Es klimpert so schön mit den großen blauen Augen. Und es hat so reine helle Haut, dieses zierliche kleine Wesen, das an diesem Freitagmorgen unbedingt mit Dominik Bösl sprechen will. Bösl ist Redner auf dem Innovationsforum der Unternehmensberatung Accenture im Hotel Bayerischer Hof.
Allein er lässt sich von dem himmelblauen Augenaufschlag nicht bezirzen - das Wesen kann warten. Warten, ohne sauer zu werden. Warten, ohne müde zu werden. Warten, ohne zu vergessen, was es eigentlich fragen wollte. Und fragen will es ohnehin nur Fachliches - denn die kleine Gestalt ist ein Roboter.
Bösl wird als Corporate Innovation Manager beim Maschinenbauer Kuka, dem Marktführer für Industrie-Robotik, über Industrie 4.0 und disruptive Technologien sprechen. Vorher aber nimmt er sich Zeit für ein Gespräch mit dem CIO-Magazin.
Dass Bösl heute diesen Job macht, ist Zufall. Der Diplom-Informatiker, 31 Jahre jung, war zunächst bei Siemens eingestiegen und dann zu Microsoft gewechselt. Für den Konzern wollte er in die USA gehen, der Vertrag war so gut wie unterschrieben. Doch bei einer Veranstaltung lief ihm ein Manager von Kuka über den Weg. 2011 begann Bösl in der Geschäftsführung der Kuka Laboratories als Leiter der Konzernstrategie, seit 2012 verantwortet er bei der Kuka AG Innovation und Technologie-Management. "Ich hätte mich nicht auf den Job beworben", sagt er offen. Und fügt an: "Das gilt meiner Erfahrung nach übrigens für die meisten Innovation Manager."
Der Robotik-Hersteller strukturiert sein Innovations-Management derzeit um. Es gibt neben dem CIO und dem CTO (Chief Technology Officer) mit Bösls Chef auch einen Chief Innovation Officer, kurz CINO. Nächste Aufgabe des Innovation Office, das als Stabsstelle organisiert ist, wird der Aufbau themenbezogener Projekt-Teams sein. Themen kreisen bei Kuka zum Beispiel um neue Arbeitsmodelle in der Automobilindustrie und um die Überalterung der deutschen Gesellschaft.
Schon 2020 wird mehr als jeder Zweite älter sein als 50 Jahre. Welche Bedarfe entstehen daraus etwa für ein selbstbestimmtes Leben zu Hause, welche Produkte werden gebraucht? Bösl schmunzelt. "Man erwartet von uns, dass wir in die Glaskugel gucken können", sagt er.
Blick nach vorn, Rücken am Retro-Sofa
Doch der Blick ins runde Kristall ist nur Teil seiner Arbeit. "Natürlich hängt die Innovationsfähigkeit einer Firma mit der Führungskultur zusammen", sagt er. Dazu gehört eine "gesunde Mischung" bei der Teamzusammensetzung. Verschiedene Disziplinen, verschiedene Mentalitäten und am liebsten Menschen mit "Out of the box"-Denke.
Der junge Mann selbst versteht sich auch nicht als "typischer" Manager. Ganz Generation Y, fühlt er sich in Jeans und T-Shirt wohler als im Anzug. In seinem Büro stehen Möbel wie im deutschen Wohnzimmer der 1950er-Jahre - das Versinken in einem Retro-Sofa fördere den Blick für Unerwartetes, so seine Erfahrung.
Die oft genannte Forderung nach flachen Hierarchien beschreibt Bösl so: "In unseren Projekt-Teams sitzt dann auch einmal der CTO neben dem Hilfsarbeiter, wenn dieser Experte für das Thema ist."
Auch auf Reisen ist Bösl oft - er hält viel vom Austausch mit Kollegen aus anderen Unternehmen. Seine Beobachtung: "Letztlich haben wir alle dieselben zwei Probleme. Erstens: wie setze ich die Innovation um? Zweitens: wie gehe ich mit Widerständen um?" Hier könnten sich die Innovationsverantwortlichen aus den verschiedenen Branchen und Unternehmen helfen - wenn sie denn etwas von der typisch amerikanischen Offenheit übernähmen. In Deutschland ist das mit dem Austausch nicht immer so einfach. "Ich war kürzlich auf einem Kongress", erzählt Bösl.
"Ich war der achte Redner und alle sieben vor mir haben genau dieselben Folien aufgelegt - die drei Stufen des Innovations-Management, der Innovations-Trichter und so weiter. Als ich dran war, habe ich meine sämtlichen Folien weggelassen und in die Runde gefragt: Wie löst Ihr Eure Probleme?". Die Antwort waren ungläubige Blicke. Wieso, man hat doch keine Probleme!
Dass es ganz anders geht, zeigen "No Badge-Meetings", wie Bösl sie nennt. Die Idee: jeder gibt sein Badge ab, "vergisst" also für die Dauer des Meetings jegliche Firmenzugehörigkeit. Es funktioniert, versicherte der Kuka-Manager. Runter mit dem Badge heißt raus mit der Sprache. Die Regeln dabei: keine Fotos, keine Presse. Solche Treffen finden denn auch im äußerst vertraulichen Rahmen statt.
Die drei Komponenten eines Innovation-Managers
Bösl erwartet, dass sich die Zunft der Innovation Manager weiter professionalisieren wird. Er kann sich auch eine standardisierte Ausbildung vorstellen. Drei Komponenten muss eine solcher Manager mitbringen: erstens den technischen Sachverstand. Ohne den geht es nicht. Zweitens ein gutes methodologisches Rüstzeug, denn man kann durchaus lernen, innovativ zu sein. Das dritte sind "die letzten zehn Prozent". Über die sagt der junge Manager schlicht: "Man muss es wollen!"