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Blockchain-Technologie

ID2020: Die UNO-Weltidentität

Peter Lahmann arbeitet seit 2002 in der IT-Sicherheit als Auditor und Berater und betreut heute das Sicherheitsmanagement von Kunden eines namhaften Cloud-Betreibers. Als Autor widmet er sich der Schnittstelle von unternehmerischen Anforderungen, Industriestandards und rechtlichen Rahmenwerken.
Eine weltweite digitale Identität, die mit Hilfe von biometrischen Daten und der Blockchain-Technologie dargestellt werden kann. Das ist das Ziel bis 2030. Die Hintergründe und den Stand der Projekte lesen Sie in diesem Beitrag.
Der biometrischer Checkin am Flughafen per Fingerabdruck-Scan. An den meisten Flughäfen ist dieser Vorgang in vereinzelten Projekte noch nicht über das Versuchsstadium hinausgekommen.
Der biometrischer Checkin am Flughafen per Fingerabdruck-Scan. An den meisten Flughäfen ist dieser Vorgang in vereinzelten Projekte noch nicht über das Versuchsstadium hinausgekommen.
Foto: Frame Stock Footage - shutterstock.com

Blockchains und digitale Identitäten leben in einer symbiotischen Beziehung. Diese enge Verbindung haben auch die Vereinten Nationen erkannt. Eingebettet ist die ID-Initiative im Plan für eine weltweite nachhaltige Entwicklung. Zu dem Gesamtpaket gehört auch, dass alle Menschen ihr Dasein auch nachweisen können, am besten von der Wiege an mit einer Geburtsurkunde.

Für dieses Ziel hat man sich eine Frist bis zum Jahr 2030 gesetzt. Große Ziele, große Zahlen. Denn schätzungsweise 1,1 Milliarden Menschen weltweit fehlt jegliche Form von offiziellen persönlichen Dokumenten. Ohne ein solches Dokument bleiben viele Türen verschlossen: die ins Krankenhaus, die zur Eröffnung eines Bankkontos, die zum Ausbildungsbetrieb, die zur Wahlurne.

Für Menschenhändler hingegen bilden die Sans Papiers die Geschäftsgrundlage. Auch das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) unterstützt deshalb die ID2020-Initiative. Gerade für Flüchtlinge und Vertriebene kann eine Identität die Welt bedeuten. Und dort kommt die Blockchain-Technologie ins Spiel, die auf dem ID2020-Summit eine große Rolle gespielt hat.

Darüber haben dort Technologie-Innovatoren, politische Entscheidungsträger, Entwicklungsfachleute und Humanisten diskutiert. Gesponsort wurde die Veranstaltung vom UNHCR, vom UN-Büro für Informationskommunikationstechnologie (OICT), der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) und dem dänischen Generalkonsulat in New York. Bei den ID2020-Summits handelt es sich um eine Gesprächsserie, in der die letzte Veranstaltung im Jahe 2020 in einer Reihe von Webinars stattfand.

Es lohnt sich auf jeden Fall die UNO-Visionen etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Nicht ganz ohne Brisanz ist beispielsweise die Abkopplung zwischen amtlichen Dokumenten wie Pässen oder Führerscheinen und einer nutzerzentrierten Identität in einer weltweiten BlockchainBlockchain. Mit kryptographischen Verfahren werden in einer Blockchain Informationen abgespeichert. Nachträgliche Änderungen an den Informationen werden von den Knoten der Kette erkannt. Ohne eine stabile IT-Landschaft kommt ein digitaler Identitätsnachweis allerdings schwer zu Stande. Alles zu Blockchain auf CIO.de

Das digitale Identitätsmanagement ist jedoch schon älter als die Blockchaintechnologie. Dänemark fühlt sich beispielsweise durch sein seit über 50 Jahren erprobtes digitales Einwohnermeldeamt CPR berufen, eine Führungsrolle beim ID2020-Summit einzunehmen. Schon lange greifen dort staatliche und private Dienstleister auf die digitalen Personalnummern zurück. Einen Entwicklungssprung haben digitale Identitäten mit dem Aufstieg des Internets vollzogen. Viele Internetnutzer nennen heute einen Wildwuchs von Konten mit unterschiedlichen Benutzernamen und Passwörtern ihr Eigen. Wenn ein einzelnes, weltweites Online-Ich die Zielsetzung ist, ist deren Speicherung in einer Blockchain technisch gesehen nicht abwegig.

Etwas grundlegender wird das Thema der digitalen Identitäten in den USA angegangen. Im Jahr 2011 hat Präsident Obama die National Strategy for Trusted Identities in Cyberspace (NSTIC) ins Leben gerufen. Ziel ist es, gespaltene Persönlichkeiten in der Cyberwelt zu vermeiden. Damit sollen Bankgeschäfte sicher abgewickelt und Gesundheitsakten über das Internet eingesehen werden können. Auch das anonyme Surfen im Netz gilt als eine erhaltenswerte Beschäftigung. Die Initiative ist technologieneutral und enthält keinen Zwang zur Blockchain.

Die digitale Identität in Deutschland

In Deutschland schmiedet die Regierung derweil eher wolkige Pläne. Den Bundespersonalausweis in der Blockchain hat die Regierung derzeit wohl noch nicht auf dem Radar. Im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition unter Bundeskanzler Olaf Scholz aus dem Jahr 2021 werden Blockchains dreimal erwähnt. Den Kontext bilden dabei Grundbucheinträge, Dividendenarbitragegeschäfte und digitale Finanzdienstleistungen. Im gleichen Vertrag wird dreimal der Begriff der Künstlichen Intelligenz erwähnt, und zwar als Beispiel von digitalen Schlüsseltechnologien.

Damit ist die Blockchain auf einem absteigenden Ast. Die vorangegangene Große Koalition unter Bundeskanzlerin Angelika Merkel bezog sich in ihrem Koalitionsvertrag von 2018 noch sechs Mal auf die Blockchain. Damit hatte die Blockchain mehr wohlwollende Erwähnungen als die Begriffe Künstliche Intelligenz, E-Commerce oder Augmented Reality. Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition von 2013 wurden weder der Begriff Blockchain noch der Begriff Künstliche Intelligenz genannt.

Einige Unternehmen sind bereits um einiges umtriebiger. "Bitnation" versucht bereits eine "Weltidentität" in einer dezentralen Blockchain aufzubauen und vergibt bereits heute virtuelle Staatsbürgerschaften.

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