Fehlerhafte Abrechnungen

Kalifornien stoppt SAP-Projekt



Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Der Softwarekonzern kann die Entscheidung nicht nachvollziehen und reagierte enttäuscht: "SAP steht nach wie vor hinter der Software und den Arbeiten", sagte SAP-Sprecher Andy Kendzie. "Unsere Produkte funktionieren in Tausenden von öffentlichen Behörden rund um die Welt. Wir sind zudem davon überzeugt, dass wir sämtliche vertraglichen Verpflichtungen in dem Projekt erfüllt haben." Um die Situation zu entschärfen, habe man ernsthafte Versuche unternommen, mit dem Büro des Controllers zusammenzuarbeiten, unter anderem wurde schriftlich eine Schlichtung vorgeschlagen. Die Behörde antwortete auf diesen Vorschlag laut SAP mit der Kündigung. Dagegen berief sich Roper auf zwei Schreiben, in denen das Büro des obersten Controllers Chiang der SAP zweimal die Gelegenheit eingeräumt habe, die Probleme zu beheben.

Behörde droht SAP

Bislang hat der Staat Kalifornien 50 Millionen Dollar für die Arbeiten an dem Projekt an SAP überwiesen, weitere sieben Millionen Dollar hält die Behörde noch zurück. Der Großteil des bislang ausgegebenen Geldes fiel für Softwarelizenzen, interne Arbeiten und andere Kosten an, sagte Roper. Chiangs Büro werde "sämtliche vertraglichen und rechtlichen Option verfolgen, um SAP für die verfehlten Leistungen zur Rechenschaft zu ziehen und die Interessen des Staates und der Steuerzahler zu schützen", drohte die Behörde in einer schriftlichen Stellungnahme. "Das umfasst die vertraglich erforderliche Schlichtung und, falls erforderlich, den Rechtsstreit."

Derzeit arbeitet die Controlling-Abteilung daran, alle schon migrierten Transaktionen wieder auf das eigentlich schon aussortierte Abrechnungssystem zu übertragen. Die alte Lösung "wickelt derzeit sämtliche Zahlungen an alle 240.000 Mitarbeiter des Staates zuverlässig ab", befand die Controlling-Behörde spitz.

MyCalPAYS wurde 2006 als der weitreichendste Versuch zur Modernisierung der Abrechnungssysteme in den USA angekündigt. Als Betriebsstart der vollständigen Implementation war Juni 2009 vorgesehen. Marktbeobachtern zufolge ist die Frage, wer an dem aktuellen Desaster die Schuld trage, nicht ohne weiteres zu klären. "Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder sind die Daten, die dem System übergeben werden, falsch. Oder das System bekommt die richtigen Daten, verstümmelt sie aber intern", vermutet Michael Krigsman, CEO der Beratungsfirma Asuret, gegenüber dem IDG News Services. "Die SAP hat eine Historie der Projektpannen, sie hat aber auch viele Kunden in der öffentlichen Verwaltung, die erfolgreich mit dem Abrechnungssystem arbeiten. Es ist in diesem Fall kaum vorstellbar, dass die SAP es nicht vermag, eine Payroll-Lösung für 1300 Leute einzuführen."

Auch Kalifornien hat eine Geschichte mit gescheiterten Projekten, so dass auch Fragen nach der Rolle des Controllers in diesem Vorhaben erlaubt sind, betont Krigsman: "Welche Leichen hat er in seinem Datenkeller liegen, die zu diesem Problem führen konnten?" (Computerwoche)

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