Strategien


Eon-CIO Sebastian Weber

Führen aus dem IT-Keller zur Transformation

Jens Dose ist Editor in Chief von CIO. Seine Kernthemen drehen sich rund um CIOs, ihre IT-Strategien und Digitalisierungsprojekte.
IT-Chef Sebastian Weber will das Standing der IT im Eon-Konzern verbessern und mehr Digitalisierung ermöglichen. Die Reise dahin startete im Keller.
Sebastian Weber, CIO der Eon SE: "Das war die ersten drei Jahre meine Hauptaufgabe: den Keller aufräumen. Das lag mir auch am Herzen, denn ohne gute Basis kann die Digitalisierung nicht gelingen."
Sebastian Weber, CIO der Eon SE: "Das war die ersten drei Jahre meine Hauptaufgabe: den Keller aufräumen. Das lag mir auch am Herzen, denn ohne gute Basis kann die Digitalisierung nicht gelingen."
Foto: Eon

"Mit der Neudefinition der Konzernstrategie 2021 hat der Eon-Konzern einen großen Hebel umgelegt," berichtet Sebastian WeberSebastian Weber, CIO des Energieversorgers. DigitalisierungDigitalisierung wurde als Top-Priorität auf die Konzernagenda gesetzt. Profil von Sebastian Weber im CIO-Netzwerk Alles zu Digitalisierung auf CIO.de

Dazu baute das Unternehmen ein Digital-Board auf, das von Victoria Ossadnik als Vorständin COO Digital und Innovation geleitet wird. Weber: "So wurde sichtbar, dass Digitalisierung ein zentraler Schlüssel für die Energiewende ist."

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Bis dahin sei die IT eher klassisch aufgestellt gewesen mit Fokus auf Optimierung. Zudem waren viele IT-Funktionen ausgelagert worden, um Kosten zu sparen. Daher galt es zunächst, intern eine Grundlage für Digitalisierung zu schaffen. Weber: "Das war die ersten drei Jahre meine Hauptaufgabe: den Keller aufräumen. Das lag mir auch am Herzen, denn ohne gute Basis kann die Digitalisierung nicht gelingen."

Prio eins: Keller aufräumen

"Um den Weg für Innovationen wie KI-AnwendungenKI-Anwendungen zu ebnen, muss zuerst das technologische Fundament und IT-Infrastruktur geschaffen werden. Daher fokussierte ich mich zuerst darauf, den Keller aufzuräumen," erinnert sich Weber. Alles zu Künstliche Intelligenz auf CIO.de

Das Aufräumen gestaltete der IT-Chef möglichst einfach. Es galt sowohl die technisch orientierten Mitarbeitenden als auch den Vorstand abzuholen. Die Stoßrichtung folgte der Sicht der Anwender: "Unser Ziel in den ersten drei Jahren war es, die PCs, das Unternehmensnetzwerk sowie die Verbindung zu den Servern mit den Business-Applikationen zu stabilisieren und zu modernisieren."

Konkret hieß das, 70.000 neue Arbeitsplätze mit einem komplett neuen Image auszurollen samt neuer Hardware, wo sie notwendig war. Jedes der mehreren Hundert Büros sollte mit WLANWLAN ausgestattet werden. "Wir haben Erdarbeiten gemacht, Kabel rausgerissen und WiFi-Spots installiert - Basisarbeit," so der CIO. Alles zu WLAN auf CIO.de

Die Applikationen lagen in veralteten RechenzentrenRechenzentren. Also ging der Weg in Richtung Cloud. Weber: "Gerade ist das letzte verbleibende von acht Rechenzentren im Abbau. Wir ziehen alles, was wir können und dürfen, in die Public CloudPublic Cloud um." Alles zu Cloud Computing auf CIO.de Alles zu Rechenzentrum auf CIO.de

Das half auch dabei, die Kolleginnen und Kollegen aus den Fachbereichen abzuholen. Weber: "Business-Transformation und Prozessharmonisierung bringen keinen Mehrwert, wenn der Rechner und das Wi-Fi nicht laufen. Wir brauchen also erstmal eine gute technische Basis auf dem neuesten Stand."

Um den Vorstand mit an Bord zu holen, setzte Weber auf Transparenz: "Das Board muss verstehen, warum und wie wir Themen mit welcher Priorität umsetzen. Was mich besonders gefreut hat, war das große Interesse vom Vorstand, tief in die IT-Welt einzutauchen." Er arbeitet mit Metriken, um Dinge wie Ausfallzeiten oder Anfragevolumen zu messen, und schickt quartalsweise einen mehrseitigen Bericht an den Vorstand, in dem alle Kenngrößen wie Vorfälle samt Learnings sowie die gesteckten Ziele für die kommenden drei Monate aufgelistet sind.

Diese Kommunikationsoffensive weckt Interesse. Weber: "Unser CEO fragt regelmäßig nach dem Stand wichtiger IT-Projekte, will etwa Architektur-Updates erfahren und lässt sich Cut-Over-Pläne erklären. Das zeigt, dass Digital- und IT-Themen einen wichtigen Stellenwert haben."

