Strategien


CIO Markus Schaal

Wie Voestalpine die IT transformiert

Wolfgang Herrmann ist IT-Fachjournalist und Editorial Lead des Wettbewerbs „CIO des Jahres“. Der langjährige Editorial Manager des CIO-Magazins war unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO sowie Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
Mit dem Programm oneIT richtet der Voestalpine-CIO die IT auf das Business aus und leitet einen kulturellen Wandel ein.
Voestalpine-CIO Markus Schaal (Mitte) stemmt mit seinem ITM Board ein komplexes Transformations- und Change-Programm.
Voestalpine-CIO Markus Schaal (Mitte) stemmt mit seinem ITM Board ein komplexes Transformations- und Change-Programm.
Foto: Voestalpine

500 Konzerngesellschaften in mehr als 50 Ländern, gut 50.000 Mitarbeiter und ein Jahresumsatz von knapp 15 Milliarden Euro: Der Stahl- und Technologiekonzern Voestalpine gehört zu den größten und erfolgsreichsten österreichischen Unternehmen und ist seit 1995 an der Wiener Börse gelistet.

Gute Startbedingungen also für Markus SchaalMarkus Schaal, der Anfang 2022 vom hanseatischen Tanklogistiker Marquard & Bahls an den Voestalpine-Hauptsitz in Linz wechselte. Der neue CIO fand eine stabile und zuverlässig arbeitende IT mit eingespielten Prozessen vor. Doch wie in vielen Konzernen dieser Größenordnung gab es auch Schattenseiten: komplexe, über viele Jahre gewachsene IT-Systeme etwa, eine geringe Flexibilität und eine zu große Distanz der IT-Einheiten zu den Fachbereichen. Profil von Markus Schaal im CIO-Netzwerk

Transformationsprogramm oneIT

Vor diesem Hintergrund entstand oneIT, ein strategisches Programm zur Neuorientierung und Transformation der Voestalpine-IT. Um sich ein Bild von den Stärken und Schwächen der IT zu machen, initiierte CIO Markus Schaal zunächst Workshops mit anderen IT-Entscheidern im Konzern. Im zweiten Schritt folgte eine strukturierte Befragung von Führungskräften aus dem Business.

Discount-IT oder Feinkost?

"Wir wollten dabei vor allem wissen: Was erwartet das Business zukünftig von der IT?", berichtet der CIO. "Wollt ihr eine Discounter-IT oder lieber Feinkost-IT?" Wer nur Discounter-Preise bezahlen wolle, könne keine Feinkost erwarten. Eine IT, die auch komplexere Aufgaben wie die Prozessunterstützung und Digitalisierungsvorhaben übernehmen soll, benötige entsprechende Ressourcen und eine Positionierung. Schaal: "Die IT nur als kostenfokussierte Shared-Service-Organisation zu begreifen, reicht dann nicht aus."

"Wollt ihr eine Discounter-IT oder lieber Feinkost-IT?", fragte CIO Markus Schaal Führungskräfte aus dem Business.
"Wollt ihr eine Discounter-IT oder lieber Feinkost-IT?", fragte CIO Markus Schaal Führungskräfte aus dem Business.
Foto: Voestalpine

Tatsächlich ging es den befragten Business-Verantwortlichen gar nicht primär um die günstigsten IT-Leistungen. Qualität und Time-to-Market waren ihnen laut Umfrage wichtiger. Aus diesen und weiteren Erkenntnissen leitete das Projekt-Team sieben zentrale Handlungsfelder ab:

Mittel- und langfristig müsse sich die Rolle und Positionierung der IT im Konzern verändern, so der CIO. Um die Stoßrichtung des Transformationsprogramms für alle Mitarbeitenden deutlich zu machen, formulierte das Team ein Mission Statement: "Wir sind der Partner für IT und Digitalisierung in der Voestalpine." Was das konkret bedeutet, lässt sich in einem ausführlichen Zielbild nachlesen.

Cloud Computing und einheitliche IT-Plattformen

Damit verbunden sind zehn Leitsätze für das Programm oneIT. Einer lautet: "Discipline at the core, flexibility at the edge." Durch einheitliche Plattformtechnologien und Cloud Computing sollen lokale Infrastrukturaufgaben abgelöst werden. So könne sich die lokale IT stärker um die Business-Unterstützung kümmern, erläutert der CIO.

