Ältere, Frauen und Ausländer
Mehr Mut bei Jobs für IT-Fachkräfte
- Bestimmten Kandidaten werden bei gleichwertiger Qualifikation tendenziell weniger Chancen eingeräumt.
- Ältere Kandidaten haben es auf dem deutschen Arbeitsmarkt weiterhin schwer.
- Europaweit bleiben bis 2020 eine halbe Million Stellen im ITK-Bereich unbesetzt.
Die stetig voranschreitende Digitalisierung sorgt dafür, dass IT-Spezialisten branchenübergreifend händeringend gesucht werden. Trotzdem hat sich das Wunschbewerberprofil vieler Unternehmen kaum verändert: Idealerweise sollen die neuen Mitarbeiter jung, dynamisch und karrierehungrig sein. Für Unternehmen wird es dadurch umso schwieriger, passende Kandidaten für sich zu begeistern, denn die Bewerber werden immer anspruchsvoller. Geht es um die Attraktivität einer Stelle, zählt für qualifizierte Fachkräfte heute nicht mehr allein die Höhe des Gehalts, sondern auch die Unternehmenskultur, das Arbeitsumfeld und die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln.
Doch neben diesen Faktoren gibt es einen weiteren Punkt, wo Betriebe dem chronischen Fachkräftemangel aktiv entgegenwirken können, nämlich indem sie im Recruiting-Prozess mehr Offenheit hinsichtlich der Bewerberprofile zeigen. Der Grund: Einige Bewerbungen werden bereits aussortiert, ohne dass sich der Kandidat überhaupt persönlich vorstellen durfte. Und das, obwohl sein Profil für die ausgeschriebene Position geeignet gewesen wäre.
"Eine interne Auswertung unserer Vermittlungsprozesse hat gezeigt, dass viele Unternehmen bestimmten Kandidaten tendenziell weniger Chancen einräumen, überhaupt zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden - und das bei gleichwertiger Qualifikation im Verhältnis zu ihren Mitbewerbern für die offene Position", erklärt Thomas Biber, Geschäftsführer der auf das SAP-Umfeld spezialisierten Personalberatung Biber & Associates.
Wer wird zum Bewerbungsgespräch eingeladen?
Bei der Auswertung von Kriterien für eine Jobinterview-Einladung prüfte die Personalberatung insgesamt 3500 Bewerbungsprozesse aus ihrem Praxisalltag. Untersucht wurden dabei Ergebnisse nach den Kategorien Alter, Geschlecht, Nationalität und ob der Bewerber einen deutschen oder ausländischen Namen trägt.
Die Analyse brachte ans Licht, dass es ältere Kandidaten auf dem deutschen Arbeitsmarkt weiterhin schwer haben. In der Kategorie der Bewerber, die 55 oder älter waren, lag die Wahrscheinlichkeit, überhaupt ein Jobinterview zu bekommen, bei gerade einmal knapp 15 Prozent. Damit liegt ihre Chance bei weniger als der Hälfte im Vergleich zu den 35- bis 40-Jährigen (33,6 Prozent). Laut Biber nimmt die Vermittlungsproblematik bei älteren Bewerbern mittlerweile zwar etwas ab, dies sei jedoch nicht auf ein Umdenken der Unternehmen zurückzuführen, dass ältere Bewerber einen größeren Erfahrungsschatz mitbrächten oder für bestimmte Stellen besser geeignet wären.
Biber dazu: "Es ist eher ein aus der Not heraus geborener Kompromiss, weil viele Firmen schlicht und ergreifend die Erfahrung gemacht haben, dass sie es sich nicht mehr leisten können, in Hinblick auf das Alter übertrieben wählerisch zu sein." In der SAP-Welt, so der Arbeitsmarktexperte, bestehe schließlich ein Großteil des Aufgabengebiets darin, die Systeme am Laufen zu halten. Hierfür brauche es keine jungen Dynamiker, die das Rad neu erfinden wollten, sondern Fachkräfte mit Erfahrung, die genau wüssten, was sie täten, wenn etwas schieflaufe, und die Prozesse dann schnell wieder im Griff hätten.
- IT-Gehälter 2018/2019
12.225 Datensätze analysierten die Hamburger Vergütungsspezialisten von Compensation Partner für die große Gehaltsstudie für IT-Fach- und Führungskräfte. - Security-Experten bleiben die Gewinner
Unter den IT-Fachkräften ohne Personalverantwortung verdienen die Security-Profis mit einem durchschnittlichen Jahresbruttogehalt von 75.600 Euro am meisten. - Gut bezahlte IT-Projektleiter
Nach den Security-Experten sind die Projektleiter mit durchschnittlich 73.200 Euro im Jahr die am besten bezahlten IT-Fachkräfte. - SAP-Wissen ist immer noch ein Garant ...
