Kuba
Die Bastion des Sozialismus wagt die Marktwirtschaft
Kuba tastet sich an die Marktwirtschaft heran: Präsident Raúl Castro will ausländische Investoren mit einer Sonderwirtschaftszone ins Land locken, um die marode Wirtschaft in Schwung zu bringen. Die Lage ist düster, denn seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion fehlt deren finanzielle Unterstützung. Zuwendungen kommen heute vor allem aus dem ölreichen Venezuela. Devisen bringt bislang vor allem der Tourismus.
Die wirtschaftliche Situation der etwa elf Millionen Kubaner ist meist trist. Viele werden von Verwandten im Ausland - vor allem in den USA - finanziell unterstützt. Wer nicht das Glück hat, etwa im Tourismussektor an Trinkgelder zu kommen, dem bleibt oft nur das magere Staatsgehalt von etwa 30 US-Dollar im Monat.
Die Regierung hat bereits erste vorsichtige marktwirtschaftliche Reformen eingeleitet. Sie lockerte die Reisebeschränkungen, erlaubte mehr selbstständige Berufe und auch Angestellte in den kleinen Privatbetrieben.
Anfang November schließlich schuf die Regierung im Hafen Mariel eine Sonderwirtschaftszone. Die rund 465 Quadratkilometer große "Spezielle Entwicklungszone Mariel" ähnelt den Sonderwirtschaftszonen, die in den späten 1970er Jahren die Entwicklung Chinas antrieben.
"Das ist das wichtigste Projekt in Kuba der vergangenen Jahre", sagt Ana Teresa Igarza. Sie leitet ein eigens geschaffenes Büro, dass den Fluss von ausländischem Kapital nach Mariel regulieren und vorantreiben soll.
Der Industriepark soll - trotz der US-Sanktionen gegen die Insel - ausländische Firmen und Kapital anlocken. Investitionen flossen bislang vor allem aus Spanien, Brasilien, Kanada oder Frankreich. Pharmakonzerne, Industrie- und Telekomfirmen oder Biotechnologie, sie alle seien willkommen, so die Regierung.
Doch viele potenziellen Investoren dürften noch zögern: Kuba verspricht zwar Steuervorteile und, dass Firmen "nicht enteignet werden." Unternehmen würden "vollen Schutz und Sicherheit" genießen, versichert Außenhandelsminister Rodrigo Malmierca. Doch die Erinnerung an die Enteignungen nach der Revolution 1959 unter Fidel Castro ist noch lebendig. Die gesamte Wirtschaft ging damals schrittweise in den Staatsbesitz über.
Auch Arbeitskräfte sind ein Problem. Vor Ort werden Mitarbeiter durch eine Regierungsagentur angeworben, eine übliche Praxis, seit sich die Insel in den 90er Jahren für ausländisches Kapital öffnete.
Dabei zahlt der ausländische Investor an die Agentur die Löhne in Devisen, die Arbeiter erhalten nur das Staatsgehalt. Die oft beträchtliche Differenz bleibt der Regierung. Auch in Mariel könnte hauptsächlich der Staat profitieren, befürchtet Jorge Duany vom Kuba-Forschungsinstitut der Florida International University in den USA.
Auf Kuba seien der Faktor Arbeit und der Schutz der Arbeiter sehr wichtig, verteidigte Igarza die Existenz der Agentur. Sie deutete aber an, dass Arbeiter in Mariel höhere Löhne als bislang üblich erhalten könnten.
Für Kopfzerbrechen sorgt zudem eine von Castro angekündigte Währungsreform. Seit den 1990ern gibt es auf Kuba zwei Währungen - den konvertiblen Peso (CUC) und den regulären Peso (CUP). Ausländische Firmen arbeiten mit dem an den Dollar gebundenen CUC, der Staat bezahlt Löhne und Gehälter in CUP. Für einen CUC erhält man etwa 25 CUP. Die Doppelwährung spaltet die Gesellschaft: Diejenigen mit Zugang zu CUC und die ohne. Viele Ausgaben des täglichen Lebens können allein mit dem mageren staatlichen Monatseinkommen nicht bestritten werden.
Die Währungen sollen nun wieder zusammengeführt werden. Ein Zeitrahmen für die Reform ist allerdings nicht bekannt. Bis die Reform komme, würden viele Investoren abwarten, meint Emilio Morales von der Beratungsfirma "The Havana Consulting Group" in Miami.
Für ausländische Firmen stellt sich in Kuba nun die Frage: Abwarten, was die Reformen bringen, oder versuchen, einen Fuß in der Tür zu haben, falls die USA irgendwann ihre Sanktionen aufheben und auf den Markt vor ihrer Haustüre drängen? (dpa/rs)