zu hohe Anspru¨che nach.
Im Coaching-Alltag ist von älteren Führungskräften und Geschäftsführern zu hören, dass sie die Zusammenarbeit mit den Millennials als schwierig empfinden. Diese setzen auf Zeit für sich statt auf Karriere, wollen mitreden und am liebsten mitbestimmen. Sie hinterfragen Entscheidungen, Hierarchien, Strukturen und Prozesse. Sie fordern Teilzeitmodelle und Home-Office, ein offenes Ohr für gegenseitiges Feedback und springen nicht auf die Motivatoren der vorangegangenen Generationen an. Statussymbole haben ihre Wirkung verloren, genauso wie der Aufstieg in steilen Hierarchien.
Was sich breit macht, ist Unverständnis bei Managern, die zu oft nicht begreifen, dass das Streben nach einer Work-Life Balance und die Sinnfrage nicht ein Zeichen von Arroganz oder mangelndem Interesse am Job sind, sondern dass sich die Auffassung von Arbeit verändert hat. Was sich oft allerdings nicht verändert hat, ist die Vorstellung vom Arbeitsplatz, die Führungskräfte haben.
So tickt die Generation Y
Mitarbeiter der Generation Y definieren Arbeit für sich neu und bringen ein neues Wertesystem mit. Sie bejahen Leistung, sehen Arbeit aber nicht mehr als erstrebenswerten Lebensinhalt, sondern als Weg zum Existenzerhalt. Der Job soll am liebsten sinnstiftend sein. Zudem schätzen Millennials es, Teil einer Vision zu sein. Unternehmen, die das erkennen und entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, können sich auf ein motiviertes, gut ausgebildetes und äußerst flexibles Team freuen.
Wer auf alten Strukturen beharrt, zieht den Kürzeren und wird mit Fluktuation zu rechnen haben: Der Deloitte Millennial Report 2016 prognostiziert, dass 66 Prozent der Berufstätigen zwischen 25 und 35 bis zum Jahr 2020 bereit sind, ihren jetzigen Job hinter sich zu lassen. 13 Prozent planen sogar in den kommenden sechs Monaten zu kündigen. Die spannende Frage ist: Wie lässt sich der War for Talents gewinnen und wie kann man ein Team aus Millennials erfolgreich führen und halten?
In Gesprächen mit Führungskräften wird immer wieder deutlich, dass die "alte" Art zu führen an ihre Grenzen stößt. Diese Erkenntnis stellt auf unbequeme Weise etablierte Führungsmodelle in Frage. Sie ist aber notwendig, um eine nachhaltige und tiefgreifende Veränderung zu ermöglichen. Problematisch wird es besonders, wenn in Unternehmen nach außen flache Hierarchien, Kommunikation auf Augenhöhe und ein kooperierender Führungsstil propagiert werden, die Realität im Unternehmensalltag bei genauem Hinsehen jedoch anders aussieht: Führung wird stattdessen in Hierarchien gelebt, deren Autorität auf einem Mehr an Erfahrung und Information basiert.
Von Mitarbeitern wird erwartet, dass sie folgen. Führung wird daran gemessen, wie gut sie Mitarbeiter "auf der Spur" hält. Erfolgreiche Performance ist zu häufig noch an geleistete Bürostunden geknüpft statt an der Qualität beendeter Projekte.
Wer jetzt glaubt, dass ein Schrauben an den Rahmenbedingungen des Arbeitsplatzes ausreicht, den muss ich enttäuschen. Halbherzig gemachte Zugeständnisse bei den Themen Home-Office und Präsenzzeiten reichen nicht aus, um zu überzeugen. Der Wertekonflikt ist programmiert, reicht aber noch weiter - auch der Einklang zwischen nach außen getragener Vision und gelebtem Alltag ist für die Millennials ausschlaggebend.
Eine neue Art der Zusammenarbeit
Meine Erfahrung als Seriengründer, der selbst zur Generation Y gehört und dessen Teams schon immer mehrheitlich aus Millennials bestanden, zeigt, dass ein unterstützender Führungsstil zu zufriedenen Mitarbeitern und gemeinsamen Erfolgen führt. Die Prinzipien dieses gesunden Führens sind vor allem ein wertschätzender Kommunikationsstil sowie das Schaffen einer Arbeitsatmosphäre, in der Probleme offen angesprochen und gemeinsam gelöst werden. Konstruktive Feedbackkultur ermöglicht Lernen, die Chance auf individuelle Weiterentwicklung, die von der Generation Y geschätzt wird, und damit auch gemeinsames Wachstum.
All das klingt in der Theorie einfach, in der Praxis kann es jedoch zur Herausforderung werden, besonders wenn die Stressbelastung hoch ist. Jede Führungskraft weiß, wieviel Kraft es kosten kann, Druck nicht unverhältnismäßig weiterzureichen und "auf den Tisch zu hauen", sondern sich die Verantwortung bewusst zu machen, die an die eigene Position geknüpft ist. Gemeinsames Wachstum erreicht, wer sein Team hinter sich vereint. Dazu ist es wichtig, achtsam auf die Bedürfnisse und Meinungen der eigenen Mitarbeiter zu hören und dem Team nachvollziehbar mitzuteilen, was für das Projekt oder das Unternehmen wichtig ist und welche Rolle jeder Einzelne spielt. Wem das erfolgreich gelingt, sorgt dafür, dass alle in einem Boot sitzen und an einem Strang ziehen.
In einer kollaborativen Umgebung, in der Hierarchiestufen fließend sind, entstehen zudem viel eher Innovation und Kreativität als in den hierarchischen Silos der Vergangenheit. Wer mit Haltung führt und an seiner eigenen Rolle im Team arbeitet, wird zum Vorbild. Der so entstehende Respekt ist bedeutend nachhaltiger als der durch Hierarchien geschaffene.
Ich kann nur jedem Management raten - miteinander zu sprechen statt übereinander. Nur mit wertschätzender Kommunikation und der Bereitschaft als Führungskraft immer weiterzulernen - auch vom eigenen Team - entsteht ein Arbeitsumfeld, in dem Millennials als Arbeitnehmer und Führungskräfte gleichermaßen ihr Potenzial und Engagement entfalten. Ich muss als Chef das Steuer nicht dauerhaft abgeben, aber bereit sein zuzuhören und damit auch mal anderen das Ruder zu überlassen. Ein Umfeld schaffen mit einer klaren und authentischen Vision am Horizont. Und vor allen Dingen begreifen, dass mein Team und ich im selben Boot sitzen. Dabei darf auch ich Fehler machen und diese eingestehen. Authentizität und eine integre Haltung sind als Chef für die Generation Y heutzutage wichtiger als perfekte Performance.