Schleppende Transformation
Die meisten CEOs sind digitale Muffel
Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Die digitale Transformation überführt Unternehmen in den kommenden Jahren in Organisationen, deren Strukturen und Prozesse an den Bedürfnissen von Social MediaSocial Media, Mobility, Analytics und intelligenten Geräten ausgerichtet sind. Diese Wandlung sollte Ziel eines jeden Unternehmens sein, mahnen die Autoren der Studie "Embracing Digital Technology: A New Strategic Imperative". Die Empfehlung beruht auf einer weltweiten Umfrage unter 1500 Führungskräften und Manager unter der Leitung des Wirtschafts-Journals "MIT Sloan Management Review" in Kooperation mit Capgemini Consulting. Alles zu Social Media auf CIO.de
Die Unternehmens-Chefs sind in der Pflicht
Die Autoren sind überzeugt davon, dass die Nutzung neuer digitaler Techniken eine Vielzahl von Verbesserungen in den Prozessen anschiebt und neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnet. Doch die digitale Transformation könne nur als Top-Down-Ansatz funktionieren, lautet ein Resümee der Studie.
"Dazu müssen CEOs und leitende Angestellte eine Vision für die Belegschaft formulieren, sie müssen einen Fahrplan entwickeln und ihn unterstützen", werben die Autoren für mehr Zuspruch. "Sie müssen das Unternehmen hinter dieser Idee versammeln und mit messbaren Zielen und Belohnungen Anreize schaffen, um die Vision zu verwirklichen." Die Analyse der Umfrageergebnisse belegt die Verantwortung des Managements eindeutig: In Firmen mit einem engagierten Chef steht nahezu die gesamte Belegschaft (durchschnittlich 95 Prozent) hinter dem Plan zur digitalen Transformation. Leider haben die Marktforscher nur in gut jedem dritten Unternehmen einen solchen Chef gefunden.
- Frühe Starter und skeptische Nachzügler
Die Forscher haben vier Gruppen klassifiziert. Die "Digirati" sind die Unternehmen, die am weitesten fortgeschritten sind. Hier treibt der CEO die Entwicklung voran. Die Digitalisierung in den Organisationen der "Beginners" beschränkt sich zumeist auf E-Mail-Nutzung und Web-Auftritt. - Was Unternehmen aufhält
Auf die Frage nach dem Grund der Zurückhaltung sagten die Meisten, es gebe keine zwingende Notwendigkeit. Auch die fehlenden Gelder und die Grenzen der vorhandenen IT werden oft genannt. Vor allem den ersten Grund erachten die Forscher als fahrlässig. Die Digitalisierung sei für nahezu jedes Unternehmen erfolgskritisch. - Das Tagesgeschäft bremst
Die Forscher haben noch etwas tiefer gebohrt und dabei herausgefunden, dass die Mitarbeiter neue Aufgaben scheuen, weil sie mit ihrem Tagesgeschäft ausgelastet sind oder sich mit dem Geforderten nicht auskennen. - Die Digitalisierung kommt zügig
Auch die befragten Manager rechnen damit, dass die Veränderungen sich schon bald bemerkbar machen. Insofern ist die Einschätzung einiger Unternehmenslenker, das Thema habe keine Dringlichkeit, zumindest erstaunlich. - Schleppende Transformation
Die Umsetzung in den Unternehmen ist nach Einschätzung aller Befragten überwiegend langsam. Allerdings finden sich unter den CEO mehre Studienteilnehmer, die die Geschwindigkeit als angemessen, wenn nicht sogar als hoch einstufen. Die Belegschaft sieht das tendenziell etwas anders. - Chancen des Wandels
Den größten Nutzen stiften digitale Technologien im Kundenkontakt. Hier lassen sich neue Erlebniswelten, Produkte und Services erschaffen. Aber auch im Betrieb und Geschäftsmodell können sich Verbesserungen einstellen. - Mehr Umsatz, mehr Profit
Die Forscher wollen herausgefunden haben, dass die fortschrittlichen Unternehmen auch mehr Gewinn und Profit sowie einen höheren Marktwert erzielen.
Dabei ist die strategische Einordnung neuer Techniken und Trends traditionell ein Thema, dass dem CEO obliegt. Nach Einschätzung der Forscher hat sich die Verpflichtung dazu in den vergangenen fünf Jahren aufgrund der rasanten Entwicklung noch erheblich verschärft. Der Firmenlenker sei heute viel häufiger gefordert, den Gebrauch neuer Technologien im eigenen Unternehmen und in Abgrenzung zum Wettbewerb zu bewerten. Auf Basis dieser Analyse müsse er Visionen, Ziele und konkrete Maßnahmen entwickeln. Doch Vorsicht: "Technik kann eine Wirkung wie der Klang der Sirenen entfalten", warnen die Autoren. "Wer sich nicht auf Ziele konzentriert, kann leicht vom Weg abkommen."
Die vier Entwicklungsstufen
Der Studie zufolge sind 80 Prozent der Befragten von der Notwendigkeit einer digitalen Transformation überzeugt, doch knapp zwei Drittel bemängeln die Umsetzungsgeschwindigkeit im eigenen Unternehmen.
Aus den Angaben haben die Forscher vier Entwicklungsstufen herausgearbeitet:
nur 15 Prozent der Unternehmen dürfen sich als "Digirati" bezeichnen. Dies ist die höchste Entwicklungsstufe. In diesen Organisationen hat das Top-Management klare Ziele und Visionen definiert und verfolgt sie konsequent.
In der Gruppe der "Fashionista" finden sich nur sechs Prozent der Firmen wieder. Sie haben neue Techniken bereits in ihre Abläufe und Modelle integriert, doch ihnen mangelt es an der Koordination der vielen Vorhaben und am Fein-Tuning.
Die als "Conservative" bezeichneten Unternehmen scheuen vor den neuen Trends zurück - noch, denn die Unternehmenslenker haben die Bedeutung der digitalen Transformation erkannt und arbeiten daran, Visionen, Strategien und Führungsstrukturen entsprechend auszurichten. Die Studie ordnet 14 Prozent der analysierten Unternehmen hier ein.
Der Löwenanteil der Organisationen verharrt noch im Stadium der "Beginner". Für 66 Prozent der Firmen beschränkt sich die Digitalisierung auf die E-Mail-Nutzung, den Web-Auftritt und den Einsatz von Business-Applikationen. Trends wie Social Media und Analytics betrachten sie aus der Ferne, teils aus Skepsis teils aus fehlendem Gespür für die Dringlichkeit.