Industrie 4.0 und Kontrolle
Digitale Maschinen sollen Fehler vermeiden
"Sie können nicht überall sein. Aber alles wissen!" Mit diesem Spruch wirbt KärcherKärcher auf seiner Webseite für sein Flottenmanagement. Was in manchen Ohren bedrohlich klingen mag, soll die Arbeit für Kärcher-Kunden vereinfachen. Top-500-Firmenprofil für Alfred Kärcher GmbH & Co. KG
Wird eine Kehrmaschine der Firma beispielsweise nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt eingeschaltet, meldet sich das Gerät beim Schichtleiter. Via GPS oder Mobilfunk kann der dann orten, wo die Maschinen gerade eingesetzt werden, wann welche Leistung erbracht wird und in welchem Zustand sie sich befinden. Haben die Reinigungsmaschinen ein Problem, funken sie selbstständig einen Service-Techniker an, der sie warten soll.
Ist das alles noch Zukunftsmusik? Eher nicht. "In Deutschland ist das längst kein Nischenmarkt mehr", sagt Erik Brenneis von Vodafone. Eine Umfrage des Mobilfunkanbieters unter weltweit 650 Unternehmen ergab, dass gut 27 Prozent der Befragten solche Möglichkeiten nutzen. "Wir erkennen Merkmale eines neuen Markts, der in die Reifephase übergeht", so Brenneis. Die Anwendungen nähmen stark zu.
Im Einzelhandel habe es den größten Sprung gegeben. Ebenfalls großen Zuwachs sehe man bei vernetzten Fahrzeugen. Im Rahmen des Flottenmanagements für Spediteure oder Mietwagenfirmen könne beispielsweise das Fahrerverhalten kontrolliert werden. Versicherer haben Interesse an Anwendungsbeispielen, damit sie Policen je nach Nutzerverhalten anbieten können.
- Industrie 4.0 - Leitfaden für CIOs
Stephen Prentice (Gartner) legt den IT-Verantwortlichen zwölf Dinge ans Herz, die sie für den IT-Beitrag zu Industrie 4.0 beachten beziehungsweise tun sollten: - 1. Nur keine Panik!
Industrie 4.0 ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Die gute Nachricht: Wenn man nicht so genau sieht, wo es hingeht, kann man bislang auch nicht wirklich eine Gelegenheit verpasst haben. - 2. Integrieren Sie Informationstechnik und operationale Technik!
Unter operationaler Technik (OT) versteht Gartner Ingenieurtechnik mit einer Langzeitperspektive. Sie liefert Information über das, was im Inneren der Produktionssysteme vor sich geht. Dabei ist sie digital, aber nicht integriert. - 3. Steigern Sie den Reifegrad Ihres Fertigungsprozesses!
Lernen Sie Ihre Mitspieler auf der Produktionsseite kennen. Verstehen Sie deren Sorgen und Hoffnungen und planen Sie den gemeinsamen Fortschritt auf einem fünfstufigen Weg. - 4. Integrieren Sie Ihre Informations-Assets!
Reißen Sie Ihre Silos nieder und öffnen Sie Ihre Unternehmenssysteme auch für externe Informationsquellen: Wetterdaten, Social Media etc. "Ihre wertvollsten Daten könnten von außerhalb Ihres Unternehmens stammen", konstatierte Gartner-Analyst Prentice. - 5. Verinnerlichen Sie das Internet der Dinge!
Das Internet of Things (IoT) ist der international gebräuchliche Begriff für das, was die Grundlage der Industrie 4.0 - und des digitalen Business - bildet. - 6. Experimentieren Sie mit Smart Machines!
Virtuelle Assistenten für die Entscheidungsunterstützung, neuronale Netze, cyber-physikalische Systeme, Roboter und 3D-Druck mögen aus der heutigen Perspektive noch als Spielerei erscheinen. Aber es lohnt sich, ihre Möglichkeiten auszuloten. - 8. Scheuen Sie sich nicht, den Maschinen ein paar Entscheidungen anzuvertrauen!
