Klinik-IT muss Industrie-Wissen nutzen
Aus dem Unterpriviligierten-Status herauskommen
Die IT werde in Krankenhäusern erst allmählich als zentrales Steuerungs- und Kontrollinstrument betrachtet, sagt Ruppel: "Das ist in der Industrie schon lange der Fall", und hier liegt vielleicht der größte Unterschied. Der Wandel gründe sich darauf, dass sich die Healthcare-IT zu einem Prozess-Steuerungstool und zum Werkzeug für die Geschäftsführung zum Treffen strategischer Entscheidungen entwickle, führt der PwC-Mann aus.
Dieser Paradigmenwechsel schließe auch die Verwendung von Industriestandards wie Six Sigma, Prince2, PMI und ITILITIL mit ein. Diese finden sich Ruppel zufolge im Krankenhaus ähnlich wie Kennzahlenbetrachtungen noch sehr selten. Ein Wirtschaftsunternehmen orientiere sich an Good und
Best Practices - "Ich sehe keinen Grund", folgert der PwC-Berater, "warum dies nicht auch für Krankenhäuser gelten sollte"
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Der Aachener IT-Leiter Lowitsch räumt denn auch einen gewissen Nachholbedarf ein: "Vielleicht wenden wir diese Standards noch nicht so konsequent wie die Industrie an." Dies liege auch an den unterschiedlichen Voraussetzungen, argumentiert Bräuer vom Klinikum St. Marien, der auf den hohen Standardisierungsgrad in der freien Wirtschaft verweist. Sein Münchener Kollege Poth nennt als Grund die komplexen Prozesse in der Klinik, die aus der Kernaufgabe herrühren.
Standardisierung und Flexibilität
Gerade die relative Freiheit in der medizinischen Wissenschaft mache es schwer, Verfahren mit IT abzubilden, zu optimieren und dann wiederum vorzugeben: "Die Prozesse und die Verantwortung dahinter sind selten regelbasiert und daher nicht klassisch durchstrukturiert", sagt Poth.
IT-Leiter Lowitsch aus Aachen sieht hier eine der wichtigsten Stellschrauben: "Wir werden nur fortbestehen können, wenn wir Steuerungsprozesse haben wie ein gut geführtes Industrieunternehmen." Auch PwC Berater Ruppel geht davon aus, dass sich bei diesem Spagat von Standardisierung und Flexibilität die Zukunft einer Klinik entscheiden kann. Schließlich liege der Wertbeitrag der IT nicht primär in der Technologie, "sondern in den Prozessen und Kontrollmechanismen, die sich damit abbilden und etablieren lassen". Und wie in der Industrie gilt Ruppel zufolge ebenfalls für Krankenhäuser: "Mit einer starken Klinikverwaltung lassen sich standardisierte Prozesse deutlich besser durchsetzen." Alternativ funktionieren auch Geduld und Argumente, so wie beispielsweise im MRI: Die IT wolle ja nicht kritisieren, sondern zeigen, wie man etwas besser machen und den Gewinn erhöhen könne, berichtet Poth.