Digitalisierung
Fressnapf krempelt Prozesse komplett um
- Für die Cross-Channel-Strategie sollen alle kundennahen Prozesse im Unternehmen vernetzt werden
- Alle Abteilungen bekommen eine Schnittstelle zum Endkunden
- Weil es kaum Data Scientists auf dem Arbeitsmarkt gibt, sollen Analytics-Prozesse zu 95 Prozent automatisiert ablaufen
- CIO Beinroth hat ein dickes Dokument über die Ziele und Visionen von Business und IT für seine Mitarbeiter geschrieben
Der Online-Handel läutet das Ende des Einzelhandels ein. So liest man jedenfalls allenthalben. Doch Halter von Hunden, Katzen und anderen Haustieren scheinen den Trend zu widerlegen. Sie gehen unbeirrt weiter in die realen Läden, um dort einzukaufen. Deshalb will die Krefelder Fachhandelskette FressnapfFressnapf in diesem Jahr europaweit neben ihren bisher knapp 1400 Filialen 80 weitere eröffnen, binnen fünf Jahren sollen sogar 800 weitere Märkte hinzukommen. Top-500-Firmenprofil für Fressnapf
Der Tiermarkt wächst auch mit neuen Läden
Das Geschäft wächst. So legte 2016 in Deutschland der Umsatz für Heimtiernahrung und Tierbedarfsartikel gegenüber dem Vorjahr um 0,9 Prozent auf 4,15 Milliarden Euro zu. Laut der Studie "Der deutsche Heimtiermarkt 2016" des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe und des Industrieverbands Heimtierbedarf entfielen davon 510 Millionen Euro auf den Online-Handel.
Die Franchise-Kette Fressnapf kam 2016 zwar auf einen Umsatz von 1,86 Milliarden Euro, konnte davon aber nur 59 Millionen Euro in den deutschen und Schweizer Online-Shops einnehmen. Im laufenden Geschäftsjahr will man allein in Deutschland 70 Millionen Euro online umsetzen. Da ist also noch Luft nach oben.
Tierfutter mag als Standardprodukt wie geschaffen für den Online-Kauf erscheinen, aber die Klientel erwartet mehr. Tierhalter wollen sich individuell in den Läden beraten lassen, sie schätzen das Gespräch vor Ort. Wenn ein Kunde seinen Hund mitbringt, kann er über dessen gesundheitliche Probleme mit dem Verkäufer reden, der ihm im besten Fall ein besonderes Futter empfiehlt. Tiere sind ein emotionales Geschäft.
Aber auch Tierhalter besitzen PCs, Tablets und Smartphones. Sie erwarten auf den digitalen Plattformen die gleichen Services wie in den Geschäften - und umgekehrt. "Deswegen ist unsere 2016 verabschiedete Cross-Channel-Strategie so wichtig, mit der wir unseren Online-Auftritt mit unseren Stores verbinden wollen", sagt Fressnapf-CIO Benjamin Beinroth.
Kundennahe Prozesse vernetzen
Wenn beispielsweise ein Kunde einen Kratzbaum für seine Katze kaufen will, dann kann er ihn im Netz sehen und darüber Informationen einholen, aber anfassen und das Material spüren kann er nur im direkten Kontakt - im Laden also. Da aber die Fressnapf-Märkte nicht alle Modelle vorhalten können, arbeitet die IT-Mannschaft gerade an einer "digitalen Regalverlängerung".
Es gibt also ein Mustermodell im Laden, während der Kunde alle weiteren Ausführungen in Ausstattung und Farbe am Bildschirm vor Ort betrachten, bestellen und sich nach Hause liefern lassen kann. "Beim Cross-Channel liegt die größte Herausforderung darin, die kundennahen Prozesse im Unternehmen miteinander zu vernetzen", nennt Beinroth als die zentrale Aufgabe.