Kein Abfall

Kabinett verabschiedet Gesetz gegen Retouren-Vernichtung

12.02.2020
Neue oder neuwertige Waren, die als Abfall entsorgt werden - so etwas soll es nach dem Willen von Umweltministerin Schulze künftig nicht mehr geben. Allerdings bleiben mit dem Gesetzentwurf, den das Kabinett jetzt beschließt, noch viele Fragen offen.

Eine Pflicht für Händler, Waren benutzbar zu halten - und eine Beteiligung an den Entsorgungskosten für Einwegbecher oder Zigaretten: Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Bundeskabinett an diesem Mittwoch beschlossen hat. Allerdings bringt die Regierung damit erst einmal nur gesetzliche Grundlagen auf den Weg. Details müssen über Verordnungen geregelt werden.

Retouren sollen zukünftig nicht mehr im Abfall landen.
Retouren sollen zukünftig nicht mehr im Abfall landen.
Foto: topae - shutterstock.com

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) will damit verhindern, dass eigentlich noch hochwertige Waren vor allem im Onlinehandel vernichtet werden, etwa um Platz in den Regalen zu schaffen - oder weil wegwerfen günstiger ist, als zurückgesandte Artikel wieder neu anzubieten. Das Ausmaß der sogenannten Retouren-Vernichtung ist im Detail nicht bekannt. Deswegen will Schulze Händler verpflichten, offenzulegen, ob sie Waren vernichten und wie viele.

Details noch ungeklärt

Über Verordnungen müssen allerdings wesentliche Details geklärt werden - darunter, auf welche Waren sich das bezieht und welche Händler davon betroffen sind. Produkte sollen dann nur noch als Müll entsorgt werden, wenn sie etwa verdorben, kaputt oder gefährlich sind - oder es wirtschaftlich nicht anders machbar ist. Auch dafür stehen die Maßstäbe im Detail noch nicht fest.

Unklar ist zudem, wie die Beteiligung etwa von Kaffee-Handelsketten an den Kosten für die Kaffeebecher-Entsorgung im öffentlichen Raum organisiert werden soll und wie hoch der Beitrag wird.

Die kommunalen Abfallentsorger prüfen gerade über ein ganzes Jahr, wie viele Becher, Kippen und sonstige Einweg-Verpackungen im öffentlichen Raum tatsächlich den Boden verschmutzen oder die Mülleimer überquellen lassen.

Ziel der geplanten finanziellen Beteiligung ist, die Hersteller dazu zu bringen, auf Mehrweg-Verpackungen zu setzen. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) wünschte sich zum Kabinettsbeschluss, die sogenannte Herstellerverantwortung breit zu fassen, etwa auch für klebrige Kaugummis.

Nutzlose bürokratische Hürden

Der Handelsverband HDE kritisierte die geplante "Obhutspflicht" für Waren als überflüssig: "Der Handel setzt schon heute aus Kostengründen alles daran, die Zahl der Rücksendungen von Waren durch die Kunden so gering wie möglich zu halten", sagte Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Nur in Ausnahmefällen werde zurückgegebene Ware vernichtet, die stark verschmutzt oder beschädigt sei. Neue Berichtspflichten bedeuteten "nutzlose bürokratische Hürden". Stattdessen solle etwa das Spenden von Rücksendungen erleichtert werden, indem die Umsatzsteuer entfalle. Verbraucher müssten sensibler werden für die Umweltfolgen von Rücksendungen.

Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland, begrüßte die angestrebte ökologische Fortentwicklung von Produktion und Handel grundsätzlich. Nachhaltigkeit und der verantwortliche Umgang mit Ressourcen entscheiden Wenk-Fischer zufolge immer stärker auch über den wirtschaftlichen Erfolg des Versandhandels. Deutlich effektiver und nachhaltiger als eine geplante bürokratische Berichtspflicht wäre es ihm zufolge aber, die Umsatzsteuer auf Sachspenden abzuschaffen und damit "Spenden statt entsorgen" zu erleichtern.

Umweltschützer fordern weiterreichende Maßnahmen

Nach Ansicht des Umweltverbands NABU greift der aktuelle Gesetzentwurf noch deutlich zu kurz. NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller fordert deshalb verbindliche Abfallvermeidungsziele. Die Bundesregierung müsse eine globale Vorreiterrolle einnehmen, statt nur das umzusetzen, was von der EU ohnehin vorgegeben ist. Nicht akzeptabel sei etwa, dass das Gesetz erlaube, 2035 noch über ein Drittel der Abfälle zu verbrennen und zu deponieren. Unternehmen müssten stattdessen per Gesetz gezwungen werden, recyclingfreundlich zu produzieren.

"Hersteller müssen außerdem verpflichtet werden, Recyclingmaterial bei der Produktion einzusetzen", so Miller weiter. Teilweise behandeln die jetzt vom Kabinett beschlossenen Änderungen des Kreislaufwirtschaftsgesetz diesen Aspekt bereits. Ein weiterer Teil des Gesetzentwurfs zielt etwa darauf, einen größeren Markt für Recycling-Materialien zu schaffen. So sollen der Bund, seine Behörden und Unternehmen künftig Recycling-Produkte gegenüber Neuanfertigungen bevorzugen. Auch eine gute Reparierbarkeit soll für Anschaffungen ein Vorzugs-Kriterium sein, solange keine übermäßigen Mehrkosten dabei entstehen. (dpa/ad/pma)

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