Schummeln im Homeoffice

Das ungute Gefühl der Arbeitgeber

Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Viele Mitarbeiter arbeiten weiterhin aus dem Homeoffice, womit die arbeitgeberseitige Kontrollmöglichkeit über die Arbeitszeit sinkt. Ob die so gewonnene Freiheit etwa für andere Aktivitäten genutzt wird, interessiert immer mehr Arbeitgeber - allerdings sind die rechtlichen Hürden, das zu überprüfen, hoch.

Es mehren sich Berichte über Fälle von Beschäftigten, die trotz angeordneter Arbeit im HomeofficeHomeoffice kaum noch erreichbar sind beziehungsweise sogar während ihrer Arbeitszeit Tätigkeiten bei anderen Arbeitgebern nachgehen, um sich so ihren Verdienst "aufzubessern". Alles zu Home Office auf CIO.de

Muss man erreichbar sein, wenn sich der Chef im Homeoffice meldet? Je länger die Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten, desto mehr arbeitsrechtliche Fragen entstehen.
Muss man erreichbar sein, wenn sich der Chef im Homeoffice meldet? Je länger die Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten, desto mehr arbeitsrechtliche Fragen entstehen.
Foto: Lipik Stock Media - shutterstock.com

Wer im Homeoffice seine Arbeitszeit eigenmächtig reduziert, weil es keiner bemerkt, begeht eine erhebliche Pflichtverletzung. Diese stellt regelmäßig einen sogenannten wichtigen Grund gemäß Paragraf 626 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar und kann selbst im erstmaligen Fall eine außerordentlich fristlose Kündigung nach sich ziehen.

Arbeitsrechtler sprechen dann von einem Arbeitszeitbetrug zu Lasten des Arbeitgebers. "Sicherlich muss es sich dabei um mehr als ein paar Minuten handeln, die einmal versehentlich zu wenig gearbeitet werden", so Michael Fuhlrott, Arbeitsrechtler und Professor an der Hochschule Fresenius in Hamburg. "Wer hier aber bewusst handelt, riskiert damit seinen Arbeitsplatz", warnt Fuhlrott und verweist auf entsprechende Urteile des Bundesarbeitsgerichts (zum Beispiel BAG, Urteil vom 9. 6. 2011- 2 AZR 381/10).

Homeoffice-Betrug - Arbeitgeber sind beweispflichtig

Der Arbeitgeber muss allerdings in einem späteren Kündigungsschutzprozess den Arbeitszeitbetrug darlegen und ihn im Zweifelsfall beweisen. "Hierfür wird es nicht genügen, dass der Arbeitnehmer schlecht erreichbar war oder etwa am Vormittag beim Bäcker gesehen wurde", so Fuhlrott. "Der Arbeitnehmer wird im Homeoffice seine Pausen regelmäßig selbst einteilen können. Vorgaben des Arbeitgebers wie feste Zeiten für eine Erreichbarkeit oder tägliche Abstimmungsmeetings per Telefon oder Video dürfen aber angeordnet werden", so der Arbeitsrechtler. "Wird der Arbeitnehmer aber während seiner Arbeitszeit bei einem zweistündigen Einkaufsbummel beobachtet oder geht er sogar einem Zweitjob bei einem Dritten nach, ist die Grenze definitiv überschritten", so Fuhlrott weiter.

Der Einsatz eines Detektivs zur Gewinnung von Beweismitteln einer Pflichtverletzung ist im deutschen Arbeitsrecht nur ausnahmsweise möglich. Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) erlaubt einen solchen Einsatz gemäß Paragraf 26 Absatz 1 nur dann, wenn konkrete Verdachtsmomente eines Arbeitszeitbetrugs im Raume stehen. "Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer dauerhaft im Homeoffice kaum erreichbar ist, dafür keine Erklärung abgeben kann und insbesondere noch weitere Umstände wie etwa eine stark verminderte Produktivität hinzutreten", so Fuhlrott. In einem solchen Fall kann ein Detektiveinsatz, also eine heimliche Überwachung des Arbeitnehmers, ausnahmsweise zulässig sein.

Unzulässige Überwachung im Homeoffice und die Folgen

Fuhlrott rät jedoch zur Vorsicht: "Insbesondere eine anlasslose Überwachung von Arbeitnehmern aufs Geratewohl, also ins Blaue hinein, ohne einen solchen auf Tatsachen gestützten Verdacht, stellt eine erhebliche Persönlichkeitsrechtsverletzung des Betroffenen dar".

Selbst wenn sich in einem solchen Fall eine Pflichtverletzung durch die anlasslos durchgeführte Überwachung dokumentieren lässt, wird diese als Beweismittel in einem Arbeitsgerichtsverfahren regelmäßig nicht verwertet werden dürfen, wie das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung (zum Beispiel im Urteil vom 29.6.2017 - 2 AZR 597/16) urteilt. Daneben drohen dem Arbeitgeber auch empfindliche Bußgelder der jeweiligen datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörde.

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