E-Rechnung
Hat die PDF-Rechnung ausgedient?
Ruth Markert ist SAP-Beraterin und Spezialistin für YAMBS.Invoice Produkte bei Software4Professionals. Sie hat 30 Jahre Erfahrung in den Bereichen Kreditoren-, Finanz- und Anlagenbuchhaltung in verschiedenen Unternehmen und war als Projektverantwortliche im Finanz- und Rechnungswesen unter anderem für die SAP-Einführung, eBanking, Workflows und andere Softwarelösungen im SAP-Umfeld zuständig. Durch die Kombination von Expertenwissen in der Finanzbuchhaltung sowie der SAP-Beratung unterstützt Software4Professionals Konzerne und mittelständische Unternehmen dabei, ihre Geschäftsprozesse im Finanz- und Rechnungswesen schneller, effizienter und transparenter zu gestalten.
Hendrik Neumann ist Berater bei der Bonpago GmbH und unterstützt seit 2014 Unternehmen und öffentliche Verwaltungen bei der digitalen Transformation. Sein Schwerpunkt liegt in der Optimierung von Prozessen im Finanzbereich, insbesondere im Rahmen der Einführung elektronischer Rechnungen. Er ist zudem Experte für die Auswahl und Einführung von Softwaresystemen zur digitalen Abbildung von Geschäftsprozessen.
Das Europäische Komitee für Normung (CEN) hat die europäische Norm für die elektronische Rechnungsstellung veröffentlicht. Auf Basis dieser Norm hat die öffentliche Hand in Deutschland die Spezifikation XRechnung entwickelt und diese im Rahmen der Veröffentlichung der E-Rechnungs-Verordnung als neuen Standard für den Rechnungsaustausch mit der öffentlichen Verwaltung auf Bundesebene gesetzt. Unklar bleibt aber, welche Auswirkungen sich hieraus für die weit verbreiteten PDF-Formate, inklusive der hybriden Rechnungsformate wie ZUGFeRD, ergeben. Können diese weiterhin verwendet werden oder haben sie ausgedient?
Bis 2019 werden in der EU nach Einschätzung des E-Invoicing-Experten, Bruno Koch, rund 300.000 öffentliche Auftraggeber verpflichtet sein, elektronische Rechnungen zu empfangen und zu verarbeiten. Die deutsche E-Rechnungs-Verordnung geht sogar noch einen Schritt weiter als die EU-Richtlinie:
Auch die Lieferanten der öffentlichen Verwaltung werden in die Pflicht genommen und müssen Rechnungen spätestens ab 27. November 2020 ausschließlich elektronisch stellen. Davon ausgenommen sind Direktaufträge mit einem voraussichtlichen Nettoauftragswert von maximal 1.000 Euro.
Weitere Ausnahmen gelten im Rahmen von Organleihen, Auslandsbeschaffungen sowie verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Aufträgen, die der Geheimhaltung unterliegen. Vorerst gilt diese Regelung nur für die Lieferanten der Bundesbehörden.
Eine Verpflichtung der Lieferanten auf Landes- und Kommunalebene kann in den einzelnen Landesverordnungen vorgeschrieben werden. Allerdings befinden sich diese aktuell noch in den Gesetzgebungsprozessen. Es ist zu erwarten, dass die Länder hier keine einheitliche Regelung finden werden, sodass je nach Bundesland eigene Regelungen gelten werden.
Rechnungssteller und Rechnungssender sollen laut E-Rechnungs-Verordnung grundsätzlich den Datenaustauschstandard XRechnung verwenden. Es werden aber ausdrücklich auch andere Datenaustauschformate akzeptiert, wenn diese mindestens den Vorgaben der Spezifikation der XRechnung entsprechen. Zur Klärung der Frage, was dies für die verschiedenen PDF-Formate bedeutet, ist es hilfreich, zunächst die unterschiedlichen Datenformate genauer zu beleuchten.
Beliebte Rechnungsformate: PDF und PDF/A
Laut der Marktstudie von Bruno Koch dominieren PDF-Rechnungen den E-Invoicing-Markt in Österreich, Estland, Deutschland, Spanien, Großbritannien und den USA mit einem Anteil von 70 Prozent. Was versteht man unter einer PDF-Rechnung? Es gibt unterschiedliche Formen von PDF-Dateien. Zum einen das PDF, das lediglich eine Bilddatei enthält und keine kodierten Zeichenketten, was beispielsweise bei einer eingescannten Papierrechnung der Fall ist.
Darüber hinaus gibt es PDF-Dokumente, welche direkt aus entsprechenden Programmen (wie bspw. Microsoft Word) erzeugt werden. Diese Dokumente enthalten zusätzlich eine TXT-Datei, in welcher die im Dokument enthaltenen Daten in Textform gespeichert sind. Unterscheiden lassen sich die beiden PDF-Arten am heimischen PC dadurch, dass sich in den letztgenannten der enthaltene Text markieren und kopieren lässt. Bei einem beispielsweise durch einen Scanvorgang erzeugten PDF ist dies in der Regel nicht möglich.
Im Gegensatz zu einfachen PDF-Dateien verfügen PDF/A-Dateien zusätzlich über Eigenschaften, die das Format für die Langzeitarchivierung qualifizieren. PDF-Dokumente lassen sich unkompliziert aus Textverarbeitungsprogrammen oder ERP-Systemen erzeugen und per E-Mail versenden. Der Aufwand für Lieferanten zur Erstellung der Rechnung ist daher gering.
Interessant ist die Rechnungsvariante PDF(/A) per E-Mail besonders für Unternehmen, die noch keine oder nur wenig Erfahrung mit dem elektronischen Rechnungsaustausch haben, da die Umstellung unkompliziert und ohne weitere Prozess- oder Softwareanpassungen möglich ist. Die automatische Verarbeitung von Rechnungen im PDF(/A)-Format erfolgt beim Empfänger dabei mithilfe einer Konverter-Lösung. Diese extrahiert die Informationen aus der integrierten TXT-Datei und gibt sie an die Buchhaltungssoftware weiter. Die Angaben werden dadurch für jedes SAP- oder andere ERP-Systeme lesbar.
Beide Formate erfüllen nicht die Vorgaben der CEN-Norm EN 16931 für den elektronischen Rechnungsaustausch. Sie können, außerhalb der bereits genannten Ausnahmefälle, zukünftig also nur noch für den Rechnungsversand an öffentliche Stellen auf Landes- und Kommunalebene in jenen Bundesländern verwendet werden, die Lieferanten nicht die Nutzung der XRechnung oder eines anderen konformen Formats vorschreiben. Dem Versand an nicht-öffentliche Stellen spricht ebenfalls nichts entgegen.