Siemens-Hauptversammlung

Siemens-Chef Kaeser wirbt vor Aktionären für neue Strategie

31.01.2018
Siemens -Chef Joe Kaeser hat vor Aktionären für seine neue Strategie geworben, den einzelnen Bereichen mehr Freiräume und Selbstständigkeit zu geben.
Siemens CEO Joe Kaeser
Siemens CEO Joe Kaeser
Foto: Siemens

"Konglomerate alten Zuschnitts haben keine Zukunft mehr", sagte er am Mittwoch auf der Hauptversammlung in München laut Redetext. Deswegen müsse der Konzern nun die Voraussetzungen für das SiemensSiemens der nächsten Generation schaffen. Top-500-Firmenprofil für Siemens AG

Kaeser verfolgt die Strategie eines "Flottenverbundes", der die einzelnen Einheiten selbstständiger und damit agiler und wettbewerbsfähiger machen soll. Vor diesem Hintergrund war bereits das Windgeschäft mit dem spanischen Konkurrenten Gamesa fusioniert worden. Für das Zuggeschäft wurde ein Zusammenschluss mit dem französischen Wettbewerber Alstom vereinbart. Die Medizintechnik soll voraussichtlich in wenigen Wochen an die Börse. Dann gäbe es künftig drei börsennotierte Töchter, die annähernd für die Hälfte des Konzernumsatzes stehen.

Kaeser sieht dabei die Marke Siemens künftig als "starkes und verbindendes Element". Die einzelnen Bereiche sollen sich so organisieren, "dass sich jedes einzelne mit den Spezialisten messen kann". Kaeser: "Das digitale Zeitalter duldet kein Mittelmaß." Siemens habe die Zeichen der Zeit erkannt. Von anderen Konglomeraten könne man das weniger behaupten. "Unter den Konglomeraten sind wir also vorne." Feierlaune oder Schadenfreude seien jedoch unangebracht.

Schlanker, schneller, erfolgreicher

Einen schlankeren und flexibleren Siemens-Konzern präferiert auch Ingo Speich, Fondsmanager bei Union Investment, der mehr als vier Millionen Anleger vertritt. Kaeser habe die Weichen bereits richtig gestellt, sagte er laut Redetext. "Im Idealfall entsteht aus der fokussierten Neuaufstellung das beste aus beiden Welten: die Diversifikation eines Konglomerats gepaart mit der Flexibilität und Agilität eines Spezialisten."

Dieser Kurs birgt jedoch auch Risiken: So stottert der Motor des Windgeschäft von Gamesa, was nicht nur dem aktuell schwierigen Marktumfeld mit scharfem Preisdruck, sondern auch internen Problemen geschuldet ist. Dieses gilt es nun bei der Zugfusion zu vermeiden. "Welche Lehren zieht man aus dem Fehlstart von Siemens Gamesa?", fragte daher Fondsmanager Speich. Auch sei zu fragen, ob die Konzernstruktur durch die Ausgliederungen einfacher oder doch komplexer werde.

Geschäftsabspaltungen

Ein weiterer Kritikpunkt ist der schleichende Machtverlust von Siemens bei den Töchtern. Zwar will Siemens bei allen drei Bereichen die Mehrheit behalten. Die Entscheidungsmacht wird jedoch delegiert, auch wenn Siemens über den Aufsichtsrat weiterhin ein wichtiges Wort mitreden wird. Kaeser sieht laut früheren Aussagen kein Problem darin. Die Konzernmutter könne jedoch nicht mehr "alleine durchregieren, wenn es Konflikte oder Probleme gibt", so Speich. "Wie geht man mit Steuerungsproblemen um?", wollte er daher wissen. Und stellte dann fest: "Wäre es nicht konsequent, sich irgendwann komplett zu trennen, wie das Beispiel Osram zeigt?".

Siemens hat sich über die vergangenen Jahre von einer ganzen Reihe von Geschäften getrennt: Zum Beispiel von der Halbleitersparte Infineon, dem Lichtgeschäft Osram oder dem Komponentenhersteller Epcos. Zeitgleich kaufte Siemens in seinen Kerngeschäftsfeldern zu.

Auch andere Konglomerate folgen dem Trend und stellen sich neu auf, um in einem durch die Digitalisierung rasch wandelnden Marktumfeld schneller reagieren zu können. Thyssenkrupp etwa bringt seine volatile Stahlsparte in ein Gemeinschaftsunternehmen mit der indischen Tata Steel ein.

Die niederländische Philips wandelt sich derzeit zu einem Anbieter von Gesundheitstechnologie. Vom Mischkonzern alter Prägung, der von Unterhaltungselektronik über Halbleiter bis Glühlampen und Medizintechnik alles im Angebot hatte, ist mittlerweile nichts mehr übrig. Und auch der US-Konzern General Electric will sich nach einer schwachen Geschäftsentwicklung im vergangenen Jahr neu ausrichten. (dpa/rs)

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