Strom oder Gas?
Die Suche nach dem Nutzfahrzeug-Antrieb der Zukunft
Lastwagen-Kolonnen auf den Autobahnen, stetig wachsender Online-Handel samt Lieferverkehr, Diesel-Fahrverbote in Städten: Der Lkw-Verkehr ist nah am Anschlag. Und die BrancheBranche befindet sich im Umbruch. Elektroantriebe sollen zumindest in der Stadt die Lösung für den Lieferverkehr sein. In dieser Ausgangslage treffen sich Lkw-Bauer, Spediteure und Zulieferer zu ihrer weltgrößten Messe - der IAA Nutzfahrzeuge (20. bis 27. September) in Hannover. Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), versprach "überzeugende Lösungen". Top-Firmen der Branche Automobil
"Wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche IAA Nutzfahrzeuge sind gegeben: Es haben sich noch einmal mehr Aussteller angemeldet als im bereits sehr guten IAA-Jahr 2016", sagte Mattes. Die Ausstellungsfläche von rund 282.000 Quadratmetern sei ausgebucht, mehr als 2.100 Aussteller aus rund 50 Ländern würden erwartet, der Anteil der ausländischen Aussteller betrage knapp 60 Prozent. Mattes betonte: "Im Mittelpunkt stehen Digitalisierung, Vernetzung, automatisiertes Fahren, Elektromobilität und urbane Logistik."
4,3 Milliarden Tonnen Waren pro Jahr
Gleichzeitig gilt: Über Deutschlands Straßen, Schienen und Wasserstraßen werden laut Bundesverkehrsministerium jährlich 4,3 Milliarden Tonnen Waren bewegt. Das Problem: Auf der Langstrecke stößt der Elektroantrieb für vor allem schwere Transporter schnell an seine Grenzen, meinen Experten wie der Branchen-Fachmann Stefan Bratzel. Als Ersatz könnten Antriebe dienen, die Flüssiggas (LNG) als alternativen Kraftstoff nutzen.
Dennoch werden E-Transporter "auf breiter Front" Fahrt aufnehmen, wie der VDA ankündigte. Diese seien emissionsfrei, leise, ihre Batterien ließen sich in kurzer Zeit wieder aufladen - und sie böten Reichweiten zwischen 120 und 200 Kilometern. Das Ladevolumen umfasse 6 bis 20 Kubikmeter, die Zuladung betrage 900 bis 1.750 Kilogramm. Auch kleinere E-Transporter sollten zu sehen sein, teilte der VDA vor allem mit Blick auf Paketdienste, Handwerker und Lieferanten in Städten mit. Die Sparte der leichten Nutzfahrzeuge von Volkswagen stellt beispielsweise den vollelektrischen E-Crafter vor. Auch Stadtbusse mit E-Antrieb sollen gezeigt werden.
Klimaschutz voranbringen
Der Hintergrund: Die EU-Kommission will erstmals auch für Lastwagen verbindliche Ziele zur Senkung der Kohlendioxidwerte vorgeben, um den Klimaschutz voranzubringen - ähnlich wie bei Personenwagen und leichten Nutzfahrzeugen.
Parallel will die Messe Fortschritte rund um Vernetzung und automatisiertes Fahren zeigen - Sensoren und Kameras sollen Nutzfahrzeugen "schon in naher und allernächster Zukunft Sehen und Hören" beibringen, wie der Verband ankündigte. Das sorge für mehr Sicherheit.
Mobile Dienste sollten die Logistikkette von der Bestellung bis zur Auslieferung organisieren - und darüber hinaus online über den Zustand des Lasters und des Fahrers informieren. Und: Die Automatisierung von Logistikprozessen und Lastwagen könne bis 2030 die Logistik-Kosten beinahe halbieren, ergab eine Studie von Strategy&, der Strategieberatung des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC. Vier Fünftel der Einsparungen gehen allerdings auf Einschnitte beim Personal in der Transport- und Logistikbranche zurück.
Lkw-Hersteller verzeichnen große Nachfrage
Aber wie sind die Aussichten für die Branche - angesichts der Verwerfungen in der internationalen Handelspolitik? Bisher läuft das Jahr 2018 für die Truck-Branche gut. In den ersten acht Monaten wurden in Deutschland 250.700 Nutzfahrzeuge neu zugelassen, ein Plus von 4 Prozent. Allein im August waren es 33.500 Transporter, zwölf Prozent mehr als im Vorjahresmonat und ein Rekordwert, wie der Branchenverband VDA am Freitag berichtete. International ist die Nachfrage ebenfalls groß. Auf dem größten Markt China wurden bis Juli 858.000 schwere Nutzfahrzeuge verkauft (plus 8 Prozent), in den USA waren es 266.500 (plus 18,2 Prozent). Nur in Großbritannien warf der drohende Brexit seinen Schatten voraus: Dort sank der Absatz um 8 Prozent. (dpa/rs)