Chip-Riese feiert Jubiläum
50 Jahre Intel
Intel feiert seinen 50. Geburtstag. Ein halbes Jahrhundert lang hat der heutige Weltkonzern mit seinen Erfindungen maßgeblich die DigitalisierungDigitalisierung vorangebracht und das Zeitalter des Personal Computers überhaupt erst ermöglicht. Das Fest am 18. Juli will Intel gebührend begehen. 1.500 Drohnen sollen am Firmensitz in Santa Clara synchron aufsteigen und eine fulminante LED-Lichtshow in den Himmel schreiben. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de
Das soll ein Weltrekord werden - und zeigen, dass Intel noch immer innovativ und agil ist. Doch trotz der Erfolgsgeschichte wird ein Umstand die Geburtstagslaune trüben: Im Kern der Intel-Prozessoren klaffen gefährliche Lücken. Und das könnte nur die Spitze des Eisbergs sein, vermuten Fachleute.
Vor genau 50 Jahren legten der Physiker Bob Noyce und sein Kollege Gordon Moore den Grundstein von Intel. Beide gehörten den legendären "Untreuen Acht" an, die aus Unzufriedenheit mit der Entwicklungsstrategie ihres damaligen Arbeitgebers Fairchild Semiconductor das Unternehmen verließen und ihre eigene Firma gründeten. Noyce und Moore sahen die Zukunft darin, mehrere Transistoren auf einem Stück Halbleiter zu verbinden. Mit seiner Erfindung des integrierten Schaltkreises legte Noyce gemeinsam mit Jack Kilby von Texas Instruments den Grundstein für den modernen Mikroprozessor der auch heute noch das Herz eines jeden PCs bildet.
- 50 Jahre Intel
Der 1992 eingeführte Pentium-Prozessor bekam den Namen von Intel-Mitarbeitern, die an einem unternehmensweiten Wettbewerb teilnahmen. Pentium ist abgeleitet von der "Penta", dem griechischen Wort für fünf. Es sollte an den Mikroprozessor der fünften Generation von Intel erinnern. Während eine externe Branding-Agentur den Namen Pentium prägte, erhielten 18 Mitarbeiter, die etwas sehr Ähnliches vorgeschlagen hatten, jeweils 200 Dollar. - 50 Jahre Intel
Gordon Moore (mit der Schaufel), Robert Noyce (rechts) und zwei Unbekannte helfen bei der Grundsteinlegung im April 1970 für Intels SC1-Gebäude in Santa Clara, Kalifornien. Am 21. April 1970 begann Intel mit dem Bau des neuen Firmensitzes in Santa Clara. - 50 Jahre Intel
Intels SC1-Hauptquartier in Santa Clara, Kalifornien, auf einem Foto aus den frühen 1970er Jahren. Es war der erste Standort, den das Unternehmen besaß, anstatt ihn zu mieten (zuvor hatte Intel von einem gemieteten Gebäude in Mountain View aus operiert). Das Anwesen war ursprünglich ein Birnengarten; nach der Fertigstellung konnten die Mitarbeiter auf dem unbebauten Grundstück bis zum Bau von SC2 Birnen pflücken. - 50 Jahre Intel
Ein Brand zerstörte 1975 das Montagewerk von Intel in Penang, Malaysia. Doch die Mitarbeiter von Penang gingen innerhalb von 10 Tagen nach dem Brand wieder an die Arbeit. Während der Wiederaufbau der Anlage acht Monate dauerte, arbeiteten die Mitarbeiter unter anderem in der Intel-Cafeteria. - 50 Jahre Intel
Ein Archivfoto von Intel zeigt die ersten 106 Mitarbeiter von Intel, darunter die Mitbegründer Robert Noyce (vorne links) und Gordon Moore (vorne rechts), und ihren ersten Mitarbeiter, Andy Grove (zweite Reihe, ganz rechts). 1969 nahm Intel mit 106 Mitarbeitern seinen Betrieb an der 365 E Middlefield Road in Mountain View, Kalifornien, auf. Der Raum ist "größer als wir ihn benötigen", sagte Gordon Moore einer lokalen Zeitung. Intel begann weniger als zwei Jahre später mit Expansionsplänen. - 50 Jahre Intel
