Finanz-Experte und Siemens-Gewächs
Joe Kaeser soll bei Siemens aufräumen
Die Berufung von Joe Kaeser auf den Siemens-Chefposten ist so gut wie ausgemacht. Anders als bei Löscher setzt der Aufsichtsrat damit wieder auf eine interne Lösung: Der gewiefte Finanzvorstand Kaeser gilt nicht nur als analytischer Denker und Stratege, sondern auch als hervorragender Kenner des weit verzweigten Konzerns, der durch Konjunkturflaute, Gewinnwarnungen und Projekt-Pannen in den vergangenen Monaten in raue See geraten war. Nun muss Kaeser das Ruder herumreißen und das Chaos bei Siemens beenden. Viele trauten ihm das schon in den vergangenen Monaten mehr zu als dem gestürzten Löscher.
Dafür sorgt schon alleine Kaesers Kommunikationsstil: Weit klarer als Löscher benannte der 56-Jährige immer wieder die Lage des Unternehmens und ließ dabei auch Zweifel an Löschers Vorgaben durchschimmern. Auch an den Kapitalmärkten genießt der 56-Jährige hohes Ansehen. Gerade das war ihm bei den Nachfolgespekulationen in den vergangenen Wochen als einer der größten Pluspunkte angerechnet worden. Dieses Ansehen wird Kaeser jetzt in die Waagschale werfen müssen, denn die jüngsten Hiobsbotschaften beim Dax-Schwergewicht Siemens hatten die Börsen zeitweise in Aufruhr versetzt.
Dabei würde Kaeser, seine Berufung am kommenden Mittwoch (31. Juli) vorausgesetzt, sein neues Amt nicht unbelastet antreten: Der Manager hatte per Zuständigkeit an den Gewinnzielen mitgerechnet, deren wiederholte Streichung Löschers Rauswurf nun vorausgingen. Allerdings soll er die Aufsichtsräte schon vor Monaten auf Defizite im Unternehmensprogramm Siemens 2014 hingewiesen haben, wie jetzt in der "Börsen-Zeitung" zu lesen ist.
Der gebürtige Niederbayer Kaeser, der eigentlich Josef Käser heißt, hat sein ganzes Berufsleben bei Siemens verbracht. Nach dem Studium der Betriebswirtschaft, das er mit dem Diplom abschloss, begann er seine berufliche Laufbahn 1980 im Unternehmensbereich Bauelemente von Siemens. Es folgten verschiedene Stationen im Konzern, zunächst als kaufmännischer Leiter und später dann als Vorstand der früheren Siemens-Mobilfunksparte ICM sowie als Leiter der Konzernstrategie noch unter dem früheren Siemens-Chef Heinrich von Pierer.
Im Mai 2006 wurde Kaeser dann unter Pierers Nachfolger Klaus Kleinfeld Finanzvorstand von Deutschlands größtem Elektrokonzern. Damit hat er sich als einziger Manager aus der alten Garde in der Siemens-Führungsriege gehalten. Die Entscheidung für Kaeser dürfte auch Arbeitnehmervertretern entgegenkommen. Der 56-Jährige gelte als Pragmatiker, als "einer der Lösungen will", heißt es. (dpa/rs)