NSA-Skandal
Bund mustert US-Anbieter aus
Für den Internetanbieter Verizon ist es in Deutschland keine gute Woche. Die Bundesregierung wolle sich von dem US-Unternehmen als Netzbetreiber verabschieden, kündigte das Innenministerium an. Behördenmitarbeiter sollen künftig lieber über die Deutsche Telekom im Internet surfen und kommunizieren. Auch der Deutsche Bundestag will Verizon so schnell wie möglich den Rücken kehren. Unter dem Eindruck des NSA-Skandals will man sich lieber nicht auf einen Internetanbieter aus den USA verlassen, selbst wenn es sich nur um dessen deutsches Tochterunternehmen handelt.
Im Bundestag ist Verizon einer von drei Anbietern, mit deren Hilfe Abgeordnete, ihre Mitarbeiter und Verwaltungsangestellte ins Internet gehen. Sie sei alarmiert darüber, sagt Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau (Linke) der Nachrichtenagentur dpa. Der Vertrag mit der deutschen Tochter von Verizon wurde zwar bereits zum Ende des Jahres 2014 gekündigt. Doch nun wollen die Abgeordneten so schnell wie möglich ohne die Amerikaner auskommen.
Bei der Regierung dauert es etwas länger. Schrittweise soll der Vertrag an andere Anbieter übergeben werden, nach dem Willen des Innenministeriums am liebsten an die Telekom. Wahrscheinlich dauert das bis 2015. Damit ist Verizon eines der ersten amerikanischen Unternehmen, das die Auswirkungen des NSA-Skandals direkt zu spüren bekommt.
Die Debatte hatte die Webseite "Netzpolitik.org" angestoßen. Sie berichtete als erste, dass der Bundestag sein Internet von Verizon beziehe. "Arbeitserleichterung für die NSA", titelte das Blog. Der Bundestag präsentiere "die eigentlich schützenswerte Kommunikation den fremden Geheimdiensten quasi auf dem Silbertablett".
Nun beschreibt das eher die theoretische Möglichkeit als eine nachgewiesene Tatsache. Das Innenministerium gibt sich Mühe, einen Verdacht zu vermeiden. "Einen konkreten Vorwurf an Verizon (..) gibt es nicht", betont ein Sprecher am Freitag.
Klar ist jedoch, dass Verizon in den USA eine ganze Menge Daten an die NSA weiterleitet. Dazu ist das Unternehmen per Gerichtsbeschluss verpflichtet. Diese Tatsache ist nicht neu: Sie war die erste Enthüllung auf Basis der Dokumente des ehemaligen Geheimdienstlers Edward Snowden. "Das war mir im Sommer letzten Jahres schon klar, dass diese Firma zumindest gezwungen ist, Daten an die NSA zu geben", sagt Pau. Sie ärgert sich, dass die Abgeordneten nicht schon früher gewarnt wurden, etwa vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.
Dabei sperrt auch ein Wechsel des Netzbetreibers Geheimdienste nicht komplett aus. Denn die Daten werden weiterhin übers Internet verschickt. Im NSA-Untersuchungsausschuss rieten Fachleute deshalb erst in dieser Woche, alle Kommunikation sicher zu verschlüsseln. So können nur Absender und Empfänger die Nachrichten lesen. (dpa/rs)