Künstliche Intelligenz
Einsatzszenarien von KI bis 2040
- 2024 kommt die Robotersteuer, sie finanziert Umschulungen von Menschen, die ihren Job an einen Roboter verloren haben
- Ab 2025 werden auch Algorithmen Audits unterzogen
- Quanten-Verschränkung von KI-Sicherheit und Kryptographie soll das Hacken von KI-Systemen vermeiden, ab 2038 wird das zum Mainstream
Surrogat-Menschen - künstliche Nachbildungen echter Menschen - könnten ab 2035 Alten und Kranken beistehen. Das ist nur eines von vielen Szenarien, die der Berater KPMG für möglich hält. In der Studie "Wertschöpfung neu gedacht - von Humanoiden, KIs und Kollege Roboter" wirft KPMG einen Blick in die Zukunft. Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit Trendone, einem Hamburger Berater und Zukunftsforscher.
Grundsätzlich unterscheiden die Consultants zwischen schwacher und starker Künstlicher Intelligenz (KI). Stark wird KI dann, wenn sie ein eigenes Bewusstsein entwickelt. Dies ist aktuell noch nicht möglich, KPMG rechnet aber für die Zukunft damit. "Bob" und "Alice" lässt KPMG nicht als starke KI gelten. Es handelt sich um zwei Bots, die Facebook-Forscher ursprünglich auf Englisch trainiert hatten.
Mit der Zeit unterhielten sich Bob und Alice in einer eigenen Sprache. So sagte Bob: "I can can I I everything else", worauf Alice antwortete: "Balls have zero to me to me to me to me to me to me to me to me to." Die Facebook-Forscher haben die Bots abgeschaltet.
Beispiele für KI-Einsätze in der Zukunft
KPMG entwirft Szenarien für den KI-Einsatz auf vier Feldern. KI-Systeme können Innovation in Produkten und Dienstleistungen sowie in Prozessen und Systemen unterstützen. Dazu ein paar Beispiele:
Lifos (seit 2018)
Schon heute entwickeln Spezialisten Bots, die KPMG als eine Art onlinebasierte Lebensform bezeichnet. Lifo steht für Independent online life forms. Wie "echte" Lebenswesen entwickeln sie sich ständig weiter, indem sie Funktionen von Apps übernehmen. Dabei orientieren sie sich an ihren Nutzern.
Exo-Skelette (ab 2025)
Derzeit werden Exo-Skelette noch getestet. Möglicherweise setzen Behinderte die externen Skelette ab 2025 ein, um unabhängig und voll beweglich zu leben. Ein weiterer Use Case: Krankenpfleger vervielfachen durch Exo-Skelette ihre eigene Kraft beim Heben von Patienten.
Neuro-Staub (ab 2035)
Eine neue Form von Brain-Machine-Interface nennt sich Neuro-Staub. Das sind staubkorngroße intelligente Sensoren, die direkt ins Gehirn implementiert werden. Sie nehmen die Gedanken auf, so dass der Anwender Maschinen und Geräte steuern kann. Auch dann, wenn diese an weit entfernten Plätzen stehen.
Cash Recovery (seit 2018)
Werden Verträge falsch ausgelegt, bleiben Rabatte nicht genutzt oder Qualitätsabweichungen übersehen, verlieren Unternehmen Geld. KI-Systeme können solche Fälle schneller und günstiger aufspüren als menschliche Experten.
Algorithmen in den Audit (ab 2025)
Auch Algorithmen produzieren Fehlentscheidungen. Künftig sollen Algorithm Audits systematische Fehler in den Kalkulationen vermeiden.
Robo-Polizei (ab 2040)
Roboter, die über KI-Systeme verfügen, patrouillieren in Städten, kontrollieren Ausweise und ordnen Demonstrationen. Algorithmen rechnen aus, inwieweit ein Straftäter eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt, und legen Art und Dauer seiner Bestrafung fest.
Robotic Process Automation (seit 2018)
In Teilbereichen übernimmt robotergesteuerte Prozessautomatisierung schon jetzt Arbeiten. Künftig wird es nicht nur um Automatisierung gehen, sondern auch um das Identifizieren von Engpässen in der Wertschöpfung samt Anpassung der System-Parameter. Das könnte klassisches Outsourcing ersetzen.
Brain-Machine-Interface in die Cloud (ab 2035)
Ein Chip, der die Hirnrinde drahtlos mit einem Computer verbindet, verlinkt den Menschen direkt in die Cloud. Ein anderer Use Case ist die Behandlung von neuro-degenerativen Krankheiten.
