Banken unter Druck
Digital Banking: Alle Macht dem Kunden
Es ist noch nicht lange her, da zählte für Privatkunden die Entfernung bis zur nächsten Filiale zu den wichtigsten Kriterien bei der Auswahl der Bank. Im digitalen Zeitalter spielt die örtliche Nähe aber nur noch eine untergeordnete Rolle, da die meisten Bankgeschäfte online über den PC und immer häufiger auch über das Smartphone erledigt werden. Schon heute greifen laut einer Studie des Beratungsunternehmens EffectiveUI 82 Prozent der Bankkunden digital auf die Finanzdienstleistungen zu. Und der Trend wird sich noch verstärken; laut einer Studie von Bain wird 2020 der Anteil digitaler Transaktionen bei Banken auf bis zu 95 Prozent steigen.
Die logische Folge der Entwicklung ist, dass Bankkunden in Europa immer seltener die Filiale aufsuchen. Gingen sie vor 20 Jahren noch mehr als zweimal pro Monat zur Bank, nahmen sie 2012 nur noch alle drei Monate den Weg zum Schalter auf sich. So kommt es zu einer raschen Ausdünnung der Filialen. Die KfW hält ein Szenario, bei dem sich die Filialdichte bis 2035 nahezu halbiert, für realistisch. Kosteneinsparungen, stetige Rationalisierung durch verbesserte Technologien und innovative Prozesse, veränderte Kundenanforderungen und die Digitalisierung nennt die KfW als Gründe für die Schließungen.
Darüber hinaus stehen neuerdings sowohl klassische Filialbanken als auch Online-Banken im scharfen Wettbewerb mit FinTechs. Das sind Startups oder junge Unternehmen, die sich auf einen eng umgrenzten Geschäftsbereich im Finanzwesen konzentrieren, den sie mit Hilfe einer hochmodernen technologischen Plattform bedienen. Häufig wählen die FinTechs ihre Aktivitäten so aus, dass sie sich nicht einmal der Bankenregulierung unterwerfen und so geringere Anforderungen an Compliance erfüllen müssen als die Banken.
Angesichts dieser Konstellation verwundert das Ergebnis einer von Hewlett Packard Enterprise (HPE) bei Economist Intelligence Unit in Auftrag gegebenen Studie nicht. Ihr zu Folge sehen über zwei Drittel der befragten C-Level-Bankmanager die FinTechs als Bedrohung für ihre eigene Marktposition.
Digitalisierung ist ein Muss
"Wollen Banken erfolgreich bleiben, müssen sie sich der Herausforderung des digitalen Wandels stellen, ohne sich im damit zusammenhängenden technischen Aufwand zu verlieren", erklärte jüngst Werner Klein, Mitarbeiter von HPE im Business Development für die Finanzdienstindustrie, in einem Gespräch mit der Online-Plattform BVEx.
Den Organisationen stehen bei der unumgänglichen Digitalisierung jedoch oft ihre über Jahrzehnte gewachsene Kernbanken-Lösung im Weg. "Banken binden häufig viele Ressourcen, um ihre meist gewachsene, monolithische Core-Banking-Anwendung fit für das Digital Banking zu machen", führt Klein weiter aus. Die Beobachtungen des HPE-Managers werden von den Ergebnissen der EIU-Studie bestätigt. Demnach glauben 75 Prozent der befragten Banker, dass die im eigenen Haus installierte Technologie Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit bedrohe. Umgekehrt sagen 80 Prozent der FinTech-Manager, dass sie gegenüber den herkömmlichen Banken im Vorteil seien, weil sie ohne Legacy-Systeme arbeiten können.
As-a-service-Modell entlastet die IT
Als Ausweg aus dem Dilemma empfiehlt HPE-Manager Klein den Banken eine Banking-as-a-Service-Lösung: "Damit erhalten sie eine bewährte und maßgeschneiderte Lösung, die sich sehr schnell dem sich dynamisch ändernden Marktumfeld anpasst. Der Provider sorgt sich um den Betrieb, die Wartung, die Weiterentwicklung, die Compliance-Aufgaben und die Sicherheit der Lösung." Ein Cloud-Betreibermodell sorgt für eine dauerhafte Entlastung der Banken-IT-Teams von zeitaufwändigen Aufgaben für die Sicherstellung des operativen Betriebs.
