CIO des Jahres


Olympus Carve-out

CIO Hong Huang-Bolz stellt IT von Evident neu auf

Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Nach dem Spin-off von Olympus war die IT von Evident besonders gefordert. Die klare Linie von CIO Huang-Bolz überzeugte beim CIO des Jahres 2023.
  • CIO des Jahres 2023
  • 1. Platz, Kategorie Mittelstand
Hong Huang-Bolz, CIO von Evident, ist die Mittelstandsgewinnerin beim "CIO des Jahres 2023".
Hong Huang-Bolz, CIO von Evident, ist die Mittelstandsgewinnerin beim "CIO des Jahres 2023".
Foto: Privat

Im April 2022 hat die Olympus Corp. den Carve-Out ihres Geschäftsbereichs Scientific Solutions in eine 100-prozentige Tochtergesellschaft, die Evident Corp., abgeschlossen. Zwölf Monate später wurde die 4.300 Mitarbeiter starke Einheit planmäßig an das Privat-Equity-Unternehmen Bain Capital verkauft.

Die Maßnahme war Teil eines 2021 beschlossenen Strategiewechsels von Olympus: Das Unternehmen hatte entschieden, sich ganz auf das Geschäftsfeld Medizintechnik zu konzentrieren. Der ausgelagerte Geschäftsbereich, der etwa 15 Prozent des Konzernumsatzes ausmacht, sollte zu einem eigenständigen Unternehmen geformt werden - unter dem Dach von Bain Capital. Die Investoren hatten die ehemaligen Olympus-Sparte Scientific Solutions, bestehend aus dem Industrie- und Life Science-Geschäft, für 3,1 Milliarden Dollar übernommen.

Evident kombinierte Carve-out mit Cloud-Migration

CIO von Evident für den Großraum Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA) ist Hong Huang-Bolz. Sie verantwortet ebenfalls die Enterprise Architecture der globalen Organisation. Im Wettbewerb "CIO des Jahres 2023" von CIO-Magazin und COMPUTERWOCHE war Huang-Bolz erfolgreich, weil es ihr in kürzester Zeit gelang, den IT Carve-out erfolgreich umzusetzen. Mit einem neu zusammengestellten, hochmotivierten IT-Team rationalisierte die CIO die Anwendungslandschaft und startete eine umfassende Cloud-Transformation.

Die ehemalige Olympus-Sparte Scientific Solutions ging in Evident auf und ist wie zuvor im Industrie- und Life Science-Geschäft unterwegs.
Die ehemalige Olympus-Sparte Scientific Solutions ging in Evident auf und ist wie zuvor im Industrie- und Life Science-Geschäft unterwegs.
Foto: Evident Scientific Website (Evident Corporate Communication)

Die Aufgabe war auch deswegen so herausfordernd, weil der Geschäftsbereich Scientific Solutions tief in das Medizintechnik-Business integriert war. Das betraf nicht nur die IT-Systeme, sondern auch die Geschäftsprozesse. In der ersten Phase, zwischen September 2021 und April letzten Jahres, musste das Evident-Geschäft vorübergehend als selbstverwaltete juristische Einheit innerhalb der Olympus-Gruppe aufgestellt und IT-technisch unterstützt werden. Zum 1. Januar 2023 galt es dann, die gesamte IT-Infrastruktur und die Daten aus der Muttergesellschaft herauszulösen, um einen reibungslosen Übergang auf den neuen Eigentümer zu gewährleisten.

Anwendungen mussten mit großem Aufand geklont werden

"Der größte IT-Aufwand bestand darin, die SAP-Systeme, Salesforce und die damit verbundenen Anwendungen zu klonen", sagt Huang-Bolz. Ihr Team habe die Struktur der neuen juristischen Einheiten in 17 Ländern implementieren und die Evident- von den Olympus-Kunden mit allen zugehörigen Transaktionen trennen müssen. Im Zuge des Umbaus wurden die Applikationslandschaft auf SAPSAP und Salesforce vereinheitlicht und europaweit harmonisierte Prozesse eingeführt. Ganz nebenbei löste das Team im Zuge dieser Umbaumaßnahmen die gesamte veraltete Systemlandschaft in Großbritannien ab, die einer dringenden Überholung bedurfte, und überführte auch diese Landesorganisation in die SAP- und Salesforce-Welt. Alles zu SAP auf CIO.de

Das Evident-Team folgte der CIO zufolge einem "Zero-Base-Prinzip", um das Anwendungsportfolio zu rationalisieren. Alle Applikationen, die in den Ländern im Einsatz waren, mussten einen "Request-to-Keep"-Prozess durchlaufen, das heißt: Das Enterprise-Architecture-Team überprüfte die geschäftliche Rechtfertigung für den weiteren Betrieb und den Zustand der Anwendungen, ehe es eine Empfehlung an der Vorstand weitergab. Dabei gelang es, die Zahl der Anwendungen von 360 auf 150 zu reduzieren.