Mit einem anderen Leitsatz ("Cloud first") beschreibt die IT ihre Cloud-Strategie. Wo immer möglich, sollen Cloud-Ressourcen genutzt werden. Das betrifft beispielsweise die lokalen Rechenzentren des Konzerns, die Schaal mittelfristig durch Dienste aus der Cloud ersetzen will. Er nennt dafür auch Sicherheitsgründe. Im Bereich Office und CollaborationCollaboration hat der Umzug in die Cloud bereits begonnen. Voestalpine steigt flächendeckend auf Microsoft 365 um. Alles zu Collaboration auf CIO.de

Ob das Management in Sachen Cloud-Infrastruktur auf einen oder mehrere große Provider vertrauen wird, ist noch offen. Schon gesetzt ist dagegen der Aufbau einer einheitlichen Data Platform für alle Unternehmensbereiche, die in der Cloud laufen soll.

S/4HANA-Migrationen in mehreren Bereichen

Zu den dicksten Brocken auf Schaals Prioritätenliste steht der Umstieg auf das neue SAP-Kernsystem S/4HANA. Die Anzahl der bestehenden SAP-Instanzen soll reduziert werden. Sowohl die Zusammenführung von SAP-Systemen als auch die Migration auf S/4HANA laufe jeweils in den einzelnen Divisionen und sei in der Regel mit einer Harmonisierung von Prozessen verbunden, erläutert der CIO: "Die erste S/4HANA-Migration wurde bereits im November letzten Jahres in der Steel Division erfolgreich durchgeführt, weitere werden folgen."

Business-IT-Alignment und agile Methoden

An den Divisionen ausgerichtet sind auch die neuen Business-Solution-Teams im Konzern. In interdisziplinär zusammengesetzten Gruppen sollen Business- und IT-Experten künftig gemeinsam an IT-Lösungen arbeiten. Dabei kommen auch agile Methoden zum Einsatz. Erste Projekte laufen in der Stahlsparte des Konzerns. Diese und viele weitere Schritte sollen zu einer business-orientierten Ausrichtung der IT beitragen, so Schaal.

Change-Management ist erfolgsentscheidend

Neben technischen und organisatorischen Maßnahmen gehört ein umfassendes Change-Programm zu oneIT. Dazu hat Schaal auch externe Spezialisten ins Boot geholt. So entstand etwa ein detaillierter Kommunikationsplan für die Transformation, der helfen soll, die Ziele und die notwendigen Schritte dorthin ins Unternehmen zu tragen. Zu den strategischen Zielen gehören beispielsweise ITIL-basierende End-to-End-IT-Prozesse, eine konzernweite Plattformstrategie und eine ausgefeilte IT-Governance.

Das Change-Programm umfasst eine Reihe konkreter Maßnahmen, darunter Tools, Workshops und diverse Trainingsformate. Im Juni 2023 veranstaltete Voestalpine ein großes IT-Symposium, zu dem mehrere hundert ITler aus allen Konzernsparten geladen waren.

Trust and Inspire statt Command and Control

Erfolgsentscheidend ist für Schaal vor allem eine neue Kultur der Zusammenarbeit. "Wir wollen weg von 'Command-and-Control' und hin zu 'Trust-and-Inspire'", beschreibt er das Ziel. Eine Vertrauenskultur aufzubauen, funktioniere aber nur, indem sie vorgelebt werde. Um Aufbruchstimmung zu erzeugen, seien auch neue Denkweisen wichtig.

Natürlich geht es am Ende auch für den österreichischen Konzern darum, sich im War for Talents zu behaupten und sich als attraktiver IT-Arbeitgeber zu positionieren. "Die Voestalpine ist eine gute Adresse für IT-Expertinnen und Experten", wirbt Schaal. "Global unterwegs, interessante Projekte und Aufgabenfelder, ein stabiles Umfeld auch in Krisenzeiten, wirtschaftlich erfolgreich. Und wir haben ein attraktives Mitarbeiterbeteiligungsprogramm."

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