Umfrage unter Mobilfunkern
Mit der eSIM kommt das Ende des internationalen Roaming
Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
E wie einfach: Die eSIM ist als Chip fest im Gerät integriert und kann bzw. muss nicht mehr gewechselt werden. Dies bringt viele Vorteile mit sich: So lassen mehrere Profile gleichzeitig auf dem Chip speichern, von denen je nach Bedarf oder Netz das passende ausgewählt wird. Dazu ist die IMEI als individuelle Identifizierungsnummer fest gespeichert, alle weiteren benötigten Daten werden als Profil von einem Server des Providers geladen und auf der eSIM abgelegt.
Während die embedded SIM (eSIM) im IoT-Umfeld bereits weit verbreitet ist und etwa in Autos, Industriemaschinen und anderen vernetzten Geräten zum Einsatz kommt, hat sie sich im Consumer-Umfeld noch nicht durchgesetzt. Angesichts der vielen Vorteile für die Nutzer ist es allerdings nur eine Frage der Zeit, bis es soweit ist. Denn eine physische SIM-Karte, die gekauft, zugeschickt und umständlich in das Gerät eingebaut werden muss, ist nicht mehr wirklich zeitgemäß.
Kaum mehr Akzeptanz für Roaming-Gebühren
Außerdem kann man davon ausgehen, dass Endkunden nach der bereits in Kraft getretenen EU-Roaming-Verordnung ("Roam like at home") mittel- bis längerfristig auch bei Reisen in Nicht-EU-Länder hohe Gebühren für Telefonate, SMS und Daten nicht mehr akzeptieren werden. Das zugrundeliegende Argument: Warum sollen Besucher anders als inländische Mobilfunkkunden behandelt werden und für die Nutzung oft wahnwitzige Preise zahlen?
Die Mobilfunkanbieter, die bislang sehr gut an solchen Regelungen verdienen, stehen damit vor einem Problem: Wenn sie hier nicht proaktiv reagieren, ergreifen Hersteller diese Chance, indem sie Geräte mit einer eSIM anbieten. Auf diese Weise kann ein Nutzer etwa im Urlaub vorübergehend lokaler Teilnehmer eines besuchten Netzes werden, anstatt die hohen Roaming-Gebühren zu bezahlen.
Device-Hersteller preschen vor
Bislang hielten sich die Device-Hersteller im Bezug auf die eSIM (ähnlich wie lange Zeit bei Dual-SIM-Geräten) noch zurück. Sie wussten, dass sie mit der Einführung von Consumer-eSIMs wegen der möglichen Auswirkungen auf die Geschäftsprozesse und - vor allem - die Einnahmen nicht auf sehr viel Gegenliebe der Mobilfunk-Provider stoßen würden.
Allerdings darf man aber auch nicht vergessen, dass die Smartphone- und Tablet-Hersteller unter einem starken Innovations- und Wettbewerbsdruck stehen. Und je nach Größe haben sie durchaus den Mut, sich mit den Mobilfunkern anzulegen: So brachte Google im September 2017 mit dem Pixel 2 das erste Smartphone mit eSIM (plus NanoSIM-Slot) auf den Markt.
Auch Konkurrent Apple hat in seinem iPad Pro und der Apple Watch bereits eine elektronische SIM-Karte (wenn auch nicht nach dem eSIM-Standard der GSM Association) integriert, eine eSIM findet man auch bei einer Reihe anderer Smartwatches. Die GSMA rechnet in diesem Jahr noch mit einer Reihe weitere eSIM-Devices, darunter Tablets, Smart Watches, Fitness-Bänder etc.
Ein eSIM-kompatibles iPhone wird dagegen nicht vor 2019 erwartet - nicht, weil Apple noch nicht soweit ist, sondern, weil die Mobilfunkbetreiber erst die benötigte Infrastruktur aufbauen und aktualisieren müssen. Die Anforderungen sind nicht unerheblich und übertreffen die aus dem IoT-Umfeld, wo eSIMs bereits gang und gäbe sind. So ist beispielsweise die Mitnahme einer im Ausland genutzten mobilen Rufnummer nicht trivial.
eSIM: Chance oder Bedrohung für Mobilfunker?
Gerätehersteller sowie OTT-Player wie Facebook, Viber und WhatsApp erwarten, dass die eSIM ihnen dabei helfen wird, Mobilfunkverträge direkt zu verwalten, über die sie ihren Kunden einen Zugang zu den Mobilfunknetzen bereitstellen. Dies drängt die Vermutung auf, dass die Netzbetreiber (wieder einmal) Gefahr laufen, als Bit-Pipe eine rein passive Rolle in der mobilen Wertschöpfungskette einzunehmen.
Um diesem Verdacht auf den Grund zu gehen, hat das Beratungsunternehmen ROCCO im Auftrag vom eSIM-Anbieter Uros Ende 2017 eine Umfrage gestartet. Für den Strategie-Report "eSIM for the Roaming Consumer" wurden 107 Mobilfunkbetreiber aus 92 Ländern zu ihren Erwartungen und Strategien rund um die eSIM befragt.
Das Ergebnis: Die Mehrheit der Mobilfunk-Provider geht davon aus, dass es in den nächsten drei bis fünf Jahren kaum noch Geräte mit herkömmlicher SIM-Karte geben wird. Gleichzeitig halten es drei Viertel der Befragten für wahrscheinlich bis sehr wahrscheinlich, dass mit der eSIM das Ende des internationalen Roaming kommt.
Nichtsdestotrotz stehen laut Umfrage 81 Prozent der MNO der Einführung einer eSIM für Consumer-Geräte grundsätzlich positiv gegenüber. 42 Prozent gaben an, sie würden es beispielsweise Touristen erlauben, vorübergehend per eSIM einen Tarif in ihrem Netz zu buchen (Inbound), 53 Prozent der Anbieter würden ihren eigenen Kunden bei einem Auslandsaufenthalt kurzzeitig per eSIM einen Tarifwechsel erlauben (Outbound).
Was allerdings die Implementierung einer solchen Lösung in ihre Systeme angeht, haben nur wenige MNOs für die nächsten drei Jahre eine Einführung (Inbound oder Outbound) angedacht, die Mehrheit (68 Prozent) gab vielmehr an, sie habe noch keinerlei Pläne.