Handelsware CIO

Entlassen ohne Versagen

Versprechungen nicht eingehalten

Häufig liegen Wunschdenken der Geschäftsleitung und Realität am Ende weit auseinander. Es passiert nicht selten, dass die Versprechungen, die die Geschäftsführung einem CIO in Hinsicht auf Budgetverantwortung und Governance-Strukturen vor Beginn seiner Tätigkeit gemacht hatte, nicht eingehalten wurden. Derartigen Missverständnissen möchte Heidrick& Struggles-Principal Hollaender-Herr vorbeugen, indem sie einige Charakteristika des Unternehmens detailliert über eine Balanced Scorecard erfasst: „Wie wird die IT gesehen,wie das Alignment,wie die Strategie?“ sind einige der Fragen, auf deren Basis sich Heidrick & Struggles ein Bild vom Stellenwert der IT im Unternehmen macht. Personalberater und IT-Spezialist Andrade und ein Branchenexperte gehen ins Unternehmen, um in persönlichen Interviews einen Eindruck vom erwarteten „IT- und funktionalen Know-how“ des gesuchten CIOs zu bekommen. Auf dieser Basis entsteht ein Briefing für den potenziellen Kandidaten.

Um die Gefahr weiter zu verringern, dass selbst ein guter Kandidat im Unternehmen scheitert, bieten die Personalberater jetzt für das „Placement im Top- Bereich“ ein „On-Board-Coaching“ an. Ein neutraler Coach fungiert sozusagen als „Geburtshelfer“ für den Einstieg des CIOs ins Unternehmen. Er begleitet ihn bereits vor dem Einstieg, über die ersten 30 Tage bis zu ein Jahr lang. Das Ziel ist unter anderem, die Eigen- und die Fremdwahrnehmung aufeinander abzustimmen.„Realistische Selbsteinschätzung ist immer noch eine rare Fähigkeit“, meint Hollaender-Herr. Noch sind solche Coachings die Ausnahme, trotz steigender Tendenz.

Manager sollten ihre Defizite kennen

Mit falscher Einschätzung hatte auch der anvisierte Wechsel von Hans H.* zu tun. Der Geschäftsführer eines Beratungshauses bekam das Angebot, die Geschäfte eines IT-Dienstleisters zu übernehmen, und einigt sich mündlich. Als er unterschreiben will, stellt sich heraus, dass der Job in der Form nun doch durch kurzfristige Umstrukturierungen nicht mehr existiert. Allerdings hat er seinen alten Job bereits gekündigt. Sesselwechsel haben die unterschiedlichsten Ursachen. Ein immer wichtiger werdender Faktor ist neben IT- und Business- Know-how die Fähigkeit zur Veränderung, die hervorstechendste der nötigen persönlichen Führungseigenschaften eines zeitgemäßen Managers.

„Irgendwelche Defizite sind immer da, ein Manager sollte sie nur kennen und aktiv daran arbeiten, die Lücken zu füllen“, sagt Hollaender-Herr, sei es durch den Einsatz geeigneter Mitarbeiter oder durch Coaching. Andrade sieht fehlende „Veränderungskompetenz“ gar zweimal unter den Top 3 der Ursachen für Sesselwechsel – einmal im Hinblick auf Strukturen im Unternehmen, einmal auf persönlicher Ebene. „CIOs sollten in der Lage sein, sich selbst neu zu erfinden“, so Andrade, „dazu gehört, sich zwischendurch immer wieder in Frage zu stellen.“ Der Ex-CIO des Versicherers, dem der Wille zur Veränderung gleich abgesprochen wurde, ist inzwischen übrigens an einer Universität beschäftigt – und gibt seine Erfahrungen über den rauen Alltag von CIOs nun Studenten wieder – damit die wissen, was später einmal auf sie zukommt.
Andreas.Schmitz@cio.de
*Namen sind der Redaktion bekannt

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