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Energieversorger

Energiewende klappt nur mit Digitalisierung

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Der Druck auf die Energieversorger steigt. Klimawandel, Netzausbau und neue Kundenbedürfnisse erfordern ein Umdenken. Die Digitalisierung kann helfen, den Wandel zu bewältigen – aber nur, wenn es jetzt schnell geht.
  • Allein regenerative Erzeugungsanlagen und deren schwankende Einspeisung schaffen eine Komplexität, die sich nur mit digitalen Systeme bewältigen lassen.
  • Das Energienutzungsverhalten in Haushalten ist für viele Versorger noch eine Black Box.
  • Es lässt sich noch nicht absehen, welche Geschäftsmodelle sich im Energiemarkt durchsetzen werden.
Die Energiewende will gut überlegt sein.
Die Energiewende will gut überlegt sein.
Foto: Sergey Nivens - shutterstock.com

Die deutschen EnergieversorgerEnergieversorger haben es wahrlich nicht leicht. Von zwei Seiten wächst stetig der Druck: Neben der Energiewende müssen die Anbieter auch den digitalen Wandel meistern, der die Basis der bisherigen Wertschöpfung grundlegend verändert. Top-Firmen der Branche Energie u. Rohstoffe

Beide Entwicklungen griffen unmittelbar ineinander, sagt Stefan Kapferer, Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Der Lobbyvertreter verweist in diesem Zusammenhang auf die rund 1,6 Millionen dezentralen und meist regenerativen Erzeugungsanlagen. Deren schwankende Einspeisung schaffe eine Komplexität, die sich nur mit Hilfe digitaler Systeme und einer modernen Infrastruktur bewältigen lasse.

Effiziente, schnelle und automatisierte Prozesse

Aus Sicht der Versorger steht der Umgang mit Daten im Mittelpunkt der DigitalisierungDigitalisierung. Ihren Angaben zufolge beschäftigt sich die Energiewirtschaft bereits heute damit, wie Datenströme aus Einspeisung, Smart Metering sowie dem Netzbetrieb gemanagt werden können. Das Ziel seien effiziente, schnelle und automatisierte Prozesse. "Energie-Unternehmen müssen zu echten Datenspezialisten werden", heißt es seitens des BDEW. Nur so könne man mehr über die Bedürfnisse der Kunden erfahren und entsprechend passende Produkte und Services anbieten. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de

Wie wichtig der richtige Umgang mit Daten für die Energieversorger wird, belegen auch die wachsenden Ansprüche der Konsumenten: Bereits mehr als jeder dritte Bundesbürger möchte Smart-Meter-Technik nutzen, bei den Jüngeren ist es sogar fast die Hälfte. Das hat der ITK-Branchenverband Bitkom im Rahmen einer Umfrage unter mehr als 1.600 Menschen hierzulande im Frühjahr 2018 herausgefunden.

Transparenz beim Stromverbrauch schaffen

Den Verbrauchern geht es demnach in erster Linie darum, jederzeit über ihren Stromverbrauch im Bilde zu sein sowie Stromfresser in ihren Haushalten zu identifizieren. "Wir brauchen Transparenz über den Verbrauch", fordert deshalb Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Noch sei das Energienutzungsverhalten in vielen Haushalten eine Black Box.

Digitalisierung schwer greifbar

Die wachsenden Kundenwünsche zu befriedigen ist allerdings nicht einfach. Die Versorger sprechen von aufbrechenden Wertschöpfungs- und erodierenden Branchengrenzen. Daten könnten auch von anderen gesammelt, aufbereitet und analysiert werden, um da­raus neue Angebote zu schnüren. Dazu komme, dass die Zusammenarbeit mit neuen Marktteilnehmern zunehmend an Bedeutung gewinne, heißt es beim BDEW. Beispielsweise umfasse das Thema Elektromobilität mehrere Wertschöpfungsstufen in der Energiewirtschaft, eröffne aber auch eine neue Branche.

Diese Veränderungen schüren verständlicherweise auch eine gewisse Verunsicherung. Beim BDEW fragt man sich, wie sich das "bereits jetzt schwer greifbare Gebilde Digitalisierung" weiter entwickeln wird. "Die Energiewende wird durch die Digitalisierung eine neue Dynamik entfalten", sagt BDEW-Chef Kapferer. Die entscheidende Frage werde sein, wer sich mit welchen Geschäftsmodellen am Energiemarkt der Zukunft behaupten wird. Dabei spielten Schnelligkeit, Mut und Kreativität eine entscheidende Rolle.

"Die guten alten Zeiten sind vorbei"

Einen Fehler dürfen die Energieversorger auf keinen Fall machen - zu zögerlich agieren. Denn das traditionelle Versorgungsbusiness bleibe weiter stark unter Druck, sagt Hilmar Franke, Director bei Deloitte. Das gelte für alle drei Bereiche der Wertschöpfungskette: Erzeugung, Netze und Endkundengeschäft. Deloitte spricht in seiner Strommarktstudie 2030 von wachsendem politischen Druck, der zunehmenden Konvergenz der Netze und sich weiter verändernden Kundenbedürfnissen. "Die guten alten Zeiten sind endgültig vorbei", so die Analysten. "Evolution allein reicht nicht aus, eine Revolution ist nötig."

Viele Energieversorger erwarten einen disruptiven Wandel

Die Unternehmen scheinen die Herausforderung anzunehmen. Laut der aktuellen Stadtwerke-Studie 2018 von Ernst & Young wollen sich 77 Prozent der Versorger in den kommenden zwei bis drei Jahren stark oder sehr stark mit der Digitalisierung auseinandersetzen - immerhin sechs Prozentpunkte mehr als noch vor einem Jahr. Gut die Hälfte sieht die Digitalisierung inzwischen als Chance, Tendenz steigend.

Mehr als ein Drittel der über 100 befragten Versorger rechnet mit disruptiven Veränderungen in den kommenden Jahren. Bis 2030 könnten die Umwälzungen noch gravierender ausfallen, lautet das Fazit der Analysten - mit Auswirkungen, die noch nicht abzuschätzen seien.

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