Ein Archivfoto von Intel zeigt eine frühe Generation von Hasenanzügen, die in Reinräumen von Intel getragen werden. Die ersten Hasenanzüge wurden 1973 eingeführt. - 50 Jahre Intel
Ein Intel-Archivfoto zeigt den Busicom 141-PF Tischrechner. Intel verkaufte die Rechte an seinem ersten Mikroprozessor (dem 4004) an Busicom, ein japanisches Unternehmen, das 1970 integrierte Schaltungen für seine neue Linie programmierbarer elektronischer Rechner benötigte. Intel kaufte die Rechte an der 4004 für die ursprüngliche Investition von 60.000 Dollar zurück. - 50 Jahre Intel
Ein Archivfoto von Intel zeigt Wrinkles (faltige Stofftiere), die in den 1980er Jahren von der kanadischen Spielwarenfirma Ganz hergestellt wurden. Intels MCS-51 steckte überall - angefangen von Antiblockiersystemen über Flugzeuge bis hin zu sprechenden Hunde-Plüschtieren. Wrinkles wurde mit dem 80C31BH Controller, einem Teil der MCS-51 Familie, betrieben. Mit einem 8-Bit-CMOS-Prozessor und 32 KByte Nur-Lese-Speicher hatte der Spielzeughund einen Grundwortschatz von 150 Wörtern und mehr als 2.800 Klangkombinationen. - 50 Jahre Intel
Anzeige für den 1992 eingeführten Pentium-Prozessor.
Zunächst legte Intel den Schwerpunkt auf die Produktion von Speicherchips. Der erste Mikroprozessor entstand 1971 kurioserweise, weil zwei Intel-Ingenieure den Wunsch eines Kunden schlicht ignorierten. Eigentlich sollten sie einen Chip für eine simple Rechenmaschine bauen. Die Intel-Entwickler entschieden dann aber auf eigene Kappe, einen deutlich leistungsfähigeren Chip zu konstruieren, Intels ersten serienreifen Mikroprozessor 4004. Erst 1978 brachte Intel dann mit dem 8086 den ersten Prozessor der x86er-Reihe auf den Markt, der die Ära des Personal Computers einleitete.
Partnerschaft mit Microsoft
In den folgenden Jahrzehnten trug vor allem die Partnerschaft mit Microsoft zum florierenden Geschäft für Intel bei, das als "Wintel-Kartell" in die Geschichte einging. Immer leistungshungrige Software erforderte immer leistungsfähigere Hardware. Mit seinem kleinen Konkurrenten AMD ging Intel dabei nicht zimperlich um. Seit fast einem Jahrzehnt droht Intel deswegen von der EU-Kommission eine Milliarden-Klage wegen unfairen Wettbewerbs.
Das goldene PC-Zeitalter neigt sich allerdings dem Ende entgegen - und Intel bekommt diese Entwicklung brutal zu spüren: Die Verkäufe von PCs gingen in den vergangenen Jahren stetig zurück. Inzwischen ist das Smartphone das meistgenutzte Gerät für den Zugang ins Netz, große Rechenleistung mietet man sich heute häufig in der Cloud.
ARM ist Intel bei Chips für Smartphones voraus
Intel gelang es zwar, im Server-Geschäft deutlich zuzulegen, den Sprung ins Mobilzeitalter schafften die Kalifornier dagegen nicht. Trotz zahlreicher Anläufe gelang es den Entwicklern nicht, den Strom-Hunger der Chips zu reduzieren. Smartphone-Hersteller griffen deshalb lieber nach stromsparenden Prozessoren nach Vorlage des britischen Chip-Designers ARM.
Um der Nachfrage nach immer leistungsfähigeren und energieeffizienten Chips nachzukommen, geht Intel inzwischen Kooperationen mit Herstellern von Grafik-Chips (GPU) ein. Lange galten diese gegenüber den Computer-Chips (CPU) als Rechenknechte, an die einfache und wiederkehrende Arbeiten ausgelagert werden können. Doch ihre Bedeutung nimmt für moderne Simulationen und Künstliche Intelligenz stetig zu. Vor diesem Hintergrund hat Intel auch seine lange Feindschaft mit AMD aufgegeben und verbaut in seinen neusten Chipsets "Kaby Lake G" für Laptops neben seinen CPUs auch AMDs GPUs "Radeon".
