Ideen fürs Business fehlen
Sinnloser Big-Data-Aktionismus
Christoph Lixenfeld, seit 25 Jahren Journalist und Autor, vorher hat er Publizistik, Romanistik, Politikwissenschaft und Geschichte studiert.
1994 gründete er mit drei Kollegen das Journalistenbüro druckreif in Hamburg, schrieb seitdem für die Süddeutsche Zeitung, den Spiegel, Focus, den Tagesspiegel, das Handelsblatt, die Wirtschaftswoche und viele andere.
Außerdem macht er Hörfunk, vor allem für DeutschlandRadio, und produziert TV-Beiträge, zum Beispiel für die ARD-Magazine Panorama und PlusMinus.
Inhaltlich geht es in seiner Arbeit häufig um die Themen Wirtschaft und IT, aber nicht nur. So beschäftigt er sich seit mehr als 15 Jahren auch mit unseren Sozialsystemen. 2008 erschien im Econ-Verlag sein Buch "Niemand muss ins Heim".
Christoph Lixenfeld schreibt aber nicht nur, sondern er setzt auch journalistische Produkte ganzheitlich um. Im Rahmen einer Kooperation zwischen Süddeutscher Zeitung und Computerwoche produzierte er so komplette Zeitungsbeilagen zu den Themen Internet und Web Economy inklusive Konzept, Themenplan, Autorenbriefing und Redaktion.
Nach Angaben der US-Analyseplattform Wikibon werden 52 Prozent aller Investments in Daten-Tools auf Werkzeuge verwandt, die die Infoberge lediglich so strukturieren, dass sich systematisch darauf zugreifen lässt. Anders gesagt: Mehr als die Hälfte des Budgets ist bereits verbraucht, bevor eine einzige Auswertung - also Nutzung - der Daten stattgefunden hat.
Big Data - es kann nicht oft genug gesagt werden - ist vor allem Big Business. Und je unklarer die genaue Bedeutung und der Nutzen des dahinter Stehenden, desto besser lassen sich "nützliche" Hard- und Softwarelösungen in die Unternehmen hineinverkaufen.
Wie also sollten CXOs auf den künstlichen Hype und den damit verbundenen Handlungsdruck reagieren, wie am effizientesten davon profitieren?
Keine Datensammlung ohne Sinnfrage
"Wenn es um den intelligenten Umgang mit großen Datenmengen geht, haben deutsche Unternehmen noch viel Luft nach oben. Das Potenzial, das in analytischen Plattformen steckt, schöpfen bisher die Wenigsten aus", sagt Lars Schlömer, Head of Business IntelligenceBusiness Intelligence bei Sopra Steria Consulting. "Wichtig ist, dass die Unternehmen vorher überlegen, wofür sie die erhobenen Daten nutzen möchten und zunächst sinnvolle Anwendungsfälle definieren." Alles zu Business Intelligence auf CIO.de
Klingt banal? Vielleicht. Dennoch scheint hier die zentrale Schwäche der Big Data-Nutzung zu liegen: Unternehmen sammeln Daten, ohne sich vorher zu überlegen, was sie damit genau anfangen wollen.
In drei Schritten zur richtigen Strategie
Nach Ansicht von techcrunch-Big Data-Spezialist Jeremy Levy sollte der erste Schritt in diesem Prozess gar nichts mit Daten zu tun haben - sondern mit der übergeordneten Unternehmensstrategie. Motto: Wo will ich hin? Und: Können mir strukturierte Daten auf diesem Weg helfen? Zitat: "Jede noch so kleine Dateneinheit muss eine analytische Funktion haben, Teil einer Problemlösung sein."
Zweitens: analysieren, welche Art von Daten das Unternehmen zum Erreichen seiner Ziele braucht. Die Sammelwut sollte - wenn überhaupt - erst nach dieser Analyse beginnen.
Wichtig für CXOs ist auch, nicht zu stark zu delegieren in diesem Prozess. Entscheidend ist, dass diejenigen, die mit den Daten am Ende konkret arbeiten, verstehen, wie sie gesammelt und strukturiert werden. Nur so können sie die Möglichkeiten und Grenzen des Ganzen beurteilen.
Drittens: Unternehmen sollten nur die Analysetools kaufen, die sie wirklich brauchen und im Zweifelsfall den potenziellen Nutzen höher bewerten als irgendwelche coolen Features.
Denn am Ende geht es ja nicht darum, sinnlose Sammlungen aufzubauen, sondern smarte, nutzbare Daten zum gewinnbringenden Bestandteil des eigenen Businessmodells zu machen.
- Big Data: Neue Berufsbilder
In den teilweise euphorischen Einschätzungen von Markforschern und IT-Unternehmen ist immer wieder die Rede von neuen Berufsbildern, die Big Data mit sich bringen soll. Dazu zählen unter anderem folgende Tätigkeiten: - Data Scientist
Er legt fest, welche Analyseformen sich am besten dazu eignen, um die gewünschten Erkenntnisse zu erzielen und welche Rohdaten dafür erforderlich sind. Solche Fachleute benötigen solide Kenntnisse in Bereichen wie Statistik und Mathematik. Hinzu kommen Fachkenntnisse über die Branche, in der ein Unternehmen beziehungsweise tätig ist und über IT-Technologien wie Datenbanken, Netzwerktechniken, Programmierung und Business Intelligence-Applikationen. Ebenso gefordert sind Verhandlungsgeschick und emotionale Kompetenz, wenn es um die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen geht. - Data Artist oder Data Visualizer
Sie sind die "Künstler" unter den Big-Data-Experten. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die Auswertungen so zu präsentieren, dass sie für Business-Verantwortliche verständlich sind. Die Fachleute setzen zu diesem Zweck Daten in Grafiken und Diagramme um. - Data Architect
Sie erstellen Datenmodelle und legen fest, wann welche Analyse-Tools Verwendung finden und welche Datenquellen genutzt werden sollen. Auch sie benötigen ein umfassendes Know-how auf Gebieten wie Datenbanken, Datenanalyse und Business Intelligence. - Daten-Ingenieur
Diese Aufgabe ist stark auf die IT-Infrastruktur ausgerichtet. Der Dateningenieur ist das Big-Data-Analysesystem zuständig, also die Hard- und Software sowie Netzwerkkomponenten, die für das Sammeln und Auswerten von Daten benötigt werden. Eine vergleichbare Funktion haben System- und Netzwerkverwalter im IT-Bereich. - Information Broker
Er kann mehrere Rollen spielen, etwa die eines Datenhändlers, der Kunden Informationen zur Verfügung stellt, oder die eines Inhouse-Experten, der Datenbestände von unterschiedlichen Quellen innerhalb und außerhalb des Unternehmens beschafft. Außerdem soll er Ideen entwickeln, wie sich diese Daten nutzbringend verwenden lassen. - Data Change Agents
Diese Fachleute haben eine eher "politische" Funktion. Sie sollen bestehende Prozesse im Unternehmen analysieren und anpassen, sodass sie mit Big-Data-Initiativen kompatibel sind. Nur dann lässt sich aus solchen Projekten der größtmögliche Nutzen ziehen. Wichtig sind daher ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten, Verständnis für Unternehmensprozesse sowie Kenntnisse im Bereich Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement (Six Sigma, ISO 9000).