... für eine hohe Nachfrage und damit auch eine dementsprechend hohe Vergütung. SAP-Berater gehören mit einem durchschnittlichen Bruttojahresgehalt von 72.900 Euro zu den Top-Verdienern. - IT-Berater ...
... erzielen mit 72.400 Euro brutto im Jahr auch ein überdurchschnittliches Gehalt für IT-Fachkräfte ohne Personalverantwortung. - Entwicklergehälter
Am besten verdienen SAP-Entwickler mit 65.600 Euro im Jahr, gefolgt von Softwareentwickler im Backend ( 61.700 Euro) und Experten für User Experience ( 58.200 Euro). - Aber auch Entwickler, ...
... die im Mobile-Bereich unterwegs sind und Apps programmieren, sind mit durchschnittlich 59.800 Euro brutto im Jahr gut dabei. - Netzwerk- und Systemadmins ...
... müssen dagegen mit einem niedrigeren Bruttogehalt auskommen: 49.300 Euro im Jahr. - Support-Mitarbeiter ...
... werden noch schlechter bezahlt: 44.700 Euro brutto im Jahr. - Ein Studium zahlt sich aus
Am besten honoriert werden eine Promotion (79.000 Euro) und ein Universitätsdiplom (76.500 Euro), gefolgt vom FH-Diplom 70.700 Euro). Der Master (65.600 Euro) hat noch nicht das Niveau des Diploms erreicht, was an dem niedrigeren Alter der Master-Inhaber liegt. Bei den Zahlen handelt es sich um Einkommen, die im Schnitt mit dem jeweiligen Abschluss zu erreichen sind. - Mit einem Bachelor-Abschluss ...
... kommen Young Professionals auf durchschnittlich 55.200 Euro im Jahr. - Mit zunehmender Berufserfahrung ...
... steigt auch das Gehalt: In den ersten drei Jahren nach dem Berufseinstieg können IT-Fachkräfte mit 44.500 Euro rechnen, nach sieben Jahren sind es 56.400 Euro und nach mehr als zehn Jahren 68.000 Euro. - Grosse Unternehmen bieten bessere Verdienstchancen
Während Firmen mit mehr als 1000 Beschäftigten ihre IT-Fachkräfte mit durchschnittlich 78.148 Euro vergüten, können IT-Experten in Betrieben mit weniger als 100 Beschäftigten nur 52.700 Euro erwarten. - Wo IT-Berater am besten verdienen
Die Branche macht den Unterschied, wie viel IT-Berater verdienen. Die 3 Top-Branchen sind Chemie (95.160 Euro), Medizintechnik (93.400 Euro) und Pharma (93.130 Euro). - Auch der Maschinen- und Anlagebau ...
... entlohnt IT-Berater mit 91.600 Euro überdurchschnittlich. - Die Touristikindustrie und die Hotellerie......
... dagegen zahlen auch begehrten IT-Beratern mit 60.700 beziehungsweise 58.700 Euro keine üppigen Gehälter. - Forschungsinstitute ...
... nehmen mit einer Vergütung von 57.500 Euro für den IT-Berater den letzten Platz im Branchenranking ein. Das liegt daran, dass sie in den meisten Fällen ihre Mitarbeiter nach öffentlich-rechtlichen Tarifen bezahlen. - In München ...
... verdienen IT-Profis 20,5 Prozent besser als im Bundesdurchschnitt, der in Hamburg erzielt wird. Hoch sind hier aber auch Mieten und andere Lebenshaltungskosten. - Frankfurt am Main ...
... bietet IT-Profis mit einem Plus von 19 Prozent zum Bundesdurchschnitt ebenso hohe Verdienstchancen. - In Dresden ...
... und anderen Hauptständten der neuen Bundesländer müssen sich IT-Experten dagegen mit Löhnen bescheiden, die 15 Prozent und mehr unter dem Bundesdurchschnitt liegen. - Benefit Firmenwagen
Nur 9 Prozent der IT-Fachkräfte haben einen Firmenwagen, bei den IT-Führungskräften sind es 59 Prozent. Der Neupreis des Wagens liegt bei Fachkräften bei durchschnittlich 39.2500 Euro. Die Autos der IT-Führungskräfte sind mit durchschnittlich 52.000 Euro deutlich teurer.
Trotzdem zeige die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt, dass selbst bei Stellenangeboten für Tätigkeiten, die alles andere als dynamisch seien, bevorzugt junge, dynamische Fachkräfte gesucht würden. "Beispielsweise Vakanzen mit den Schwerpunkten SAP Payroll, SAP Basis/Technology, Finance oder Buchhaltung in mittelständischen Unternehmen. Diese sind nicht strategisch orientiert, sondern größtenteils administrativer Natur. In diesen Fällen wird es enorm schwierig, entsprechend junge und karriereorientierte Wunschkandidaten für solch eine Stelle zu begeistern", verdeutlicht Biber.
