Jenseits des Hypes
6 Fakten über ChatGPT
Sieht man sich im Netz um, könnte man auf die Idee kommen, der ChatbotChatbot von OpenAI sei der neue heilige Tech-Gral, beziehungsweise -Antichrist. Die Reaktionen auf ChatGPT schwanken dabei meist zwischen Erstaunen, Angst und Skepsis: Alles zu Chatbot auf CIO.de
Man staunt über die Fähigkeiten,
fürchtet Missbrauch, Betrug und Job-Raub durch "Roboter", und
blickt mit Skepsis auf die möglichen Konsequenzen für die Menschen, wenn kreative Arbeit Maschinen übertragen wird.
Leider führen alle drei Punkte zur Themaverfehlung: Tatsächlich ist ChatGPT weit weniger beeindruckend, beängstigend und dystopisch als vielfach angenommen. Die folgenden sechs Fakten über den Generative-AI-Hit untermauern das.
1. ChatGPT ist nicht unique
Der Hype um ChatGPT konnte überhaupt erst entstehen, weil das Tool öffentlich zugänglich ist. Es gibt einige andere KI-Projekte, die ebenso gut oder sogar noch besser sind - aber noch nicht für eine öffentliche Nutzung freigegeben sind.
Insbesondere die großen Tech-Konzerne wie Google oder Meta sowie unzählige Startups und wissenschaftliche Forschungsinstitute haben ähnlich leistungsfähige Generative-AI-Tools im Köcher. Auf dem Portal von Futurepedia etwa finden Sie Hunderte von KI-Tools, um zu experimentieren - einige basieren auf dem OpenAI-Chatbot, andere sind leistungsstarke Konkurrenten. Das unterstreicht: ChatGPT ist nicht einzigartig - höchstens, was Vermarktung und Zugang angeht. Das dürfte sich allerdings zeitnah ändern.
ChatGPT ist allein deshalb zur Zeit der "heiße Scheiß" der IT-Branche, weil Open AI so mutig war, sein Projekt für die öffentliche Nutzung freizugeben - und es den Nutzern auch erlaubt, (einige) kontroverse Themen einzubringen. Andere Unternehmen waren hingegen in diesem Bereich zurückhaltend - auch wegen unschöner Erfahrungen aus der Vergangenheit (man denke nur an Microsofts Chatbot Tai, der von Usern in eine Hassredemaschine verwandelt wurde). Nun, da ChatGPT virale Aufmerksamkeit erzeugt, haben es die Konkurrenten plötzlich sehr eilig, sich mit ihren Produkten zu positionieren.
Google etwa hat Medienberichten zufolge einen internen "Code Red" ausgegeben, um schnellstmöglich eine Antwort auf ChatGPT zu liefern. Und in China, wo ChatGPT nicht verfügbar ist, will Baidu ein entsprechendes Angebot auf die Beine stellen.
2. Microsoft kontrolliert OpenAI
Das Unternehmen OpenAI LP steht hinter ChatGPT und ist eine Tochtergesellschaft der Non-Profit-Organisation OpenAI Incorporated. Allerdings ist OpenAI Incorporated nicht der "Eigentümer" von OpenAI LP.
Der größte Investor heißt Microsoft. Die Redmonder haben erst kürzlich bekannt gegeben, weitere zehn Milliarden Dollar in OpenAI LP investieren zu wollen und arbeiten bereits daran, ChatGPT in Bing, Azure und Office-Produkte zu integrieren. Mit der neuen Investitionen würden Microsofts Anteile am Unternehmen auf 49 Prozent steigen. Weitere 49 Prozent teilen sich alle anderen Investoren - lediglich zwei Prozent der Anteile werden von der gemeinnützigen Mutter gehalten. Faktisch liegt die Kontrolle über OpenAI damit bei Microsoft.
3. Nicht die KI ist unmoralisch
Die drei größten Bedenken, wenn es um ChatGPT sind regelmäßig:
Es ermöglicht, in Tests und Prüfungen zu betrügen.
Es wird für unethische Zwecke wie Plagiate oder Social Engineering verwendet.
Es liefert falsche Informationen.
Die ersten beiden Punkte sind zu vernachlässigen: Jede neue Generative-AI-Generation wird von Tools begleitet, die Inhalte erkennen können, die auf diese Weise generiert wurden. Geht es um die missbräuchliche Nutzung, ist anzuerkennen, dass KI-Tools nicht die Schuld an den moralischen Schwächen der Menschen tragen können.
Der dritte Punkt ist schließlich schlicht unangebracht: Wenn ChatGPT (und ähnliche Tools) falsche Informationen liefern, liegt das nur an den Trainingsdatensätzen. Ein entsprechendes Prüfverfahren ist derzeit noch nicht enthalten - schließlich handelt es sich aber auch nur um eine Public Beta. ChatGPT also schlechte Daten vorzuwerfen, ist so, als würde man Filme als Medium verteufeln, weil man ein schlechtes Machwerk gesehen hat.
Stellen Sie sich vor, eine Organisation wie die CIA würde all ihre Geheimdienstberichte, Analysen und die Mitschriften von Millionen von Telefongesprächen in ein Tool wie ChatGPT einspeisen. Die Technologie hat atemberaubendes Potenzial, aber die Trainingsdaten, die heute zur Anwendung kommen, sind irrelevant.
4. ChatGPT ist menschengemacht
Der Einsatz einer textbasierten Künstlichen IntelligenzKünstlichen Intelligenz hat nichts damit zu tun, dass Computer "denken". Projekte wie ChatGPT basieren auf gewöhnlicher, manueller Programmierarbeit und der Sammlung von Inhalten, die durch Menschen erstellt wurden. Letztere werden auch von Menschen überprüft und priorisiert. Folglich sind auch ChatGPT menschliche Fehler, Vorurteile und Schlussfolgerungen inhärent. Alles zu Künstliche Intelligenz auf CIO.de
Hear me out, AI bad#ChatGPT #Memes pic.twitter.com/P1ymdVqBl5
— Jake (@jborg_arts) January 31, 2023
5. ChatGPT erfordert Skills
Um das volle Potenzial von Generative-AI-Tools wie ChatGPT erschließen zu können, braucht es die richtigen Inputs. Die relativ neue Fähigkeit des Prompt Engineering (die Kunst mit jedem KI-Tool "sprechen" zu können) wird in etwa mit dem Feld der Suchmaschinenoptimierung vergleichbar sein: Eine kleine Industrie mit Tools und Beratern wird entstehen, die das Knowhow darüber entwickeln und nutzen, welche Schlüsselwörter zum gewünschten Ergebnis führen.
Erste Schritte in diesem Bereich vermittelt dieses "Cheat Sheet" (PDF).
6. Erste Branchen sind angefixt
Manche professionell erstellten Texte wirken roboterhaft, automatisiert und formelhaft - egal, ob mit oder ganz ohne Zutun von KI. Mit ihr lassen sich allerdings repetitive und langweilige Tasks wie Produktbeschreibungen oder Anzeigentexte oft schneller und billiger erledigen. Manche Immobilienmakler etwa machen sich diesen Umstand längst zunutze und werfen Daten (beispielsweise zu Eigenheimen, die zum Verkauf stehen), in ChatGPT. Das Tool übernimmt dann die Schreibarbeit. Das ist nur ein Beispiel von vielen - die Möglichkeiten sind vielschichtig.
Allerdings steckt Generative AI realistisch betrachtet noch in den Kinderschuhen. Uns steht Großes bevor. (fm)
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Computerworld.