Die Kombi-Einheiten sollen deutlich besser aufeinander abgestimmt sein und auch merklich weniger Energie erfordern. Zuvor hatte Intel schon Technologie des Grafik-Chip-Anbieters Nvidia lizenziert, doch aus den Partnern werden zunehmend Konkurrenten: Mit seinen jüngsten Produkten stößt Nvidia in den Markt für ServerServer und Hochleistungscomputer vor, die traditionelle Domäne von Intel. Alles zu Server auf CIO.de
Schaut man sich die aktuelle Liste der schnellsten Supercomputer der Welt an, kann man erkennen, wie gut Nvidia sich als Intel-Rivale inzwischen in Stellung gebracht hat. Erstmals seit 25 Jahren lieferten nicht CPUs, sondern GPUs den größten Anteil der Rechenleistung. Der Einzug der Grafik-Chips in die Forschungs-Labors, Universitäten und kommerziellen Datenzentren werde die Landschaft der Supercomputer für immer verändern, schätzt Michael Feldman, Chefredakteur der "Top-500-Liste".
Höchste Zeit für Intel, jetzt selbst verstärkt auf Grafik-Chips zu setzen. Ende 2017 stellte Intel den GPU-Chefarchitekten von AMD, Raja Koduri ein, der kürzlich über Twitter ankündigte, dass Intel bereits bis 2020 einen eigenen diskreten GPU-Chip bauen wolle.
Neben wachsender Konkurrenz aus ganz neuer Richtung könnte Intel - und damit der gesamten PC-Industrie - allerdings noch ganz andere Unbill in nächster Zukunft drohen: Vor rund einem Jahr wurden verheerende Lücken direkt im Design der Prozessoren von Intel, aber auch anderer Anbieter entdeckt. Das potenzielle Einfallstor war Jahrzehnte unentdeckt geblieben. Es bietet mit "Spectre" und "Meltdown" eine völlig neue Klasse von Angriffsmöglichkeiten. Dabei wird ein Design-Merkmal der Chips ausgenutzt, das eigentlich die Rechenprozesse beschleunigen soll.
Noch ist es offenbar zu keinen Angriffen gekommen, doch das kann sich jederzeit ändern. Die Hersteller arbeiten seither mit Hochdruck daran, mit Updates und Patches die Lücken zu stopfen - was bislang das Risiko eines Angriffs jedoch nur abgemildert hat. Und: Anfang Mai entdeckten Forscher gleich acht neue Sicherheitslücken nach ähnlichem Strickmuster in Intel-Prozessoren. Wie das IT-Fachmagazin "c't" berichtet, schätzt Intel selbst vier der "Spectre"-Lücken als hoch riskant ein.
"Nur die Paranoiden überleben"
Verschärfend kommt hinzu, dass Intel derzeit ohne Chef dasteht. CEO Brian Krzanich trat Mitte Juni zurück, nachdem eine Affäre zu einer Mitarbeiterin bekannt geworden war. Eine Nachfolge steht noch nicht fest.
Die Krise erinnert an die Zeit, als Intel schon einmal dicht am Abgrund stand: Mitte der 90er Jahre ein Fehler in der Fließkomma-Berechnung bei einem Pentium-Chip entdeckt wurde, der sich bereits im Handel befand. Zunächst hatte Intel versucht, den Fehler zu vertuschen, dann stillschweigend zu korrigieren. Intel weigerte sich auch nach Protesten, sie auszutauschen - was in der Öffentlichkeit eine Welle der Empörung auslöste.
Immerhin hatte Intel damals einen Chef, der mit einem Machtwort die Krise beenden konnte: Der langjährige CEO Andy Grove entschuldigte sich öffentlich in der Presse und startete ein umfangreiches Austauschprogramm. Legendär ist bis heute Grove's Leitspruch "Nur die Paranoiden überleben". (dpa/rs)