Wo CIOs sich treffen
Erfolgreich vernetzt
Die überwältigende Mehrheit der Netzwerker unter den Teilnehmern unserer Umfrage nutzt informelle
persönliche Kontakte, um das Defizit der Veranstalter auszugleichen: Mehr als 80 Prozent tauschen sich mehr als ein Mal im Jahr mit ehemaligen Kollegen und langjährigen Bekannten aus. Für Kühne+Nagel-
CIO Engel sind persönlich aufgebaute Netzwerke die wichtigste Informationsquelle: Personen, die er seit
vielen Jahren aus der Branche kennt, mit denen er früher mal zusammengearbeitet oder die er auf Veranstaltungen getroffen hat. „Mit bekannten Leuten diskutiere ich auch heikle Fragen, kann mich kritisch
äußern und weiß, dass es vertraulich bleibt“, sagt Engel. „Wenn ich ein Problem lösen will, nutze ich meist
persönliche Netzwerke, weil das am schnellsten geht.“
Frühere Kollegen denken ähnlich
Auch IT-Vorstand Oletzky besorgt sich Informationen über informelle Kanäle. So zum Beispiel von seinen alten McKinsey-Kollegen, die heute unter anderem IT- Vorstände bei der Post und der Postbank sind. „Meine ehemaligen Kollegen haben einen ähnlichen Hintergrund wie ich und kommen aus der gleichen Denkschule. Deshalb haben sie einen ähnlichen Blick auf die Probleme, was die Lösungsfindung erleichtert.“ Der frühere IBM-Mitarbeiter Gosebruch geht etwas anders vor. Branchen- und IT-Kenntnis hält er bei persönlichen Beziehungen für wichtig, formale Kriterien jedoch gar nicht: „Es ist mir ehrlich gesagt gleichgültig, ob jemand CIO ist oder nicht. Ich gehe nicht nach Amt und Hierarchie.“ Vielmehr orientiert sich Gosebruch an Menschen, die er für kompetent und vertrauensvoll hält. Denn Personen wechselten im Laufe des Arbeitslebens zwar ihre Positionen, aber ihre menschlichen und fachlichen Eigenschaften blieben die gleichen.
Wenn man solche Kontakte über Jahre aufbaut, dann bekommt man eine Basis, auf der man vertrauensvoll
und erfolgversprechend arbeiten kann“, resümiert er. Gosebruch spricht aus Erfahrung, denn als er nach
langen Jahren in den USA nach Deutschland zurückkehrte, verhalfen ihm die lang gepflegten Kontakte zu
ersten Aufträgen als freier Berater. Später fand er durch sie auch eine neue Anstellung. „Gute Jobs findet man fast nur noch über Netzwerke“, sagt der Escada-CIO, der sich gerade in den Ruhestand zurückzieht. „Für jüngere Kollegen ist das die beste Gelegenheit, erste Kontakte zu knüpfen und bekannt zu werden.“
US-CIOs nur gut bei Einzellösungen
Ab Herbst will Gosebruch selbst wieder sein „Old Buddy Network“ spielen lassen, wenn er in seinen
Altersruhesitz nach Florida zieht. Die US-Kollegen interessieren ihn dabei weniger. US-CIOs hätten ganz
andere Probleme als CIOs aus Deutschland. US-Unternehmen stünden deutlich stärker unter dem Diktat, in jedem Quartal gute Geschäftszahlen liefern zu müssen. So unterlägen auch die IT-Manager dem Quartalsdruck.
"Deswegen setzen US-CIOs zwar oft sehr gute Einzellösungen ein, die sind aber oft nicht integriert. Das
Denken in Quartalen lässt vielen CIOs keine Zeit, umfassende integrierte Lösungen wie ein ERP-Komplettsystem einzuführen“, so Gosebruch. Wenn er Recht hat, dann könnte dies eine Erklärung
sein, warum in unserer Umfrage die Teilnehmer wenig Interesse an Kontakten zu US-Kollegen zeigten. Nur
rund ein Viertel hält den Austausch mit IT-Managern aus den USA für wichtig oder sehr wichtig. Dagegen suchen fast 80 Prozent der Befragten Kontakte zu CIOs in Deutschland. Etwa die Hälfte wünscht sich immerhin noch, auf Treffen mit CIOs aus Europa ins Gespräch zu kommen. Gosebruch nennt einen zweiten Grund, warum das Interesse an US-Managern gering sein könnte: „Wegen der hohen Fluktuation ist es kaum möglich, Kontakte zu pflegen. Ich weiß nicht, wie oft es mir passierte, dass ich jemanden nach zwei, drei Monaten wieder anrief und mir gesagt wurde, er arbeite nicht mehr im Unternehmen.“