SOA beim BKA
Schnell reagieren in Krisenfällen
Deswegen macht man sich beim BKA schon seit einigen Jahren Gedanken über die Flexibilisierung und Interoperabilität der IT-Systeme – weit länger schon, als der SOA-Begriff in der IT-Welt die Runde macht. Wer beim BKA eine behäbige, großrechnerzentrierte Legacy-Landschaft vermutet, liegt völlig falsch. Schon im Jahre 2002 wurde der BS-2000-Großrechner im Zuge der Einführung des polizeilichen Auskunftssystems „Inpol neu“ ausgemustert und durch eine im Wesentlichen auf HP-Unix basierende Landschaft mit Oracle-Datenbanken und Oracle-Applications ersetzt.
Cobol- oder PL-1-Anwendungen sucht man seither vergebens: „Natürlich haben wir, wie andere Unternehmen und Behörden auch, eine historisch gewachsene, heterogene IT-Landschaft“, sagt Memmesheimer, „aber selbst unsere älteren Systeme basieren fast alle auf Standards wie Java und Web-Technologien.“ Damit erfüllen sie eine wesentliche Voraussetzung, um überhaupt mit einer SOA-orientierten Middleware auf die Services der verschiedenen Systeme und Applikationen zugreifen zu können.
Die gesamte Informationsverarbeitung ist in die Domänen Auskunftssysteme, Vorgangsbearbeitung und Sachbearbeitersysteme eingeteilt. Insgesamt sind rund hundert Systeme und Applikationen für das BKA im Einsatz. Die Einführung einer SOA-Middleware soll vor allem die Interoperabilität verbessern, also den Austausch von Daten zwischen den einzelnen Systemen, und das Aufsetzen neuer Prozesse vereinfachen und beschleunigen.
Die Ausgangslage war gut. „Schon seit Jahren planen wir unsere gesamte Applikationslandschaft auf Grundlage eines semantischen Informationsmodells als Basis für die Interoperabilität“, sagt Memmesheimer. Zusammen mit der vergleichsweise modernen Applikationslandschaft und einem Service-Repository bot die vorhandene Systemarchitektur deshalb eine solide Basis für die Middleware.
Die Auswahl fiel jedoch nicht leicht: „Wir haben in einem Proof of Concept die Produkte verschiedener
Hersteller evaluiert“, sagt Memmesheimer. Die Entscheidung ist vor allem deshalb für Oracle Fusion gefallen, weil das BKA in seiner Datenbank- und Anwendungslandschaft schon seit Langem Oracle-Produkte einsetzt und deshalb entsprechend einen geringen Integrationsaufwand erwartete. Tatsächlich konnte die neue Middleware schon im ersten Schritt in großem Umfang auf die Services der einzelnen Systeme zugreifen, stellte BKA-Mann Memmesheimer fest: „Und zwar ohne grundlegende Änderungen“.
Nur bei der Implementierung von Fusion hat er auf die Unterstützung von Oracle-Beratern zurückgegriffen, auf weitere Analyse- und Beratungsleistungen verzichtet. „Wir hatten schon eine sehr genaue und realistische Einschätzung unserer Systemarchitektur. Zudem handelt es sich zum großen Teil um polizeiliche Kernanwendungen – und da haben wir ohnehin das beste Know-how bei uns im Hause“, sagt Günther Guzielski, CIO des BKA. Aber es dürfte wohl auch eine Rolle gespielt haben, dass viele
Bereiche des BKA strengen Sicherheits- und Geheimhaltungspflichten unterliegen, sodass die Beamten Externen nicht gern Einsicht gewähren – oder gewähren dürfen.