Telepathie (ab 2040)
Die Vorarbeit zur zwischenmenschlichen Kommunikation über das, was umgangssprachlich Telepathie heißt, gelang schon 2014. Forscher zeichneten über Elektroden die Hirnströme eines Menschen auf, wandelten sie in binären Code um und schickten diesen durch das Internet. Der Empfänger - 8.000 Kilometer entfernt - nahm den Code durch transkranielle Magnetsimulation auf. Er entschlüsselte einzelne Worte, wobei die Fehlerrate bei 15 Prozent lag. Um das Jahr 2040 herum wird diese Technologie einen Quantensprung gemacht haben, erwartet KPMG.
Daten-Seen (ab 2021)
Im Daten-See (Data Lake) liegen alle relevanten Daten eines Unternehmens in ihrer ursprünglichen Form. KI-Systeme können die Informationen für jede Art von Analyse einfach und beliebig verknüpfen. Außerdem fungiert der See als Datenpool für das langfristige Training von KI-Systemen.
Unternehmen zahlen Robotersteuer (ab 2024)
Ersetzen Unternehmen Mitarbeiter durch Roboter, zahlen sie eine Robotersteuer, mit der Umschulungen finanziert werden. Allerdings muss der Begriff "Roboter" erst einmal eindeutig klassifiziert werden.
Quanten-Internet (ab 2038)
Seit 2014 wird mit der Quanten-Verschränkung von KI-Sicherheit und Kryptographie gearbeitet, um das Hacken von KI-Systemen zu vermeiden. Künftig werden Unternehmen neben der traditionellen IT-Sicherheitsarchitektur nach und nach ein Quanten-Internet aufbauen.
Die menschliche Seite
Bei all den Blicken nach vorn lässt KPMG in der Studie auch den Denker Abu Hamid al-Ghazali zu Wort kommen. "Die Menschen widersetzen sich den Dingen, weil sie sie nicht verstehen", erklärte er. Das genaue Datum des Zitats ist nicht überliefert, Hamid al-Ghazali lebte von 1058 bis 1112. KPMG betont, dass Unternehmen Mitarbeitern wie Kunden die Angst vor KI-Systemen nehmen müssen.
- Dr. Christoph Angerer, Senior Developer Technologies Engineer - Deep Learning and Accelerated Computing bei Nvidia
"KI stellt kein fundamentales Risiko für den Datenschutz dar, wie oft angenommen wird. So kann Künstliche Intelligenz dazu beitragen, das Sicherheitsniveau zu erhöhen, etwa indem Daten bereits größtenteils auf dem Endgerät aggregiert und ausgewertet werden. " - Tobias Beuckes, RPA-Experte bei Horváth & Partners Management Consultants in Stuttgart
"Es ist wichtig, dass auf nationaler Ebene oder durch die EU ein Umfeld geschaffen wird, das den Einsatz von Technologien wie KI fördert. Ein regulatorisches Rahmenwerk sollte beispielsweise den Umgang mit den Daten regeln, die Anwendungen aus den Bereichen KI und maschinelles Lernen nutzen. Solche Frameworks sind die Voraussetzung dafür, dass Unternehmen eine langfristige Strategie bezüglich des Einsatzes von KI und maschinellem Lernen entwickeln können." - Hendrik Nieweg, Head of Solution Management bei Device Insight
"Wichtig sind 'Leuchtturmprojekte' im Bereich KI. Denn ein Großteil der Unternehmen wartet erst einmal ab, welche Erfahrungen Mitbewerber oder Partner bei der Umsetzung von KI-Initiativen machen." - Henning von Kielpinski, Vice President Business Development & Alliances bei der Consol Software GmbH in München
"Im Bereich KI und der Anwendung entsprechender Lösungen läuft Deutschland die Zeit davon. Mitbewerber aus dem Ausland bieten ihren Kunden bereits Zusatzdienste an, die auf Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen basieren." - Bernd Gloss, Managing Solution Architect bei Capgemini
"Unserer Auffassung nach konzentrieren sich derzeit viele Unternehmen darauf, existierende Prozesse mittels Industrie-4.0-Technologien zu verbessern. Beim Ausschöpfen der Möglichkeiten gehen sie allerdings noch sehr zaghaft vor." - Jan Karstens, Chief Technology Officer bei der Blue Yonder GmbH in Karlsruhe
"Die Disposition von Waren im Handel zählt zu den Einsatzfeldern, in denen nach unseren Erfahrungen KI und Maschinelles Lernen bereits heute unverzichtbar sind." - Michaela Tiedemann, Chief Marketing Officer bei der Alexander Thamm GmbH
"Bei Künstlicher Intelligenz geht es nicht nur darum, bestehende Prozesse zu verbessern. Vielmehr erlaubt der Einsatz von KI die Schaffung ganz neuer Geschäftsmodelle."