"Netzallianz"
Wer das schnelle Internet in Deutschland finanziert
Wenn es um die Zuständigkeiten seines Ministeriums geht, spricht Alexander Dobrindt (CSU) gern plakativ von "Mobilität und Modernität". Und mit Modernität meint der Ressortchef für Verkehr und digitale Infrastruktur auch ein Vorzeigeprojekt der schwarz- roten Bundesregierung: den Ausbau schneller Internetverbindungen im ganzen Land. Dafür kommt an diesem Freitag erstmals eine Runde aus Unternehmen und Verbänden zusammen, mit denen Dobrindt eine "Netzallianz Digitales Deutschland" schmieden will. Die Suche nach Geldquellen für eine ehrgeizige Breitband-Offensive dürfte nicht ganz leicht werden.
Was soll die "Netzallianz" bringen?
"Wir brauchen einen gemeinsamen Kraftakt von Industrieunternehmen und Politik", sagt Dobrindt. Angesichts rasant anschwellender Datenmengen sei ein leistungsfähiges Internet für Wirtschaft und Bürger ein Muss, auch abseits der Metropolen. Beim Auftakttreffen in Berlin sollen große und mittelständische Anbieter erst einmal vorstellen, welche Investitionen sie in den nächsten drei Jahren vorhaben. Erwartet werden Branchenriesen wie die Telekom und Vodafone, Regionalanbieter wie Ewe Tel und Thüringer Netkom sowie auch Kabelnetzbetreiber.
Wie lauten die konkreten Ziele?
Erreicht werden soll nach Vorstellungen der Politik bis 2018 eine Übertragungsgeschwindigkeit von mindestens 50 Megabit pro Sekunde - flächendeckend. Schon in die bestehenden Netze haben die Betreiber in den vergangenen 15 Jahren mehr als 100 Milliarden Euro gesteckt, wie der IT-Branchenverband Bitkom betont. Dadurch seien für 99 Prozent der Haushalte Breitband-Zugänge mit mindestens einem Megabit pro Sekunde verfügbar, für gut 90 Prozent mit mehr als sechs Megabit.
Wie teuer wird der volle Ausbau des schnellen Internets?
Aktuell ist die ambitioniertere Marke von 50 Megabit pro Sekunde für 55 Prozent der Haushalte möglich, überwiegend in Ballungsräumen. Ein voller Ausbau für alle restlichen Haushalte würde rund 20 Milliarden Euro kosten, kalkulierte der TÜV Rheinland kürzlich im Auftrag des Wirtschaftsministeriums. Die Versorgung der letzten fünf Prozent der Haushalte dürfte mit acht Milliarden Euro besonders teuer werden.
Wie können frische Milliarden aufgetrieben werden?
Direkt investieren will der Staat nicht, das hat Dobrindt schon klar gemacht. Gesprochen werden soll aber über Anreize und "flankierende Maßnahmen" für die Unternehmen. "Wir erwarten vom Minister, dass er nicht nur Investitionen einfordert, sondern selbst etwas im Gepäck hat, um Investitionen zu fördern", sagte Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder. Als schwierig gilt vor allem, wie Investitionen in dünn besiedelten Regionen wirtschaftlich gemacht werden können. Im Gespräch war zwischenzeitlich, Erlöse aus künftigen Versteigerungen von Funkfrequenzen für den Netzausbau zu reservieren. Ein Ansatzpunkt könnten auch flexiblere Regulierungs-Vorgaben sein.
Wie ist die Ausgangslage der Branche?
Wenn keine staatlichen Zuschüsse bereit stehen, wird es nach Aussage der Telekommunikations-Konzerne eng. Sie verlieren derzeit Milliarden- Umsätze, weil viele Kunden von kostenpflichtigen SMS auf Dienste wie WhatsApp oder Threema umsteigen. Außerdem fallen die lukrativen Einnahmen aus dem Roaming-Geschäft fürs Handynutzen im Ausland immer kleiner aus, weil sie von der EU reguliert werden.
Welche Technologien werden beim Breitband-Ausbau eingesetzt?
In Ballungsgebieten liegen genügend Kupferkabel der Telekom-Anbieter und Koaxial-Kabel der Kabelprovider in der Erde, um mindestens 50 Megabit pro Sekunde bereitzustellen. Eine Versorgung der Haushalte direkt mit Glasfaser ist die Ausnahme. Sie ist weiterhin sehr teuer. Interessanter ist das "Vectoring". Dabei werden Glasfaserkabel bis zu den grauen Kabelverteilerkästen auf der Straße gelegt, die letzten Meter bis in die Wohnungen oder Häuser laufen über Kupferkabel.
Welche Rolle spielen Funk-Verbindungen?
Moderne Funkstandards wie LTE sind doppelt wichtig. Zum einen werden sie benötigt, um ländliche Gebiete zu versorgen, wo man nicht zu jedem Haus ein ordentliches Kabel legen kann. Schneller Mobilfunk wird aber auch in Städten wichtiger, weil viele Menschen dort auf Mobilgeräten Anwendungen laufen lassen, die viel Bandbreite verbrauchen. (dpa/rs)