Vier Nordsterne für den Wandel

Die Ansage an die IT-Belegschaft war simpel: "Wir müssen beweisen, dass wir die Stabilität erhöhen," so Weber. Um den Erfolg zu messen, führte der IT-Chef vier Nordsterne ein: Der erste war Mitarbeiterzufriedenheit verbessern. Der zweite ist die Anwenderzufriedenheit. Beide werden mindestens wöchentlich gemessen.

Der dritte Nordstern ist die Verfügbarkeit der Systeme. Als Messgröße wurden die Ausfallzeiten in den obersten zwei Kritikalitätsstufen angesetzt. Der vierte Nordstern war das Budget, das mit Augenmaß und mit Blick auf die Benchmarks effizienter eingesetzt werden sollte.

Mit diesen vier Säulen soll laut Weber eine Umgebung geschaffen werden, in denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder Spaß an der Arbeit haben. "Dazu haben wir beispielsweise zum ersten Mal eine interne internationale Tech-Konferenz veranstaltet. Als Wertschätzung an die Kolleginnen und Kollegen wurden Auszeichnungen für herausragende IT-Projekte verliehen," erinnert sich der CIO.

Um die Anwenderzufriedenheit zu steigern, reorganisierte Weber den Support neu und machte ihn zur Chefsache: "Bisher war der Helpdesk tief in der Struktur vergraben. Nun berichtet diese Abteilung direkt an mich und ihre Führungsebene ist ausschließlich für die Anwenderzufriedenheit verantwortlich. Wenn etwas schief geht, wird sofort daran gearbeitet."

Zudem ist die IT stärker vor Ort bei den Geschäftseinheiten vertreten und präsent. Weber: "Selbst wenn wir mal ein Problem nicht sofort lösen können, bekommen die Kolleginnen und Kollegen immer eine Antwort. Zuhören, Feedback annehmen und Follow-up machen - das sind ganz grundlegende Sachen, die aber eine starke Wirkung haben."

Die "technische Stimme" soll lauter werden

Parallel dazu passt das Team um Weber die Business-Workstreams, an denen IT beteiligt ist, an. "An vielen Stellen waren die technischen Aspekte stark durch externe Partner getrieben," so der CIO.

In den kommenden Jahren will er intern technische Workstreams etablieren, die in großen Business-Transformationsprogrammen mitwirken. Weber: "Wenn etwa eine neue SAP-Welt aufgebaut werden soll, will ich in dem Führungsteam dieses Programms einen dedizierten technischen Workstream verankern, der sich beispielsweise mit Testautomatisierung, Monitoring oder automatischem Desaster Recovery beschäftigt."

Die "technische Stimme" der IT soll in den vom Business aus getriebenen Projekten mehr Gewicht bekommen. "Diese Teams müssen auch den Mut haben, zu sagen, wir können etwa noch nicht live gehen, weil Dinge wie Monitoring noch nicht funktionieren."

Die IT wirkt dabei jedoch nicht als Verhinderer, weil sie aufgrund des Fokus auf Anwenderzufriedenheit mittlerweile ein besseres Ansehen genießt. Weber: "Wenn Vorfälle schneller gelöst werden und die Systeme stabiler laufen, wird auch eher auf die IT gehört. Das hängt alles zusammen: Wie man sich bei einem Incident verhält, wirkt sich direkt darauf aus, ob man bei Projekten proaktiv mit an den Tisch darf."

Um die IT in den wichtigen Projekten einzubetten, hat das Team um Weber 2023 alle strategischen Business-Transformationsinitiativen für EonEon erfasst. Diese werden nun schrittweise um die technischen Workstreams ergänzt. "Einige sind bereits sehr gut ausgestattet, für andere stellen wir gerade neues Personal ein," so der CIO. Top-500-Firmenprofil für EON

Details sind wichtig

Bei all dem sind Weber Details wichtig. Als etwa die Cloud-Transformation startete, berief der CIO ein wöchentliches Meeting mit seinem Leadership-Team ein. "Dabei geht es mir aber nicht um Micro-Management, sondern um Micro-Knowledge. Meine Führungskräfte müssen bei den wichtigen Projekten näher ran gehen und die Einzelheiten verstehen," sagt er.

Auf der einen Seite könne man mit diesem Know-how besser Entscheidungen fällen. "Wenn man in Calls geht und zuhört, wie die Teams sich austauschen, gewinnt man wertvolle Einblicke, die den eigenen Sinn für die Entscheidungsfindung schärfen," so der CIO. So steige zudem das Ansehen bei den Mitarbeitenden, da die Führungskraft Interesse an ihrer Arbeit zeige und lernen will.

"Auf der anderen Seite ist mir wichtig, dass jede Führungskraft in der IT in der Lage ist, Fragen aus den Geschäftsbereichen aufzugreifen und zu beantworten," ergänzt Weber. Das schaffe Vertrauen für die IT auf der Business-Seite.

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