Für die Business IntelligenceBusiness Intelligence Capabilities stand schnell fest, dass ein Neustart auf der grünen Wiese der richtige Weg ist. In nur vier Monaten wurden in einem agilen Vorgehen die wichtigsten Dashboards auf einer hochmodernen Data & Analytics-Plattform in der Cloud neu aufgebaut. Inzwischen ist der globale Roll-Out der Plattform in vollem Gange. Dank des starken Supports vom Vorstand konnte ein aus den regionalen Business- und IT-Kollegen geformtes BI-Team zum ersten Mal eine vollautomatisierte und von allen akzeptierte Sicht auf die Sales-Zahlen aller Rgionen herstellen. Inzwischen setzt das Team eine globale BI-Roadmap um Die wertvollen Daten helfen Evident, das globale Geschäft besser zu steuern. Alles zu Business Intelligence auf CIO.de

Eine Herausforderung bestand darin, dass das Team Evident bis zum Übergang an Bain Capital unter dem Dach von Olympus als eigenständiges Unternehmen in dessen IT-Infrastruktur weiterbetreiben musste. Gleichzeitig galt es, Vorbereitungen für die neue Welt als eigenständiges Unternehmen zu treffen. Die IT-Umgebung von Olympus zu replizieren, hätte der CIO zufolge keinen Sinn ergeben, da sie nicht zum Geschäft und den Prozessen des neuen Unternehmens gepasst hätte. Also wählten Huang-Bolz und ihre Mitstreiter einen "Greenfield"-Ansatz und implementierten weltweit eine Cloud-first-Infrastruktur in der Microsoft-Azure-Welt.

Migration aus dem Olympus-RZ in die Azure-Cloud

"Wir migrierten vom Olympus-Rechenzentrum zur Azure-Hosting-Plattform und wandelten, wo immer möglich, Anwendungen von der On-Premise- in eine SaaS-Version um", so die IT-Verantwortliche. Zu den Migrationsaufgaben gehörten Datenbereinigung, Änderungen an E-Mail-System, Teams und der Systemanmeldung, die Neuinstallation von Laptops mit angepassten Images, das Zurücksetzen von Mobilgeräten und vieles mehr. "Wir haben diese komplexe IT-Migration mit einem effektiven Change Management orchestriert", sagt Huang-Bolz. Das sei unerlässlich gewesen, um die Anwender durch die schwierigen Veränderungen zu führen und bei Laune zu halten. Gleichzeitig galt es, negative Auswirkungen für die Kunden zu verhindern und die Kontinuität des Geschäftsbetriebs sicherzustellen.

Huang-Bolz vergleicht ihren Job mit dem einer Gärtnerin

Doch wie gelang es, mit einer viel kleineren IT-Mannschaft als zu Olympus-Zeiten auszukommen? "Wir waren von Anfang an darauf bedacht, ein Team mit einer starken Leistungskultur und einer agilen Denkweise aufzubauen", sagt die CIO. "Außerdem war es uns wichtig, den IT-Service zu automatisieren und Low-Code-/No-Code-Lösungen einzusetzen, wo immer wir konnten." Sie ist überzeugt: "Gelingt es, das Wachstum jedes einzelnen Mitarbeiters zu unterstützen, wird auch das Unternehmen insgesamt wachsen."

Huang-Bolz vergleicht sich mit einer Gärtnerin: "Unser Arbeitsumfeld ist für uns so wichtig wie der Garten für die Pflanzen. Durch eine enge Partnerschaft mit dem Business, die sich an unserer Unternehmensvision orientiert, schaffen wir ein Umfeld, das die IT-Vision mit der Konzernstrategie verbindet." Ein Gärtner wisse, dass verschiedene Pflanzen ein unterschiedliches Umfeld und unterschiedliche Unterstützung bräuchten. "Es macht mir Spaß, das Team zu unterstützen und ihm zu helfen, sein Potenzial freizusetzen. Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam einen positiven Einfluss auf das Unternehmen und unsere Kunden erzielen."

Das sagt die Jury vom "CIO des Jahres 2023"

Dass Huang-Bolz das Carve-out-Projekt in so kurzer Zeit erfolgreich durchgeführt hat - einschließlich einer Cloud-Transformation und dem Aufbau eines neuen IT-Teams - hat die Jury vom "CIO des Jahres" sehr beeindruckt. Für Ihre Leistung erhält die CIO den 1. Platz in der Kategorie Mittelstand. Jens SchulzeJens Schulze, CIO vom Universitätsklinikum Frankfurt, lobt explizit: "Evident und dessen IT haben die Chance genutzt und in der Kürze der Zeit ein hervorragendes Ergebnis erzielt, um sich als eigenes Unternehmen zu etablieren. Gerade bei diesem Projekt wird die Abhängigkeit von der IT für den Unternehmenserfolg deutlich." Marion Weissenberger-Eibl, Professorin am Karlsruher Institut für Technologie, hebt den "starken strategischen Fokus auch hinsichtlich des Business" und den großen "Wertbeitrag der IT für interne und externe Kunden" hervor. Huang-Bolz sei es gelungen, die "IT als One-Stop-Shop für das Business hinsichtlich der Prozesse und der IT" aufzustellen. (kf) Profil von Jens Schulze im CIO-Netzwerk

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