Gemischtes Interesse für weibliche Fachkräfte
Ein weiteres signifikantes Ergebnis der Auswertung von Biber & Associates wird in Hinblick auf Bewerberinnen im Alter zwischen 30 und 35 deutlich. Bei ihnen lag die Wahrscheinlichkeit für eine Einladung zum persönlichen Vorstellungsgespräch lediglich bei 17,5 Prozent. Sie erhielten von Personalabteilungen nur knapp mehr als halb so viele Einladungen wie ihre männlichen Kollegen in der gleichen Alterskategorie (30,5 Prozent).
Bewerberinnen ab 55 aufwärts hatten laut der Studie nur geringe Chancen (7,4 Prozent). Dafür wurden Frauen unter 30 sowie zwischen 50 und 55 häufiger als ihre männlichen Kollegen eingeladen. Dadurch fällt der Gesamtunterschied bei den Geschlechtern mit 28,1 Prozent für männliche Bewerber und 27,2 Prozent für weibliche Bewerber gering aus.
- Tipps für ambitionierte Frauen in der IT
Frauen in der Position des CIO sind noch selten. Wer es als Frau in eine Führungsrolle beziehungsweise zur IT-Managerin schaffen will, sollte folgend Karrieretipps beachten, um in der IT-Branche durchstarten zu können. (Quelle: Cynthia Stoddard/Adobe) - "Stretch yourself"!
Verlassen Sie Ihre Komfortzone. Seien Sie immer offen und empfänglich, Neues zu lernen und neue Aufgaben zu übernehmen. - Bauen Sie ein Vertrauensnetzwerk auf!
Nehmen Sie sich die Zeit, Ihre Kollegen und Vorgesetzten kennenzulernen, um Vertrauen und Glaubwürdigkeit zu schaffen. Dies ist ein Riesenvorteil und eine effektive Möglichkeit, Vorurteile abzubauen. - Vermarkten Sie sich selbst!
Erzählen Sie Menschen über Ihren Background, Ihre Erfahrungen und Interessen. Die Leute können Ihre Gedanken nicht lesen. Zeigen Sie, ob Sie an einem Projekt arbeiten möchten oder eine Idee beisteuern können, die das Projekt vorantreibt. Ist dies der Fall, ergreifen Sie die Initiative, um Ihren Ansatz bekannt zu machen. - Seien Sie ein Vorbild!
Nehmen Sie sich immer die Zeit, ein Mentor zu sein sowie Erfahrungen und Wissen mit anderen Teammitgliedern zu teilen. Nur so entsteht eine wechselseitige Beziehung, von der auch Sie am Ende profitieren werden. - Lernen Sie aus Misserfolgen und reagieren Sie!
Es braucht Führungskompetenz, wenn Sie sich eingestehen müssen, dass die Dinge gerade nicht so gut laufen oder nicht das gewünschte Ergebnis bringen. Gute Leader lernen aus ihren Fehlern und reagieren schnell mit einer Kurskorrektur.
Unternehmen scheuen rein englischsprachige Fachkräfte
Deutsche Bewerber mit ausländischem Namen hatten laut der Auswertung nur leichte Nachteile. Bei ihnen lag die Wahrscheinlichkeit für ein Bewerbungsgespräch bei 26,6 Prozent im Vergleich zu 30,2 Prozent bei Kandidaten mit deutschem Namen. Ausländische, rein englischsprachige Fachkräfte haben es auf dem deutschen Arbeitsmarkt jedoch sehr schwer.
Hier könnten Unternehmen laut Biber durch Flexibilität bei der Sprache deutlich schneller einen passenden Kandidaten für eine Vakanz finden. Es gebe viele internationale Anfragen durch englischsprachige SAP-Spezialisten beispielsweise aus Indien, Süd- und Osteuropa, der Türkei und dem asiatischen Raum mit erstklassigen Fachkenntnissen, Praxiserfahrung und realistischen Gehaltsvorstellungen. Vor allem Mittelständler aus ländlichen Regionen, für die sich die Personalsuche schwierig gestalte, könnten ihr Fachkräfteproblem lösen, wenn sie sich offener in Bezug auf englischsprachige Mitarbeiter zeigen würden.
Fazit
Der FachkräftemangelFachkräftemangel wird sich weiter zuspitzen: Die EU-Kommission schätzt, dass bis 2020 europaweit eine halbe Million Stellen im ITK-Bereich unbesetzt bleiben. Mehr Offenheit bei der Auswahl von IT-Talenten kann für Unternehmen jedoch ein erfolgversprechender Weg sein, offene Positionen schneller zu besetzen. Alles zu Fachkräftemangel auf CIO.de