Stellenabbau, Investitionskürzung
Düstere Aussichten für BMW
Der seit August amtierende Vorstandschef Oliver Zipse dämpfte am Mittwoch trotz einer Erholung im zuerst von der Pandemie betroffenen China die Erwartungen an eine schnelle Rückkehr zur Normalität. Zwar sollen die geplante Dividende und die Mitarbeiterbeteiligung für das Vorjahr noch in der vorgeschlagenen Höhe fließen - doch die Situation werde sich im kommenden Jahr auch auf die Ausschüttungen an Aktionäre und Beschäftigte niederschlagen.
Die BMW-Stammaktie verlor am Mittag als Dax-Schlusslicht über drei Prozent. Ein Händler meinte, die Aussichten hätten sich mit der Prognosesenkung stark verdüstert. RBC-Analyst Tom Narayan wandte ein, dass die Schätzungen am Markt sich nach der Prognosesenkung nun weiter eintrüben dürften. Jefferies-Experte Philippe Houchois sprach von einer enttäuschend schwachen Profitabilität im AutogeschäftAutogeschäft. Top-Firmen der Branche Automobil
Prognose im Autobau künftig ohne Gewinn
Bereits am Vorabend hatte das Management um Zipse und Finanzchef Nicolas Peter den Ausblick bei einer der wichtigsten Kennzahlen gesenkt. Im Kerngeschäft Autobau könnte im negativen Fall nun gar kein Gewinn vor Zinsen und Steuern mehr anfallen - und selbst im besten angenommenen Fall sind nur noch bis zu drei Euro je 100 Euro Umsatz zu erwarten. Bisher hatte BMWBMW mit zwei bis vier Prozent operativer Marge gerechnet. Top-500-Firmenprofil für BMW
Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in zahlreichen Märkten hielten länger an als bei Vorlage der ursprünglichen Prognose Mitte März absehbar, hieß es. Zum Vergleich: Die eigentlich angestrebte Zielrendite liegt bei dem Premiumhersteller - in normalen Zeiten - zwischen acht und zehn Prozent.
Investitionen gehen zurück
Wie zu erwarten litten die Münchener bereits im ersten Quartal spürbar unter den Folgen der Corona-Pandemie. Zwar konnte der Konzern unter dem Strich mit 574 Millionen Euro fast genauso viel Gewinn einfahren wie im schwachen Vorjahreszeitraum. Das lag aber vor allem daran, dass vor einem Jahr eine 1,4 Milliarden Euro schwere Rückstellung für eine mögliche Kartellzahlung in der Autosparte angefallen war.
Finanzchef Peter sagte, dass BMW in diesem Jahr die Investitionen von 5,7 Milliarden auf unter vier Milliarden Euro drücken will. "Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation werden wir einige Projekte verschieben oder noch einmal auf den Prüfstand stellen", sagte er. In der Corona-Krise hat die Kassenlage für die Autobauer besondere Bedeutung, damit bei weiterlaufenden Kosten nicht irgendwann das Geld ausgeht, wenn kaum Autos gekauft werden. Im Autogeschäft rechnet BMW nämlich nun auf Jahressicht nicht mehr mit einem positiven Mittelzufluss.
An der geplanten Dividende von 2,50 Euro je Stammaktie für 2019 will BMW aber nicht rütteln. "Die Dividende für unsere Aktionäre und die Erfolgsbeteiligung für unsere Mitarbeiter für das abgelaufene Geschäftsjahr 2019 werden wir wie versprochen ausbezahlen", sagte Peter. In der Diskussion um einen von der Autobranche geforderten staatlichen Kaufanreiz zur Stützung der Branche in Deutschland hatte es deutliche Kritik daran gegeben, dass die Autobauer Volkswagen , Daimler und auch BMW weiter ihre Dividende zahlen wollen.
Zipse und Peter verteidigten eine mögliche Förderung damit, dass die gesamte Wirtschaft von ihr profitiere. Rund 80 Prozent der Wertschöpfung im Autosektor entstehe nicht bei den Herstellern, sondern bei Zulieferern und sonstigen Partnern, sagte Zipse. Am Vortag hatten Hersteller, Zulieferer und die besonders betroffenen Bundesländer bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für eine entsprechende Förderung geworben.
Der Konzernumsatz stieg in den ersten drei Monaten trotz der um rund ein Fünftel gesunkenen Autoverkäufe überraschend um 3,5 Prozent auf 23,3 Milliarden Euro, was an internen Verrechnungen lag. Weil das Volumen von Finanzierungsverträgen mit dem gesunkenen Autoverkauf vor allem in den USA zurückging, ergaben sich deutliche Abweichungen interner Verrechnungen zwischen der Autosparte und den Finanzdienstleistungen im Vergleich mit dem Vorjahreswert, wie ein Sprecher sagte.
Zweite Quartal 2020 könnte in die rote Zahlen drehen
Das Konzernergebnis vor Zinsen und Steuern kletterte ebenfalls wegen der belastenden Rückstellung vor einem Jahr auf über das Doppelte und lag bei 1,38 Milliarden Euro. Dennoch erzielte BMW im Kerngeschäft mit Autos nur eine operative Marge von 1,3 Prozent. Besonders stark dürften sich die Auswirkungen voraussichtlich im laufenden zweiten Quartal zeigen, dann rechnet Peter auch mit roten Zahlen.
Zipse verschärft nun den Sparkurs und will dieses Jahr Stellen abbauen. "Die Situation bleibt ernst", sagte er. Bisher hatte das Unternehmen noch eine weitgehend stabile Mitarbeiterzahl im Auge. Insgesamt soll im Konzern die Zahl leicht sinken, wie es hieß. "Leicht" heißt bei BMW zwischen einem und fünf Prozent. Bei nach neuer Zählweise rund 126.000 Mitarbeitern Ende 2019 bedeutet das, dass etwa 1.300 bis 6.300 Stellen wegfallen könnten. Konkretere Zahlen wollte Zipse in einer Telefonkonferenz nicht nennen.
Das schon vor Corona angestoßene Sparprogramm, das nach früheren Angaben bis Ende 2022 insgesamt rund 12 Milliarden Euro bringen sollte, wird damit ausgeweitet. BMW will nach eigenen Angaben durch natürliche Fluktuation frei werdende Stellen nutzen, um den Personalabbau hinzukriegen. In Deutschland beschäftigt BMW 90.000 Mitarbeiter. Im April waren 31.000 von ihnen in Kurzarbeit.
BMW erwartet eine deutlich geringere Nachfrage
Wegen der Pandemie hatte BMW seine Werke heruntergefahren. Der Absatz sank im ersten Quartal um 21 Prozent auf 477.000 Autos. BMW fährt die Produktion zwar schrittweise wieder hoch und insbesondere in China steuert der Konzern wieder einer Normalisierung entgegen. Doch Zipse warnte vor übertriebenen Erwartungen.
"China eignet sich nur sehr bedingt als Blaupause für die Entwicklung der anderen Märkte", sagte er. Im April seien die Verkäufe der Münchener weltweit um 44 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. In China habe sich zwar im März und April bereits Besserung gezeigt, im April hätten sich die Verkäufe gar um 13,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert verbessert. Man müsse aber kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass die Autonachfrage in den besonders betroffenen Ländern wie Spanien, Italien und Großbritannien auch im Verlauf des Jahres gering bleiben dürfte, so Zipse. (dpa/rs)