Der Fachbegriff dafür ist Advance Automated Decision Making. Es gibt schon einige Bereiche, wo Maschinen statt des Menschen entscheiden, beispielsweise bei der Einparkhilfe für Kraftfahrzeuge. - 9. Denken Sie wirklich alles neu!
Jedes Produkt, jeder Service, jeder Prozess und jedes Device wird früher oder später digital sein. Denken Sie sich einfach mal Sensoren und Connectivity zu allem hinzu. - 10. Führen Sie bimodale IT ein!
Die Koexistenz zweier kohärenter IT-Modi (einer auf Zuverlässigkeit, einer auf Agilität getrimmt) gehört zu den Lieblingsideen der Gartner-Analysten. Stabilität und Schnelligkeit lassen sich so in der jeweils angemessenen "Geschwindigkeit" vorantreiben. - 11. Kollaborieren Sie!
Werden Sie ein Anwalt für Industrie 4.0. Schließen Sie sich Peer Groups, Konsortien und Standardisierungsgremien an. Denn die besten Ideen müssen nicht zwangsläufig aus dem eigenen Unternehmen kommen. - 12. Halten Sie die Augen offen!
Die Dinge verändern sich - ständig. Erfolgreiche Unternehmen wie Google und Amazon wissen das. Sie sind immer auf der Suche nach neuen Entwicklungen und Möglichkeiten. - 7. Werden Sie ein Digital Business Leader!
Der CIO sollte sich für das digitale Business engagieren. Dazu muss er aber seinen Elfenbeinturm verlassen. Denken Sie von innen nach außen, rief Prentice die IT-Chefs auf, und verbringen Sie etwa 30 Prozent Ihrer Arbeitszeit mit Menschen von außerhalb Ihrer Organisation.
Boschs Werkzeugsparte Power ToolsBoschs Werkzeugsparte Power Tools stattet ihre Geräte künftig mit einem entsprechend Sender aus, der hilft, die Schrauber und Bohrmaschinen zu orten. Mit Hilfe einer App soll dann genau nachverfolgt werden, welcher Apparat bei welchem Kollegen gerade in Gebrauch ist. Auf diese Weise würden Arbeitsabläufe vereinfacht und die vorhandenen Werkzeuge besser ausgelastet. Top-500-Firmenprofil für Robert Bosch GmbH
Im industriellen Bereich - etwa bei der Flugzeugmontage - testet Bosch im Rahmen eines Projekt vernetzte Werkzeuge, die helfen sollen, Fehlern auf die Spur zu kommen. Das Eindrehen von Schrauben kann inzwischen zentral erfasst werden: eine Hilfestellung bei der Qualitätskontrolle. "Sollte ein Mitarbeiter ein Werkzeug irrtümlich für den falschen Zweck oder am falschen Ort nutzen wollen, schaltet sich das Werkzeug ab", heißt es bei Bosch.
In einem Werk von Bosch Rexroth werden Mitarbeiter noch unmittelbarer vor Fehlern bewahrt. Dort werden auf einer Produktionslinie aus mehr als 2000 verschiedenen Komponenten rund 200 Varianten hydraulischer Steuerblöcke für Traktoren oder Lkw.
- Warum Sie sich jetzt um Industrie 4.0 kümmern sollten
Industrie 4.0 bietet zahlreiche Chancen, um die Herstellungsprozesse nicht nur nachhaltig zu verbessern, sondern einen Quantensprung innerhalb der Produktion zu erreichen. - Individualisierung von Kundenwünschen ...
... durch Rentabilität bei der Produktion von Kleinstmengen (Losgröße 1), Berücksichtigung individueller und kurzfristiger Kundenwünsche beim Design sowie in der Planung und Produktion. - Flexibilisierung und Verkürzung ...
... der Lead Time und Time to Market. - Dynamische Geschäftsprozess-Gestaltung ...
... durch Verkürzung von Entwicklungszeiten und Ad-hoc-Vernetzung von cyber-physischen Produktionssystemen. - Schnelle, flexible Reaktion auf Veränderungen ...