Sanfte Migration und hohe Agilität
Unabhängig vom Betreibermodell, bietet ein modernes Core-Banking-System klar definierte digitale Prozesse, die einen hohen Automatisierungsgrad ermöglichen, sowie eine große Auswahl an offenen Programmschnittstellen, die viele verschiedene Systeme unterschiedlichster Hersteller und auch vorhandene Legacy-Systeme einbinden. So ist ein sanfter Übergang ins moderne, digitale Zeitalter möglich, bei dem man im laufenden Betrieb nach und nach Prozesse und Anwendungen auf die neue Plattform überführt.
Mit einem flexiblen, modernen Core-Banking-System und einem innovativen, cloudbasierten Betriebsmodell, erhalten die Banken außerdem die notwendige Agilität, um im dynamischen Umfeld der Finanzindustrie bestehen zu können. Eine standardisierte, effiziente und vollständig auf die digitale Welt ausgerichtete Bankenlösung ebnet den Weg zur Prozessautomatisierung und -innovation. Damit lassen sich die Kosten im Back-Office senken und die Arbeit im Front-Office vereinfachen. Weiter wirkt sich die Prozessautomatisierung positiv auf die Fehlerrate aus, was wiederum zur verbesserten Kundenzufriedenheit beiträgt.
Der Kunde ist wieder König
Mit einer modernisierten IT können die Banken den Kunden wieder in den Mittelpunkt aller Aktivitäten stellen und Produkte und Dienstleistungen für ihn entwickeln. So lassen sich einerseits die Kundenzufriedenheit verbessern und andererseits neue Einnahmequellen erschließen. Zu den wichtigen Aufgaben, die momentan die Finanz-IT beschäftigen, gehören beispielsweise die Integration neuer Zahlverfahren wie mobile Bezahlsysteme und Online-Payment, oder die Realisierung fortschrittlicher Authentifizierungsmethoden wie die Identitätsprüfung per Videokommunikation oder per Foto. Mit solchen Anwendungen werden durchgehende automatisierte Ende-zu-Ende-Transaktionen möglich, die die Kundenzufriedenheit erhöhen.
"Die Kunst ist, den Spagat zu schaffen, 'konservative' Bestandskunden und die Digital Natives gleichermaßen zu bedienen. Erst die freie Wahl des Kommunikationskanals sorgt für Zufriedenheit beim Kunden", sagt Thomas Pecha, Geschäftsführer CREALOGIX Austria, einem Schweizer Anbieter von Digital-Banking-Softwarelösungen. "Die Kunden wollen unabhängig von ihrem Aufenthaltsort und unabhängig vom benutzten Gerät auf die Dienstleistungen ihrer Bank zugreifen. Erfolgreiche Banken kommen daher nicht mehr ohne Omni-Channel-Konzept aus."
Omni-Channel-Konzept lässt dem Kunden die Wahl
Das Omni-Channel-Konzept geht weit über den bisherigen Multi-Channel-Ansatz hinaus, wie der "Connected Banking Report 2015" von The European House - Ambrosetti darlegt: "Der Multi-Channel-Ansatz bietet ein nicht zusammen hängendes Set von Kanälen mit einem mäßigen Kundenerlebnis und begrenzten Interaktionsmöglichkeiten.
Das Omni-Channel-Konzept setzt dagegen auf die Integration möglichst aller Kanäle, über die der Kunde die komplette Kontrolle hat und sie gemäß seiner eigenen Präferenzen und Anforderungen nutzen kann. Dank der Integration der unterschiedlichen Kanäle vermitteln die Banken ein einheitliches Erscheinungsbild und verbessern das Kundenerlebnis, weil die Prozesse auf allen Plattformen gleich aussehen und ablaufen."
Der Omni-Channel-Ansatz bedeutet aber, dass man das Augenmerk verstärkt auf die Schnittstelle zum Kunden, also das Front-End legen muss. "Die meisten Entwicklungen wie beispielsweise die Integration mobiler Endgeräte betreffen in hohem Maße das Frontend", erklärt Pecha. "An der Schnittstelle zwischen Bank und Kunden schlagen sich die notwendigen Veränderungen und Anpassungen schnell und auch für den Kunden sichtbar nieder."
Die Notwendigkeit, die vielen verschiedenen Formfaktoren von Smartwatches, Smartphones und Tablets, Notebooks und PCs mit einer konsistenten grafischen Oberfläche zu unterstützen, macht den Aufwand für die Entwickler deutlich. Mit einer Ende-zu-Ende-Lösung, deren Komponenten auf offenen Standards und Schnittstellen beruhen und überdies aufeinander abgestimmt sind, lässt sich diese Aufgabe einfacher bewältigen.
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