CIOs sind Fachidioten, die sich wie Wanderarbeiter von einem IT-Job zum nächsten hangeln und für strategische Führungsaufgaben mangels Horizonts schlicht ungeeignet sind. Klingt nach einem bösartig zugespitzten Klischee. Unerfreulich für IT-Chefs ist allerdings, dass das Gros der CEOs offenbar genauso denkt, wie aus einer Gartner-Studie unter mehr als 200 Vorstandschefs von Großunternehmen weltweit hervorgeht.
Ein zentrales Ergebnis der Befragung: Dass der CIO an den CFO oder den COO berichtet, wird von den meisten CEOs als sinnvoll oder selbstverständlich betrachtet. Dieser Berichtsweg diene dem Ziel einer Senkung der IT-Ausgaben, sei immer schon so gewesen oder dem Umstand geschuldet, dass die Rolle nicht als strategisch relevant betrachtet werde. Die Mehrheit der CEOs nennt den CFO als engsten strategischen Berater, kaum einer verweist hingegen auf den CIO.
Die Analysten wundern sich
Zum Trost sei angemerkt, dass sich die Analysten schwer über diesen Befund wundern: „In einer Zeit, in der die Geschäftswelt geradezu von einer digitalen Erschütterung getroffen wird und in der sechs der zehn wirkungsmächtigsten Marken Technologiefirmen gehören, fragen wir uns, warum dieCIO-Rolle so geringgeschätzt wird“, heißt es in der Studie.
„Es mag vielleicht daran liegen, dass die meisten der heutigen CIOs nicht für befähigt gehalten werden, eine allgemeine Führungsposition auszufüllen“, so Gartner weiter. „Man geht auch nicht davon aus, dass sie zum Kern des Unternehmens oder wenigstens der Branche vorgedrungen seien.“ Als nächsten Karriereschritt für ihren CIO stellen sich die meisten CEOs den Wechsel in eine andere CIO-Position vor, am besten in der gleichen Branche. Nur wenige sehen im IT-Chef das Zeug zu mehr.
Gartner bedauert also derlei Verkennung der IT und ihrer wichtigsten Repräsentanten. Als Rezept empfehlen die Analysten, die Ansprüche an den CIO nach oben zu schrauben. Die Rolle solle vor allem unter den GesichtspunktenInnovation und Strategie neu definiert werden. Entweder sollten besser qualifizierte Kandidaten für den Job gesucht werden, oder aber die Personalabteilung solle gemeinsam mit dem CEO den CIO durch Mentoring, Schulung, Anreizpläne und klare Business-Ziele unter die Fittiche respektive an die Kandare nehmen. Wenn sich keine geeigneten Kandidaten fänden, dürfe ein Unternehmen von Format keinesfalls auf Mittelmaß setzen. Lieber eigene Leute aufbauen und qualifizieren, so die Devise.
CEOs halten sich für Innovationsführer
Fragt man die CEOs nach relevanten Informationen, die zusätzlich aufbereitet werden könnten, denken die meisten an Kunden- und Verkaufsdaten sowie an Informationen über die Konkurrenz. Über die konkrete Art von Daten hat indes nur die Hälfte eine klare Vorstellung. Gartner empfiehlt an dieser Stelle eine Diskussion zwischen CIOs und CEOs über derlei Fragen. In Frage kämen beispielsweise Vergleiche von Transaktionen in Euro mit anderen Währungen.
Gartner hält in jedem Fall Fragen wie Informationsstrategie und Governance für künftig entscheidend. „Ein Durchmogeln ohne Disziplin wird führende Firmen bald starker neuer Konkurrenz aussetzen“, so die Analysten. Der CIO sollte sich idealerweise an die Speerspitze dieser Entwicklung setzen und sich darauf konzentrieren, neuartige Informationen von geschäftskritischer Bedeutung zu filtern.
Ins „Innovationsmanagement“ wollen die CEOs tendenziell mehr als bisher investieren. Interessanterweise halten sich etwa ein Drittel der CEOs selbst für die Innovationsführer im Unternehmen, während nur wenige den CIO nennen. Angesichts der raschen Business-Digitalisierung müssten derart selbstbewusste CEOs eigentlich eine besonders enge Arbeitsbeziehung zu ihrem CIO pflegen, kommentiert Gartner. CIOs sollten ihre IT-bezogenen Kenntnisse über unmittelbare Marktwettbewerber erweitern und eine produktive Beziehung zu der Person entwickeln, die vom Vorstandschef als Innovationstreiber betrachtet wird.
Mehr Geld für die IT
Aus CIO-Sicht erfreuliche Erkenntnisse enthält die CEO-Studie von Gartner kaum. Gut klingt erst einmal, dass zwei von drei CEOs geneigt sind, die IT-Ausgaben zu erhöhen. Allerdings verweisen die Analysten auch hier auf Gefahren, die von aktuellen Trendthemen ausgehen: Social Media, Mobile IT und Cloud Computing führen CEOs demnach in Versuchung, auf unausgegorene Weise nach Wettbewerbsvorteilen zu suchen.
Beispielsweise könne Facebook dazu führen, dass der Chef irgendwie „mehr mit Social Media“ machen möchte und Jungmanagern Geld für oberflächliche Web 2.0-Versuche in die Hand drückt. Ähnliches könne passieren, wenn der CEO viel mit seinem iPad macht und einige Apps allzu „cool“ findet. Nicht ungefährlich ist außerdem, wenn der Vorstandsvorsitzende zu viel über die vermeintlichen Vorteile wunderprächtiger Cloud-Lösungen liest. Was CIO da machen soll? Gartner macht unverhohlen Eigenwerbung und verweist auf eigene Hype Cycles und Studien, die Aufreger und Luftblasen als solche entlarvten. Damit könnten CIOs gegenüber dem CEO argumentieren, so die Analysten.
CRM das liebste IT-Spielzeug der CEOs
Allgemein gehen 85 Prozent der Befragten davon aus, dass ihr Unternehmen von einer Wirtschaftskrise in diesem Jahr betroffen sein wird. „Kostenerwägungen haben heute die zweitgrößte Priorität. Dies ist der höchste Wert in unseren Umfragen seit 2009“, sagt Mark Raskino, Vice President und Gartner Fellow. „CEOs scheinen jedoch am Wachstum als oberste Priorität weiterhin festzuhalten und verfolgen hierbei geographisches Wachstum als vorrangiges Ziel.“
„Immerhin ist die Absicht, in Technologie zu investieren, vergleichsweise gesund“, ergänzt Analyst Jorge Lopez. Neue Trends wie Mobile oder Cloud hätten inzwischen die Aufmerksamkeit der CEOs gewonnen. „Dennoch bleibt CRM das liebste IT-Spielzeug der CEOs, weil Marketing immer ein zentraler Aspekt der Kundenbindung bleibt.“ Die größte Schwierigkeit in vielen Unternehmen sei nach wie vor, die richtige Art von Führung und Change-Management zu finden.
Die Studie „CEO Survey 2012: The Year of Living Hesitantly“ ist bei Gartner erhältlich.