Telemetrie im Rennsport
Blackbox statt Boxenluder
Die Formel 1 ist auch ein Infozirkus. In dieser Saison dürfen die bis zu 900 PS starken Rennwagen noch beliebig Daten durch den Orbit pumpen; dann wird die IT im Grand-Prix-Sport, die Fahrer zu Passagieren und Lenkräder zu Denkrädern macht, um gut 20 Jahre zurückgeschnitten.
1981 benötigte man nur ein paar Sensoren, um die wichtigsten Parameter (Drehzahl, Öltemperatur, Öldruck) zu messen, dazu eine Steuereinheit und Software plus Funk. Ab 1984 meldeten die Fahrer ihre Nöte und die Autos ihr Befinden an die Box. Zwar ließen sich so viele Unfälle und Motorschäden verhindern. Als jedoch Autos telemetrisch gedrosselt und Siege willkürlich vergeben wurden, erkannte der Weltverband FIA das Missbrauchspotenzial von bidirektionalem Funk und verbot ihn - mit Ausnahme der Saison 2002 bis heute.
Aber schon der einfache Datenfluss vom Auto zur Box hat es taktisch in sich. "Elektronik und Datenverarbeitung sind alles, denn die Fahrer sind sowieso alle gleich gut", sagt Toyota-Konstrukteur Gustav Brunner. Diese Aussage steht bis zum geplanten Telemetrieverbot Ende 2003.
Rund 200 Sensoren haben die Boliden an Bord. Ihre Daten werden mit 9600 Bit pro Sekunde, der üblichen Modemgeschwindigkeit vor zehn Jahren, über die anderthalb Millionen Euro teuren Telemetrietürme zum Kommandostand gefunkt; wenn ein Auto an der Box vorbeizischt, fließt im Burst-Modus ein Vielfaches davon. Der größte Teil der Daten - von Schumis Drehzahlen über Frentzens Drosselklappenstellung bis zur Nickbewegung an Heidfelds Sauber - wird aber erst nach dem Rennen oder Training über eine Steckverbindung aus der Blackbox, der elektronischen Steuerungseinheit der Autos, abgerufen. Zehn Gigabyte pro Auto kommen da schon mal zusammen, nicht nur zur Freude der Beteiligten: "Vorher hatten wir massenweise Groupies", lamentiert Ex-Profi Gerhard Berger, "dann überrollten uns die Daten." Und Ex-Weltmeister Mika Häkkinen meckert: "Ich bin doch kein Arzt, nur Fahrer."