Universitätsklinik Heidelberg
Netzwerk schlägt im Herzrhythmus
Eigentlich hatte Björn Bergh etwas ganz anderes vor. Als der Facharzt für diagnostische Radiologie Ende 2003 von der Uniklinik Frankfurt zum Heidelberger Universitätsklinikum kam, war klar, dass er als neuer Direktor Informationstechnologie in Sachen Patienten-Monitoring aktiv werden sollte. "In der Initialausschreibung stand dann auch Telemetrie", erinnert sich Bergh. Doch eine reine telemetrische Anwendung war dem neuen IT-Chef zu wenig. Bergh dachte größer.
Sein Anliegen ist es, Medizintechnik und IT näher aneinander zu rücken. Im ersten Schritt macht Bergh sämtliche Informationen über den Patienten - vom Monitoring über Laborberichte, Röntgenbilder und Arztbriefe aus dem Krankenhausinformationssystem bis hin zu einzelnen Anwendungen - über das Krankenhausnetz auf dem PC verfügbar. Telemetrie funktioniert zu isoliert: "Man sieht in der Zentrale zwar, dass was passiert; ist man dann aber beim Patienten, hat man nichts vorliegen", erläutert IT-Chef Bergh. Das sollte sich mit einem Konzept ändern, das die gesamte Netzwerklandschaft der Universitätsklinik nach und nach auf den Kopf stellen wird.
Auf den Intensivstationen im Neubau für die Innere Medizin hat Bergh erstmals in jedem Behandlungszimmer "gekapselte PCs" eingerichtet, insgesamt 80 Stück. Darüber hinaus sind auf den Normalstationen derzeit 111 mobile Systeme im Einsatz, die über drahtlose Funktechnik Kontakt zum ärztlichen Bereitschaftsdienst halten. Ärzte wie auch Pflegepersonal haben so ständig Zugriff auf Patientendaten. "Die Ampeln an der Decke der Intensivstation sowie sämtliche Überwachungsmonitore sind nun mit einem PC gekoppelt", erläutert Bergh.
In den anderen Stationen sind diese PC-Ecken nicht nötig, da die hier untergebrachten Patienten nicht unbedingt in ihren Behandlungszimmern bleiben müssen. Denn ihre "Vitaldaten" können draht- und lückenlos erfasst werden. Messwerte wie Blutdruck und Puls fließen permanent in den zentralen Server der Klinik und melden den Ärzten sofort, wenn bei einem Patienten bedrohliche Abweichungen von Standardwerten auftreten - also auch dann, wenn der gerade im Aufenthaltsraum der Station sitzt. "Ärzte können nun radiologische Befunde, digitale Röntgenbilder oder Laborbefunde aus dem Zentrallabor abrufen und mit aktuellen Daten vergleichen", erläutert Klinik-Chef Eike Martin. Die Daten könnten, per Funk übertragen, vom Laptop aus direkt ausgewertet werden - ein enormer Vorteil gegenüber telemetrischen Lösungen, die oft lediglich den aktuellen Wert liefern würden.
"Sowohl die Intensiv- als auch Intermediate-Care-Stationen sind mit Wireless LAN ausgestattet", erläutert Bergh. 48 Übertragungspunkte hat er inzwischen installiert. Die Besonderheit in Heidelberg: Die erfassten Vitaldaten laufen nur über ein Netz - über das Netz der Klinik. Das galt bisher als zu gefährlich, denn hier sind permanent E-Mails der Mitarbeiter, Verwaltungsdaten und andere nicht-medizinische Daten unterwegs. Aus Vorsicht, dass eine Notfallmeldung den Arzt nicht erreichen könnte, haben bisher alle Kliniken dieses Risiko vermieden - bis auf die Heidelberger Uniklinik, die nach und nach sämtliche Kliniken mit der neuen Technologie ausstatten möchte.