... wie Ausfälle von Zulieferern oder kurzfristige Erhöhung von Liefermengen. - Durchgehende (digitale) Transparenz in Echtzeit, dadurch schnelle und flexible Entscheidungen sowie globale Optimierungen in Entwicklung und Produktion. - Optimierung der Produktion ...
... hinsichtlich Ressourcen- und Energieverbrauch sowie Emissionen. - Predictive Maintenance ...
... im Produktionsbereich (Vorhersage und Optimierung von erforderlichen Wartungsprozessen). - Innovative Geschäftsmodelle, ...
... Dienstleistungen und B2B-Services durch Themen wie Big Data und RFID-Chips, Angebote für komplette Lösungen und Rundum-Dienstleistungen. - Demografieorientierte Arbeitsgestaltung ...
... durch das Zusammenspiel zwischen Mensch und technischen Systemen. - Verbesserte Work-Life-Balance ...
... aufgrund höherer Flexibilität in der Arbeitsorganisation.
An den Arbeitsstationen werden die Werkstücke per RFID-Funktechnik automatisch erkannt und der zugehörige Arbeitsplan abgerufen. Greift der zuständige Mitarbeiter versehentlich in eine Kiste mit falschen Teilen, wird dies mit Hilfe einer Lichtschranke erkannt. Es leuchtet ein rotes Licht auf. So werden die Fehler in der Produktion vermieden, gleichzeitig aber Fehlgriffe der Mitarbeiter dokumentiert.
Arbeitnehmervertreter sind alarmiert. Grundsätzlich sei gegen solche technischen Neuerungen zur Fehleranalyse zwar nichts einzuwenden, sagt Constanze Kurz, Leiterin des Ressorts "Zukunft der Arbeit" bei der IG Metall (und nicht zu verwechseln mit der Sprecherin des Chaos Computer Clubs gleichen Namens!). Ein Problem sieht die Gewerkschafterin allerdings, wenn technologische Daten mit Personaldaten abgeglichen oder nach Leistungsverhalten ausgewertet werden. "Wir brauchen dafür Vereinbarungen."
Das Mitspracherecht von Betriebsräten dürfe nicht verletzt werden. Sonst könne es passieren, dass die technischen Neuerungen auf Skepsis in der Belegschaft stoßen und nicht produktiv eingesetzt werden können. "Die digitalen Möglichkeiten funktionieren nur, wenn die Belegschaft sie akzeptiert", warnt IG-Metallerin Kurz. Dafür dürften nicht nur Führungskräfte einbezogen werden. "Sonst schüren Sie Ängste."
- Bitkom-Umfrage zur CeBIT
Deutsche ITK-Anbieter arbeiten mit Hochdruck an Industrie-4.0-Lösungen und setzen große Hoffnungen in den neuen Geschäftszweig, hat eine Umfrage des Bitkom ergeben. Allerdings klagt die Branche auch über noch zögerliche Anwender und mangelnde öffentliche Förderung. - Industrie und Gewerbe zentrale Kunden von ITK-Unternehmen
- Industrie 4.0 birgt großes volkswirtschaftliches Potenzial
- Industrie 4.0 ist bereits ein wichtiges Geschäftsfeld
- 6 von 10 ITK-Unternehmen arbeiten an Industrie-4.0-Lösungen
- Jedes dritte Unternehmen erwartet steigende Umsätze
- Mehrheit sieht deutsche Industrie international vorne
- 9 von 10 Betrieben halten öffentliche Förderung für zu gering
Bei Kärcher wehrt man ab: Eine Kontrolle der Mitarbeiter sei nicht die Absicht dahinter, sagt ein Sprecher. Kärcher wolle seinen Kunden vielmehr die Möglichkeit geben, die Erfüllung ihrer Verträge nachzuweisen. Eine Reinigungsfirma könne mit Hilfe der vernetzten Scheuermaschinen beispielsweise belegen, dass die Maschinen auch wirklich in jede Ecke bewegt wurden. (dpa/rs)