Umtauschfristen
Händler werden immer großzügiger bei der Warenrücknahme
Unter dem Druck der Internet-Konkurrenten räumen immer mehr Textilhändler, Möbelläden und Lebensmittelgeschäfte ihren Kunden für Einkäufe Rückgabefristen von vier Wochen oder mehr ein.
Sogar unbefristete Umtauschangebote sind inzwischen zu finden. Dabei gilt beim Shoppen im Laden eigentlich der Rechtsgrundsatz: Gekauft ist gekauft.
"Die Händler in Deutschland waren schon immer recht kulant beim Umtausch. Aber durch den Online-Handel ist der Druck, in diesem Bereich kundenfreundlich zu agieren, noch einmal deutlich gewachsen", erklärt der Handelsexperte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU.
Schließlich ist im Online-Handel eine Umtauschfrist von 14 Tagen aufgrund der gesetzlichen Vorgaben bei den meisten Produkten selbstverständlich. Daran habe sich der Kunde gewöhnt, heißt es beim Handelsverband Deutschland (HDE). In der Praxis werde eine solche Umtauschmöglichkeit inzwischen "häufig selbstverständlich vorausgesetzt und zum Teil selbstbewusst eingefordert".
Viele Händler bemühen sich inzwischen deshalb, diese Vorgabe noch zu übertreffen. So geben etwa H&MH&M, Primark und KiK ihren Kunden vier Wochen Zeit, sich den Kauf noch einmal zu überlegen. Andere gehen noch einen Schritt weiter. Aldi NordAldi Nord etwa nimmt Lebensmittel "zeitlich unbegrenzt und ohne Vorlage des Kassenbons" zurück. Auch Aldi SüdAldi Süd ist "jederzeit" dazu bereit. LidlLidl tut das Gleiche. Top-500-Firmenprofil für Aldi Nord Top-500-Firmenprofil für Aldi Süd Top-500-Firmenprofil für H&M Top-500-Firmenprofil für Lidl
Der schwedische Möbelgigant IkeaIkea bot seinen Kunden seit August 2014 unter dem Motto "Wir wollen, dass Du glücklich bist" ein unbefristetes Rückgaberecht. Am Mittwoch ruderte Ikea allerdings zurück und kündigte an, die Umtauschfrist ab dem 1. September 2016 wieder zu verkürzen: auf immer noch recht großzügige zwölf Monate. Top-500-Firmenprofil für Ikea
"Wir haben festgestellt, dass unsere Kunden gar keinen Bedarf für eine so lange Frist haben", begründete der bei Ikea Deutschland verantwortliche Manager Klaus Cholewa den Schritt. Weit über 90 Prozent der Kunden, die einen Artikel umtauschen wollten, kämen in den ersten zwei bis drei Monaten nach dem Kauf.
Von einem Missbrauch der im August 2014 eingeführten unbegrenzten Rückgabe wollte der Manager nicht sprechen. Das unbefristete Rückgaberecht gilt bei Ikea künftig nur noch für Produkte, die zwischen dem 25. August 2014 und 31. August 2016 gekauft wurden.
Ganz selbstlos ist die Großzügigkeit der Händler ohnehin nicht. Handelsexperte Fassnacht verweist darauf, dass auch die Unternehmen durchaus von solch kundenfreundlichen Reglungen profitieren können: "Die längeren Umtauschfristen reduzieren das Risiko für die Verbraucher und erleichtern damit die Kaufentscheidung."
Die wachsende Kundenorientierung kommt gut an. Bei einer vom Allensbach-Institut im Auftrag des HDE erstellten Studie zeigten sich rund 90 Prozent der Befragten zufrieden mit der Umtauschpraxis des Einzelhandels. Am häufigsten umgetauscht werden demnach Bekleidungs- und Elektroartikel. Erst mit weitem Abstand folgten Heimwerkerartikel, Möbel und Lebensmittel.
Gleichzeitig offenbarte die Untersuchung klare Unterschiede im Geschlechterverhalten. Frauen machen demzufolge deutlich häufiger von der Umtauschmöglichkeit Gebrauch als Männer. Und sie geben gekaufte Produkte überdurchschnittlich oft wegen Nichtgefallens zurück. Männer reklamieren dagegen häufiger defekte Produkte.
Der Trend zu kundenfreundlichen Umtauschfristen ist für Fassnacht unumkehrbar. Im Moment biete ein solches Angebot dem Händler noch die Chance, sich von der Konkurrenz zu unterscheiden, meint er. "Aber langfristig werden die längeren Umtauschfristen zum Standard werden." (dpa/rs)