Wall Street und Waffen
Der Druck auf die Finanzbranche steigt
An Geschäften mit Waffenfirmen störte sich die Finanzindustrie bislang wenig. Doch die Diskussion im Zuge des Parkland-Massakers hat auch die Wall Street erfasst. Die Vielzahl an Amokläufen in den USA bringt nicht nur die Waffenbranche, sondern auch ihre Geldgeber unter Druck. Vermögensverwalter und Banken geraten wegen Investitionen und Geschäftsbeziehungen zunehmend in die Kritik. Mit Blackrock, Citigroup und Bank of America zogen drei Schwergewichte erste Konsequenzen. Folgt der Rest ihrem Beispiel?
"Wir wollen auf jede uns mögliche Art dazu beitragen, diese Massaker zu reduzieren", sagte die Bank-of-America-Managerin Anne Finucane in der vergangenen Woche dem US-Sender Bloomberg TV. Deshalb werde man kein Geld mehr an Unternehmen verleihen, die Schusswaffen im militärischen Stil zum zivilen Gebrauch fertigen. Gemeint sind martialische Sturmgewehre wie das AR-15, die häufig bei Amokläufen eingesetzt werden. Ihre Bank habe die Firmen bereits informiert, ihnen dafür keine Finanzierung mehr zu gewähren, berichtete Finucane.
Es sei ermutigend, dass sich das Institut der Gruppe von Unternehmen anschließe, die sich dafür einsetzten, Amerika sicherer zu machen, sagte Avery Gardiner von der Brady Campaign, einer der bekanntesten Initiativen gegen Waffengewalt. Im März hatte mit der Citigroup bereits eine andere US-Großbank auf die Proteste nach dem Massaker reagiert, bei dem am 14. Februar 17 Menschen an einer High School in Parkland im US-Bundesstaat Florida erschossen wurden.
Die viertgrößte US-Bank beschloss, Geschäftspartnern aus dem Einzelhandel den Verkauf von Waffen an Kunden unter 21 Jahren zu verbieten und ihnen vorzuschreiben, alle Käufer durch sogenannte Background-Checks zu überprüfen. Auch den Handel mit Schnellfeuermagazinen und sogenannten Bump Stocks, mit denen halbautomatische Waffen zu Maschinenpistolen umgerüstet werden, will die Citigroup untersagen. Mit Hilfe solcher Vorrichtungen hatte ein Amokläufer im Oktober mehr als 50 Menschen in Las Vegas erschossen.
Der Finanzriese Blackrock sorgte jüngst ebenfalls für Schlagzeilen, indem er Investmentfonds unter Ausschluss von Herstellern und Händlern von zivilen Schusswaffen versprach. Neben einer Reihe neuer Anlageprodukte sollen künftig auch einige bestehende Fonds ohne Waffenfirmen auskommen. Dadurch fliegen Einzelhändler wie Walmart oder Dick's Sporting Goods aus einigen Portfolios des mit 6,3 Billionen Dollar an Anlegergeldern weltgrößten Vermögensverwalters. Im Februar hatten mit State Street und Blackstone schon zwei andere Fondsriesen ihre Engagements bei der Waffenindustrie hinterfragt.
Nicht nur Banken und Fondsgesellschaften bringt die öffentliche Diskussion unter Erklärungsdruck. Der oberste New Yorker Rechnungsprüfer Thomas DiNapoli verschickte kürzlich Briefe an die Chefs großer Finanzfirmen wie Mastercard, Visa, American Express oder Wells Fargo, um sich zu erkundigen, wie ein System zum Erschweren von Waffenkäufen mit Kreditkarten installiert werden könnte. DiNapolis Wort hat Gewicht. Er ist für die Finanzen des drittgrößten US-Pensionsfonds zuständig, der Mittel zur Altersvorsorge von öffentlichen Angestellten des Bundesstaates New York verwaltet.
Doch ob es wirklich zu einem großen Umdenken an der Wall Street kommt, darf durchaus bezweifelt werden. Die Entscheidungen von Blackrock und Co. könnten zwar die vielen anderen Finanzfirmen und Banken unter Zugzwang bringen, die sich bislang um das Thema herumdrücken. Aber allein schon am riesigen Anlagevolumen des Vermögensverwalters selbst wird rasch ersichtlich, dass die angekündigten "waffenfreien" Fonds eigentlich kaum ins Gewicht fallen.
So bleibt Blackrock etwa einer der größten Aktionäre führender Waffenschmieden wie Sturm Ruger oder Smith & Wesson. Um ein politisches Statement handelt es sich ohnehin nicht, man habe lediglich auf Kundenwünsche reagiert, hieß es von Blackrock.
Was Citigroup und Bank of America bislang angekündigt haben, ist bei näherer Betrachtung auch alles andere als radikal. "Warum würde jemand helfen wollen, Sturmwaffen zu finanzieren, die regelmäßig für Amokläufe genutzt werden", bringt Aktivistin Gardiner von der Brady Campaign die eigentliche Selbstverständlichkeit der Maßnahmen auf den Punkt. Bump Stocks zu verbieten und konsequente Background-Checks zu fordern, sind ebenfalls keine besonders mutigen Schritte. (dpa/ad)