Responsible Technology
Responsible Tech muss inklusiv sein
Künstliche Intelligenz würde noch immer viel zu häufig Frauen diskriminieren, schreibt die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Daniela Kluckert in einem am 3. Januar 2023 im Handelsblatt erschienenen Gastbeitrag. Durch einen nicht ausgewogenen Geschlechteranteil bei den programmierenden Teams würden Vorurteile reproduziert und so zur Benachteiligung von Frauen und anderen geschlechtlichen Minoritäten führen.
Und ja, damit hat sie Recht. Vordergründig reproduzieren die von der KI gelernten Modelle einfach die Vorurteile, die in den Trainingsdaten vorhanden sind, aber dass dieser Bias hingenommen oder nicht einmal erkannt wird, das liegt mit Sicherheit auch an der Zusammensetzung der Teams. Die öffentlichkeitswirksame Beschäftigung mit dieser Frage zeigt aber, dass ein Umdenken im Bereich des Umgangs mit Künstlicher Intelligenz und damit Technologie im Allgemeinen in Gange ist.
Ein Umdenken, das dringend nötig ist. Denn der Einfluss den KI auf unser alltägliches Leben hat, wird zunehmend größer. Sei es in der Gesundheitsdiagnose, im Online-Marketing oder bei Kreditentscheidungen: Überall wird Technologie hinzugezogen und als vermeintlich unparteiisches Hilfsmittel angepriesen, das uns allen dabei helfen soll, bessere Entscheidungen zu treffen. Es ist - gerade für Einzelpersonen - nicht immer klar, wann im Hintergrund eine Künstliche Intelligenz lebenswichtige Entscheidungen trifft. Ebenso stellt sich die Frage nach der Gerechtigkeit der entsprechenden Entscheidungen. Statt zu einer Verbesserung beizutragen, kann die Verwendung von KI Probleme auch verschlimmern und Ungleichheiten massiv verschärfen.
Responsible Tech - Definition
Ich bin davon überzeugt, dass die transformative Kraft von Technologie das Leben der Menschen grundsätzlich verbessern kann. Doch dafür braucht es Bewusstheit über potenzielle Negativfolgen ihres Einsatzes und eine Vorstellung davon, welche positiven Wirkungen erzielt werden wollen. Responsible Tech nennt sich die Idee, bei der es um die Frage geht, wie jeder vom Einsatz der Technologie profitieren kann. Es geht darum, dass die entsprechenden Entscheidungsträger nicht davon ausgehen, dass ihr Technologieeinsatz eine neutrale Entscheidung ist, und daher sicherstellen, dass das System niemanden ausschließt oder benachteiligt.
Responsible Tech im Business
Das zuvor erwähnte Umdenken zeigt sich nun unter anderem in einem von Thoughtworks in Auftrag gegebenen Bericht zum Stand der Responsible Tech, umgesetzt vom MIT Tech Review, dem "The State of Responsible Technology Report". Dafür wurden weltweit Führungskräfte von Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 500 Millionen Dollar befragt. Der Bericht geht auf die Fragen ein, wie Unternehmensführungen weltweit den verantwortungsvollen Einsatz von Technologie in ihrem Unternehmen sehen, welche Prioritäten sie bei Investitionen und Entwicklungen setzen, welche Überlegungen sie in Technologie-Entscheidungen einbeziehen, welchen Herausforderungen sie gegenüberstehen und warum sie in Responsible Tech einen Mehrwert sehen.
Die Ergebnisse zeigen, dass ein verantwortungsbewusster Umgang mit Technologie einen steigenden Stellenwert bei Unternehmensentscheidungen erhält. Ein dafür angeführter Grund ist die Steigerung des Marktwertes und die bessere Kunden- und Mitarbeiterbindung. Auch die Vermeidung negativer unbeabsichtigter Konsequenzen und den damit verbundenen Markenrisiken sind wichtige Punkte, die Führungskräfte als konkreten geschäftlichen Vorteil bei der Einführung von Responsible Tech sehen.
Viele Unternehmen begrüßen zudem die Ausweitung rechtlicher Vorgaben in diesem Bereich und betrachten sie als wichtige Orientierungshilfe. Unter den Befragten herrscht aktuell jedoch kein Konsens darüber, auf welchen Technologiepraktiken der Schwerpunkt liegen sollte. Jeweils etwa 50 Prozent geben an, dass ein barrierefreies Design, Datenschutz, Umweltauswirkungen und die Beseitigung von Bias in KI-Modellen ihnen sehr wichtig sind.
Die verschiedenen Priorisierungen bei der Herangehensweise an Responsible Tech zeigen, dass wir an allen Ecken und Enden viel zu tun haben und je nach Branche unterschiedliche Themen Priorität haben. Das ist keine schlechte Nachricht, sondern im Gegenteil eine gute. Denn individuelle Betrachtungen der aktuellen Herausforderungen sind enorm wichtig, wenn wir mit unseren Bestrebungen, die Technologie in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, vorankommen wollen. Das Prinzip “eine für alle” funktioniert hier nicht. Stattdessen müssen spezifische Lösungen her. Dass es dennoch einen rechtlichen Rahmen braucht, der die Grenzen absteckt, steht außer Frage.